(neu: mehr Details und Hintergrund)
BRÜSSEL/BERLIN (dpa-AFX) - Die neue Bundesregierung bekommt zum Amtsantritt gleich mächtig Ärger mit Brüssel: Die EU-Kommission stellt die milliardenschweren Ökostrom-Rabatte für die deutsche Industrie infrage. Damit könnten auf Betriebe mit hohem Stromverbrauch hohe Rückforderungen zukommen. Nach Ansicht der Behörde verstoßen die Nachlässe wahrscheinlich gegen die Grundprinzipien des fairen Wettbewerbs in Europa. Die Behörde hat daher am Mittwoch gegen Deutschland ein Verfahren wegen des Verdachts auf unzulässige Beihilfen eröffnet.
Brüssel beanstandet, dass stromintensive Betriebe weitgehend von der Finanzierung des Ausbaus von Solar-, Wind- und Biomasse-Anlagen befreit sind. Dies könnte ein 'selektiver Vorteil' sein. Die Kommission werde prüfen, ob die Teilbefreiungen von der sogenannten EEG-Umlage 'gerechtfertigt sind, ob sie verhältnismäßig sind und ob sie den Wettbewerbs möglicherweise in ungebührender Weise verfälschen', schreiben die obersten Wettbewerbshüter Europas. Es scheine, dass die Rabatte aus staatlichen Mitteln finanziert würden. Dann würde es sich um eine Staatsbeihilfe handeln - diese müssen von Brüssel genehmigt werden.
Mit diesem Schritt geht Brüssel auf direkten Konfrontationskurs zur neuen Bundesregierung. Noch am Morgen hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gewarnt, das Beihilfeverfahren gefährde deutsche Arbeitsplätze. Das werde sie beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel deutlich machen, sagte Merkel in ihrer Regierungserklärung in Berlin. 'Deutschland möchte ein starker Industriestandort bleiben
- wir brauchen wettbewerbsfähige Unternehmen.' Solange der
Industriestrom in anderen EU-Staaten billiger sei als in Deutschland, könne sie nicht einsehen, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) eine Wettbewerbsverzerrung darstelle.
Die EU-Kommission hat Bedenken - allerdings ist der Ausgang des Prüfverfahrens, das etwa ein Jahr dauern dürfte, noch offen. Am Ende könnte Brüssel etwa eine Änderung des EEG-Gesetzes von der Bundesregierung fordern und gewährte Vorteile bei der EEG-Umlage von der Industrie zurückverlangen. Berlin hat nach dem Eingang des Schreibens nun einen Monat Zeit, um auf die Vorwürfe einzugehen.
Von möglichen Nachzahlungen der stromintensiven Betriebe würden die übrigen Stromzahler profitieren, die deren Anteil am Ökostromausbau derzeit mittragen.
Das EEG legt fest, dass Betreiber von Windparks, Solar- und Biogasanlagen auf 20 Jahre garantiert feste Vergütungen bekommen. Die Differenz zwischen dem am Markt für den Strom erzielten Preis und der festen Vergütung bildet die EEG-(Ökostrom)-Umlage. Die Verbraucher zahlen diese Umlage über den Strompreis. Auch weil über die Umlage umfassende Industrierabatte anfallen, treibt dies die Strompreise. 2014 werden die Umlagekosten auf etwa 23,5 Milliarden Euro steigen.
Das Verfahren der EU-Kommission richtet sich in einem zweiten Punkt auch gegen das sogenannte Grünstromprivileg. Stromanbieter waren bis 2011 ganz von der Ökostrom-Umlage befreit, wenn sie mindestens 50 Prozent grünen Strom anbieten. Damit sollte verstärkt grüner Strom günstig auf den Markt kommen. Diese Bedenken der EU-Kommission enthalten aber keinen politischen Zündstoff mehr: Union und SPD haben im Koalitionsvertrag versprochen, das Grünstromprivileg zu streichen. Nach Ansicht der EU-Kommission könnte diese Regel zu einer Diskriminierung von importiertem erneuerbarem Strom und Benachteiligungen bei der Besteuerung führen./mt/DP/jha
BRÜSSEL/BERLIN (dpa-AFX) - Die neue Bundesregierung bekommt zum Amtsantritt gleich mächtig Ärger mit Brüssel: Die EU-Kommission stellt die milliardenschweren Ökostrom-Rabatte für die deutsche Industrie infrage. Damit könnten auf Betriebe mit hohem Stromverbrauch hohe Rückforderungen zukommen. Nach Ansicht der Behörde verstoßen die Nachlässe wahrscheinlich gegen die Grundprinzipien des fairen Wettbewerbs in Europa. Die Behörde hat daher am Mittwoch gegen Deutschland ein Verfahren wegen des Verdachts auf unzulässige Beihilfen eröffnet.
Brüssel beanstandet, dass stromintensive Betriebe weitgehend von der Finanzierung des Ausbaus von Solar-, Wind- und Biomasse-Anlagen befreit sind. Dies könnte ein 'selektiver Vorteil' sein. Die Kommission werde prüfen, ob die Teilbefreiungen von der sogenannten EEG-Umlage 'gerechtfertigt sind, ob sie verhältnismäßig sind und ob sie den Wettbewerbs möglicherweise in ungebührender Weise verfälschen', schreiben die obersten Wettbewerbshüter Europas. Es scheine, dass die Rabatte aus staatlichen Mitteln finanziert würden. Dann würde es sich um eine Staatsbeihilfe handeln - diese müssen von Brüssel genehmigt werden.
Mit diesem Schritt geht Brüssel auf direkten Konfrontationskurs zur neuen Bundesregierung. Noch am Morgen hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gewarnt, das Beihilfeverfahren gefährde deutsche Arbeitsplätze. Das werde sie beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel deutlich machen, sagte Merkel in ihrer Regierungserklärung in Berlin. 'Deutschland möchte ein starker Industriestandort bleiben
- wir brauchen wettbewerbsfähige Unternehmen.' Solange der
Industriestrom in anderen EU-Staaten billiger sei als in Deutschland, könne sie nicht einsehen, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) eine Wettbewerbsverzerrung darstelle.
Die EU-Kommission hat Bedenken - allerdings ist der Ausgang des Prüfverfahrens, das etwa ein Jahr dauern dürfte, noch offen. Am Ende könnte Brüssel etwa eine Änderung des EEG-Gesetzes von der Bundesregierung fordern und gewährte Vorteile bei der EEG-Umlage von der Industrie zurückverlangen. Berlin hat nach dem Eingang des Schreibens nun einen Monat Zeit, um auf die Vorwürfe einzugehen.
Von möglichen Nachzahlungen der stromintensiven Betriebe würden die übrigen Stromzahler profitieren, die deren Anteil am Ökostromausbau derzeit mittragen.
Das EEG legt fest, dass Betreiber von Windparks, Solar- und Biogasanlagen auf 20 Jahre garantiert feste Vergütungen bekommen. Die Differenz zwischen dem am Markt für den Strom erzielten Preis und der festen Vergütung bildet die EEG-(Ökostrom)-Umlage. Die Verbraucher zahlen diese Umlage über den Strompreis. Auch weil über die Umlage umfassende Industrierabatte anfallen, treibt dies die Strompreise. 2014 werden die Umlagekosten auf etwa 23,5 Milliarden Euro steigen.
Das Verfahren der EU-Kommission richtet sich in einem zweiten Punkt auch gegen das sogenannte Grünstromprivileg. Stromanbieter waren bis 2011 ganz von der Ökostrom-Umlage befreit, wenn sie mindestens 50 Prozent grünen Strom anbieten. Damit sollte verstärkt grüner Strom günstig auf den Markt kommen. Diese Bedenken der EU-Kommission enthalten aber keinen politischen Zündstoff mehr: Union und SPD haben im Koalitionsvertrag versprochen, das Grünstromprivileg zu streichen. Nach Ansicht der EU-Kommission könnte diese Regel zu einer Diskriminierung von importiertem erneuerbarem Strom und Benachteiligungen bei der Besteuerung führen./mt/DP/jha