HANNOVER/DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Auch wenige Monate vor Ende des Feldversuchs mit Lang-Lkw herrscht in den Verkehrsministerien der Länder große Uneinigkeit über einen möglichen Regelbetrieb auf deutschen Straßen. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) hatte sich vor kurzem in der "Osnabrücker Zeitung" für den regulären Betrieb nach dem bis Ende des Jahres laufenden Test der 25 Meter langen Lastwagen ausgesprochen. Auch in Schwerin sieht man "derzeit keine Anhaltspunkte, eine Überführung in den Regelbetrieb abzulehnen". In Sachsen steht man den Lang-Lkw aufgeschlossen gegenüber, will sie aber nicht befördern. "Unser Ziel ist es, das steigende Verkehrsaufkommen im Güterverkehr möglichst ohne zusätzliche Lkw-Transporte abwickeln zu können", sagte Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig (SPD).
Seit 2012 rollen die bis zu 25,25 Meter lange Lastwagen auf deutschen Straßen. Erst im Mai schloss sich Brandenburg dem Feldversuch der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)an, damit läuft er in 13 von 16 Ländern. Berlin, Rheinland-Pfalz und das Saarland beteiligen sich nach wie vor nicht. 59 Firmen mit 156 Lkw machen mit. Ein Zwischenbericht des BASt im Jahr 2014 zeigte unter anderem, dass es Effizienzgewinne und Kraftstoffersparnisse zwischen 15 und 25 Prozent gebe, da zwei Lang-Lkw drei reguläre Lkw ersetzen könnten. Auch die Infrastruktur werde nicht stärker belastet.
Trotzdem formieren sich Widerstände: Die thüringische Verkehrsministerin Birgit Keller (Linke) sagte: "Grundsätzlich bin ich skeptisch, was den Einsatz dieser Riesen-Laster betrifft." Auch die neue schwarz-rot-grüne Landesregierung in Sachsen-Anhalt spricht sich genau wie der zuständige Senator in Bremen gegen Lang-Lkw aus.
In Nordrhein-Westfalen will Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) nach wie vor nur die 17,80 Meter langen "Euro-Trailer", nicht aber die 25 Meter langen Lastwagen erlauben. Der "Euro-Trailer" ist 1,30 Meter länger als bislang üblich, und nimmt neun Prozent mehr Ladung auf. Er ist auf allen Straßen in NRW zugelassen. Die Erfahrungen in NRW seien gut, teilte Groschek mit. Verlängerte Sattelzüge sollten auch über 2016 hinaus für den normalen Betrieb zugelassen werden.
Nach wie vor untersagt sind in NRW die bis zu 25 Meter langen Giga-Liner. Das solle zunächst so bleiben, denn die Gefahren seien nicht ausgeräumt, bekräftigte Groschek. "Die längeren Überholwege und Räumzeiten auf Kreuzungen, fehlende Parkplätze und Nothaltebuchten in dieser Größe, gefährlichere Brandlasten - das alles spricht in unserem Land mit seinen vielen Autobahnkreuzen, Anschlussstellen und Baustellen und der großen Verkehrsdichte gegen Gigaliner."
Die Untersuchungen würden ergebnisoffen bewertet. "Die steigenden Anforderungen an die Umweltbilanz könnten zu einer Neubewertung von Lang-Lkw führen. Beim Gütertransport auf langen Strecken ist und bleibt aber die Schiene unschlagbar", betont Groschek.
Brandenburg, Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und Hessen wollen die Ergebnisse des Feldversuchs abwarten und sich dann entscheiden. In Schleswig-Holstein gibt es, ebenso wie in Bayern, eine Tendenz für einen Übergang zum Regelbetrieb. Bayerns Verkehrsminister Joachim Herrmann CSU) betonte, die Erfahrungen seien überwiegend positiv.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat sein Votum für einen Regelbetrieb nach 2016 schon gegeben: "Ich rechne weiter mit sehr positiven Ergebnissen und habe dem Gewerbe die Zusage gegeben, dass wir in diesem Fall mit dem Lang-Lkw in den Regelbetrieb gehen", sagte er erst jüngst in einem Interview. Allerdings kann Dobrindt nur über die Autobahnen entscheiden. Über die Zufahrten, die benutzt werden müssen, damit die Lastwagen überhaupt auf die Autobahn kommen, bestimmten die Länder, sagte eine Sprecherin im Verkehrsministerium in Stuttgart. Dort ist der Test nicht unumstritten.