(neu: Details aus Telefonkonferenzen zu Gewinnziel, Hotelmarken, Aktienkurs, Analystenstimme)
HANNOVER (dpa-AFX) - Der neue Tui-Chef Fritz Joussen greift bei Europas größtem Reisekonzern durch. Die Konzernzentrale in Hannover soll um die Hälfte schrumpfen, einzelne Hotelmarken kommen auf die Streichliste. Verlustbringer will der Nachfolger von Michael Frenzel nicht dulden: 'Jede Einheit muss ihre Kapitalkosten verdienen', sagte Joussen am Mittwoch in Hannover. 'Da bin ich nur mäßig geduldig.' Ein neues Sanierungsprogramm mit dem Namen 'oneTui' soll den operativen Gewinn bis 2015 auf eine Milliarde Euro nach oben treiben. Dann sollen die Aktionäre nach Jahren des Wartens auch wieder eine Dividende erhalten.
An der Börse wurden die Nachrichten mit Begeisterung aufgenommen. Die Tui-Aktie lag am Nachmittag mit 3,66 Prozent im Plus bei 9,376 Euro oben und war damit Spitzenreiter im MDax. Commerzbank-Analyst Johannes Braun wertete Joussens mittelfristige Ziele als ermutigend.
KEINE ÜBERNAHME VON TUI TRAVEL
Bis zum Geschäftsjahr 2014/15 (bis Ende September) will der Manager den um Sondereffekte bereinigten operativen Gewinn (bereinigtes EBITA) um ein Drittel auf eine Milliarde Euro steigern. Die Hotel- und die Kreuzfahrtsparte sollen bis dahin fast genauso viel Bargeld bei der Holding abliefern wie die größte Konzerntochter Tui Travel , an der Tui mit gut der Hälfte beteiligt ist. Dadurch soll die Barmittel-Bilanz der Tui AG aus den roten Zahlen auf rund 100 Millionen Euro ins Plus klettern. Rund die Hälfte der Netto-Bargeldzuflüsse will Joussen künftig an die Anteilseigner ausschütten. Die letzte Dividende hatte Tui für das Jahr 2007 bezahlt.
Erreichen will Joussen seine Ziele unter anderem mit kräftigen Kürzungen in der Konzernzentrale in Hannover. Von den derzeit 186 Arbeitsplätzen sollen mittelfristig weniger als 100 übrig bleiben. Die Kosten sollen von 73 Millionen Euro auf 45 Millionen schrumpfen. Zudem will Joussen das Veranstaltergeschäft von Tui Travel enger mit der Tui-Hotelsparte verzahnen. Eine Komplettübernahme der britischen Tochter stehe nach dem gescheiterten Versuch vom Jahresbeginn nicht auf der Agenda.
Die Zeit mancher Hotelmarke ist nach Joussens Plänen offenbar gezählt und von verschiedenen Häusern will er sich trennen. So gebe es in Fleesensee an der Mecklenburgischen Seenplatte ein Iberotel, das nur bis zu 40 Prozent ausgelastet sei. Solche Fälle müssten auf den Prüfstand, sagte er. Auch mit der Tochter Hapag-Lloyd Kreuzfahrten ist er nicht zufrieden. Dort sollen die Personal- und Sachkosten sinken. Tui berief den bisherigen Hotel-Spartenchef Karl Pojer zum neuen Chef des Kreuzfahrtanbieters.
NETTOVERLUST NICHT AUSGESCHLOSSEN
Für das laufende Geschäftsjahr bis Ende September schraubte die Tui-Spitze die Erwartungen für den Konzern herauf: Der operative Gewinn (bereinigtes EBITA) soll entgegen der bisherigen Prognose steigen. Das Konzernergebnis soll sinken, aber weiterhin positiv ausfallen, wenn man die Gewinnanteile von Minderheitsaktionären etwa bei Tui Travel einrechnet.
Grund für den Rückgang sind Abschreibungen auf ein Hotel in Italien und Rückstellungen für den Stellenabbau und die Kreuzfahrtsparte, mit denen der neue Chef im zweiten Geschäftsquartal die Bilanz aufräumte. Joussen bezifferte die Rückstellungen auf 90 Millionen Euro. Für die Aktionäre der Tui AG könnte dadurch wie schon im vergangenen Jahr ein Verlust herauskommen, räumte Finanzchef Horst Baier ein.
Im abgelaufenen Quartal wuchs der saisontypische Verlust unter dem Strich um 34 Prozent auf 248 Millionen Euro. Der operative Verlust reduzierte sich hingegen dank guter Geschäfte der Hotelsparte und der Veranstaltertochter Tui Travel um zwölf Prozent auf 197 Millionen Euro, während der Umsatz um zwei Prozent auf gut 3,3 Milliarden Euro zulegte. Reiseunternehmen schreiben im Winter meist rote Zahlen. Ihre Gewinne fahren sie vor allem in der Hauptreisezeit im Sommer ein./stw/stb/fbr
--- Von Steffen Weyer, dpa-AFX ---
HANNOVER (dpa-AFX) - Der neue Tui-Chef
An der Börse wurden die Nachrichten mit Begeisterung aufgenommen. Die Tui-Aktie lag am Nachmittag mit 3,66 Prozent im Plus bei 9,376 Euro oben und war damit Spitzenreiter im MDax
KEINE ÜBERNAHME VON TUI TRAVEL
Bis zum Geschäftsjahr 2014/15 (bis Ende September) will der Manager den um Sondereffekte bereinigten operativen Gewinn (bereinigtes EBITA) um ein Drittel auf eine Milliarde Euro steigern. Die Hotel- und die Kreuzfahrtsparte sollen bis dahin fast genauso viel Bargeld bei der Holding abliefern wie die größte Konzerntochter Tui Travel
Erreichen will Joussen seine Ziele unter anderem mit kräftigen Kürzungen in der Konzernzentrale in Hannover. Von den derzeit 186 Arbeitsplätzen sollen mittelfristig weniger als 100 übrig bleiben. Die Kosten sollen von 73 Millionen Euro auf 45 Millionen schrumpfen. Zudem will Joussen das Veranstaltergeschäft von Tui Travel enger mit der Tui-Hotelsparte verzahnen. Eine Komplettübernahme der britischen Tochter stehe nach dem gescheiterten Versuch vom Jahresbeginn nicht auf der Agenda.
Die Zeit mancher Hotelmarke ist nach Joussens Plänen offenbar gezählt und von verschiedenen Häusern will er sich trennen. So gebe es in Fleesensee an der Mecklenburgischen Seenplatte ein Iberotel, das nur bis zu 40 Prozent ausgelastet sei. Solche Fälle müssten auf den Prüfstand, sagte er. Auch mit der Tochter Hapag-Lloyd Kreuzfahrten ist er nicht zufrieden. Dort sollen die Personal- und Sachkosten sinken. Tui berief den bisherigen Hotel-Spartenchef Karl Pojer zum neuen Chef des Kreuzfahrtanbieters.
NETTOVERLUST NICHT AUSGESCHLOSSEN
Für das laufende Geschäftsjahr bis Ende September schraubte die Tui-Spitze die Erwartungen für den Konzern herauf: Der operative Gewinn (bereinigtes EBITA) soll entgegen der bisherigen Prognose steigen. Das Konzernergebnis soll sinken, aber weiterhin positiv ausfallen, wenn man die Gewinnanteile von Minderheitsaktionären etwa bei Tui Travel einrechnet.
Grund für den Rückgang sind Abschreibungen auf ein Hotel in Italien und Rückstellungen für den Stellenabbau und die Kreuzfahrtsparte, mit denen der neue Chef im zweiten Geschäftsquartal die Bilanz aufräumte. Joussen bezifferte die Rückstellungen auf 90 Millionen Euro. Für die Aktionäre der Tui AG könnte dadurch wie schon im vergangenen Jahr ein Verlust herauskommen, räumte Finanzchef Horst Baier ein.
Im abgelaufenen Quartal wuchs der saisontypische Verlust unter dem Strich um 34 Prozent auf 248 Millionen Euro. Der operative Verlust reduzierte sich hingegen dank guter Geschäfte der Hotelsparte und der Veranstaltertochter Tui Travel um zwölf Prozent auf 197 Millionen Euro, während der Umsatz um zwei Prozent auf gut 3,3 Milliarden Euro zulegte. Reiseunternehmen schreiben im Winter meist rote Zahlen. Ihre Gewinne fahren sie vor allem in der Hauptreisezeit im Sommer ein./stw/stb/fbr
--- Von Steffen Weyer, dpa-AFX ---