(neu: Aussagen aus Telefonkonferenz, Details.)
WIESBADEN (dpa-AFX) - Der angeschlagene Kohlefaserspezialist SGL (ETR:SGL) will sich mit einer Kapitalerhöhung Luft verschaffen. Für jeweils 13,25 Euro will das SDax-Unternehmen (ETR:SDAX) fast 20,2 Millionen neue Aktien verkaufen und so brutto 267,4 Millionen Euro einnehmen, wie die Wiesbadener am Montag mitteilten. Die Hauptaktionäre um Susanne Klatten, den BMW-Konzern F:BMW und Volkswagen F:VOW3 ziehen mit und wollen so ihren Anteil an dem Unternehmen stabil halten. Mit dem Geld sollen Schulden zurückgezahlt und die Bilanz gestärkt werden.
Wie bereits in Aussicht gestellt, schraubte Vorstandschef Jürgen Köhler auch die Zielmarke für das laufende Sparprogramm hoch - bis kommendes Jahr sollen mehr als 200 Millionen Euro zusammenkommen. Zuvor lag die Messlatte bei 150 Millionen Euro. Das Unternehmen habe schon mehr gespart als geplant, sagte Köhler.
An der Börse wartete derweil der nächste Schock für die Anleger: Nach den herben Kursverlusten der jüngeren Vergangenheit bröckelten die Papiere bis zum Mittag erneut um mehr als fünf Prozent ab.
Seit geraumer Zeit steht das Unternehmen wegen sinkender Preise und mauer Nachfrage beim Stammgeschäft mit Graphitelektroden unter Druck. Im ersten Halbjahr hatte vor Zinsen und Steuern ein erneut gestiegener Verlust zu Buche gestanden, der Umsatz war um über 12 Prozent geschrumpft. Ein von der Finanzaufsicht Bafin angemahnter Buchungsfehler belastete neben dem deutlichen Nettoverlust aus dem Vorjahr zusätzlich das Eigenkapital.
Langfristig sieht Köhler aber große Wachstumschancen. Er setzt auf den Einsatz von Leichtbau-Kohlefasern und Batterietechnik im Autobau sowie auf steigende Nachfrage der LED-Branche. Das Gemeinschaftsunternehmen mit BMW für Kohlefasern werfe jedoch noch keine Gewinne ab, sagte Köhler. Immerhin: "Die Nachfrage nach Graphitelektroden wird wieder anziehen", sagte der Chef mit Blick auf den mit Abstand größten Konzernteil. Wann SGL wieder Gewinne erwirtschaften kann, darauf wollte er sich nicht festlegen.
Um die Kehrtwende hinzubekommen, trimmen Köhler und Finanzchef Michael Majerus die Sparten nun auf Effizienz. Mittelfristig soll die Rendite auf das eingesetzte Kapital in allen Konzernteilen bezogen auf das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) bei mindestens 15 Prozent liegen. Neben einer bereits geschlossenen Fabrik in Kanada wird dieses Jahr auch noch ein Werk in Italien dicht machen. Zudem hat SGL Geschäftsteile verkauft und baut hunderte Stellen in der Verwaltung ab.
Um Zuversicht zu demonstrieren, kauft auch der Vorstand neue Aktien. Vertrauen schaffen soll auch das Mitziehen von Großaktionärin und Aufsichtsratschefin Susanne Klatten, die über ihre Finanzbeteiligung Skion 27,5 Prozent hält. Der BMW-Konzern ist mit 18,5 Prozent beteiligt, VW mit knapp einem Zehntel.
Die Bezugsfrist für die neuen Aktien soll vorbehaltlich behördlicher Genehmigungen an diesem Dienstag (30. September) starten und voraussichtlich bis einschließlich 13. Oktober laufen. Der Handel soll am Tag danach starten.ha/