DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Der unerwartete Rückzug des Portigon-Chefs Dietrich Voigtländer aus der Spitze der WestLB-Nachfolgerin wird den nordrhein-westfälischen Landtag beschäftigen. Auf Antrag von CDU und FDP sollen die Hintergründe am 8. Mai im Finanzausschuss des Landtags aufgearbeitet werden. Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) solle dort persönlich Stellung beziehen, forderten Vertreter beider Oppositionsfraktionen am Freitag in Düsseldorf.
Spekulationen, wonach Auffassungsunterschiede mit dem Finanzministerium Auslöser für Voigtländers plötzliches Ausscheiden sein könnten, wollten weder das Ministerium noch die Portigon AG kommentieren.
Die Portigon AG verwaltet Teile der Mitte 2012 nach Milliardenverlusten zerschlagenen WestLB. Portigon hatte am Mittwochabend überraschend mitgeteilt, dass Voigtländer unverzüglich aus seiner Führungsverantwortung ausscheide. Gründe wurden nicht benannt.
Der 55-Jährige war seiT Juli 2012 Vorstandsvorsitzender der Portigon AG. Zuvor hatte der Wirtschaftsingenieur das Spitzenamt der WestLB inne. Als Nachfolger bestellte der Aufsichtsrat bereits Finanzvorstand Kai Wilhelm Franzmeyer.
Voigtländer war federführend mit dem Verkauf der Tochter Portigon Financial Services (PFS) befasst. Bis 2016 muss das Herzstück des Unternehmens - das Servicegeschäft für andere Banken und Investmentfonds - entweder verkauft oder abgewickelt werden. Erst im vergangenen Monat hatte Voigtländer die Hoffnung geäußert, noch in diesem Jahr einen Käufer zu finden und damit auch die Arbeitsplätze der 600 Mitarbeiter dort zu sichern.
Zeitungsspekulationen zufolge könnte ein Zerwürfnis zwischen Voigtländer und dem Finanzministerium Grund für seinen Ausstieg sein. Demnach soll Voigtländer höhere Preise für eine Dienstleistung der Portigon für die "Bad Bank" EAA gefordert haben, die die milliardenschweren Altlasten der WestLB abwickelt, und dafür keinen Rückhalt gefunden haben. Chef des Verwaltungsrats der Ersten Abwicklungsanstalt (EAA) ist NRW-Finanzstaatssekretär Rüdiger Messal. Zu den Spekulationen wollte sich keine Seite am Freitag äußern.
Der Finanzexperte und Vizefraktionschef der FDP-Landtagsfraktion, Ralf Witzel, nannte die Umstände des Rückzugs und die späte Veröffentlichung der Personalie vor dem Mai-Feiertag "sonderbar". Merkwürdig sei auch, dass mit Voigtländer nun innerhalb weniger Tage auch der Chef des zweiten Finanzinstituts in Landeseigentum das Handtuch geworfen habe, sagte Witzel der Nachrichtenagentur dpa.
Ende April war auch der Vorstandsvorsitzende der NRW.Bank, Dietmar Binkowska, als Vorstandsvorsitzender der NRW.Bank ausgeschieden. Als Grund waren unterschiedliche Auffassungen über die strategische Ausrichtung des Fördergeschäfts genannt worden.
"Die WestLB ist bereits ein Milliardengrab", mahnte Witzel. "Im Interesse einer nicht noch teureren Abwicklung muss die Landesregierung die ungewöhnliche Lage der Portigon zügig erklären." Es sei nicht hilfreich, dass mit Voigtländer nun auch das letzte Vorstandsmitglied ausgeschieden sei, das tief mit der äußerst komplexen Historie der Abwicklung vertraut gewesen sei.
Auch der Finanzexperte der CDU-Landtagsfraktion, Marcus Optendrenk, äußerte in einer Mitteilung Besorgnis über negative Folgen für den Verkauf der PFS. "Die Auswirkungen für den Steuerzahler sind bislang nicht absehbar."/beg/DP/zb