ESSEN (dpa-AFX) - Angesichts der immer bedrohlicheren Finanzlage erwägt der Industriekonzern ThyssenKrupp eine Kapitalerhöhung. Ein solcher Schritt sei in den nächsten sechs bis neun Monaten nicht auszuschließen, sagte Vorstandschef Heinrich Hiesinger am Mittwoch in einer Telefonkonferenz mit Analysten. Es sei aber noch keine Entscheidung getroffen. Viele Experten rechnen bereits seit einiger Zeit mit einer Kapitalerhöhung. Die Aktie rauschte am Nachmittag in die Verlustzone, als der Vorstand über die Möglichkeit dazu erstmals öffentlich sprach.
Die Entscheidung über eine Kapitalerhöhung hängt laut Hiesinger unter anderem davon ab, für welchen Preis und zu welchen weiteren Bedingungen der Konzern seine Stahlwerke in Brasilien und den USA los wird. Der Vorstand betonte, die Priorität läge weiter darauf, möglichst viel Cash zu bekommen. Eine andere Variante könnte vorsehen, dass ThyssenKrupp weiter zu einem Teil an den Anlagen beteiligt bleibt. Das könnte das Eigenkapital zumindest kurzfristig schonen. Der Verkaufsprozess soll bald abgeschlossen sein.
RISIKO VON KARTELLFALL HOCH
Zudem will der Vorstand auch die Ergebnisse des noch bis Mitte Juni wegen der zahlreichen Kartellfälle laufenden Amnestieprogramms abwarten. Damit will das Unternehmen in die illegalen Absprachen verwickelte Mitarbeiter zum Auspacken bewegen. Das Management hofft, dadurch mehr Klarheit über mögliche Strafen und Schadensersatzforderungen zu haben.
Nach Verwicklungen von ThyssenKrupp in Preisabsprachen bei Aufzügen und Schienen droht die vielleicht größte Gefahr aus einem mutmaßlichen Kartell im Vertrieb von Stahl für die Autobranche. Sie ist der größte Kunde für ThyssenKrupp-Stahl. 'Derzeit können signifikante Risiken für die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage nicht ausgeschlossen werden', heißt es im Geschäftsbericht des Konzerns.
EIGENKAPITALQUOTE UNTER 10 PROZENT
Die Finanzlage spitzte sich zuletzt zu. Nachdem neuerliche Abschreibungen auf die Stahlwerke in Übersee das Unternehmen auch in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2012/13 tief in die roten Zahlen stürzten, lag die Eigenkapitalquote Ende März nur noch bei 9,5 Prozent, wie der Konzern am Mittwoch mitteilte. Drei Monate zuvor waren es noch 11,4 Prozent gewesen.
Die Nettoschulden lagen mit 5,3 Milliarden zwar gut 1,2 Milliarden Euro unter dem Vorjahreswert. Sie erhöhten sich aber seit Dezember wieder leicht. Das Verhältnis der Schulden zum Eigenkapital (Gearing) schnellte auf 148,2 Prozent hoch.
LIQUIDITÄT IST NICHT DAS PROBLEM
Der Konzern selbst sieht sich weiter 'solide' finanziert. Ende März verfügte ThyssenKrupp über liquide Mittel und freie Kreditlinien von acht Milliarden Euro. Der Vorstand erwartet zudem, dass die Schulden und damit das Gearing deutlich sinken, wenn die Erlöse aus dem geplanten Verkauf der Stahlwerke in Brasilien und den USA fließen. Auch im operativen Geschäft will ThyssenKrupp erstmals nach sieben Jahren den Mittelabfluss stoppen.
Sollte ThyssenKrupp zu einer Kapitalerhöhung greifen müssen, würde der Konzern aller Voraussicht nach seinen Übernahmeschutz durch die Krupp-Stiftung verlieren. Sie hat eine Sperrminorität von gut 25 Prozent. Es ist kein Geheimnis, dass die Finanzdecke der Stiftung kaum reicht, um bei der Ausgabe neuer Aktien mitziehen zu können./enl/jha/he
Die Entscheidung über eine Kapitalerhöhung hängt laut Hiesinger unter anderem davon ab, für welchen Preis und zu welchen weiteren Bedingungen der Konzern seine Stahlwerke in Brasilien und den USA los wird. Der Vorstand betonte, die Priorität läge weiter darauf, möglichst viel Cash zu bekommen. Eine andere Variante könnte vorsehen, dass ThyssenKrupp weiter zu einem Teil an den Anlagen beteiligt bleibt. Das könnte das Eigenkapital zumindest kurzfristig schonen. Der Verkaufsprozess soll bald abgeschlossen sein.
RISIKO VON KARTELLFALL HOCH
Zudem will der Vorstand auch die Ergebnisse des noch bis Mitte Juni wegen der zahlreichen Kartellfälle laufenden Amnestieprogramms abwarten. Damit will das Unternehmen in die illegalen Absprachen verwickelte Mitarbeiter zum Auspacken bewegen. Das Management hofft, dadurch mehr Klarheit über mögliche Strafen und Schadensersatzforderungen zu haben.
Nach Verwicklungen von ThyssenKrupp in Preisabsprachen bei Aufzügen und Schienen droht die vielleicht größte Gefahr aus einem mutmaßlichen Kartell im Vertrieb von Stahl für die Autobranche. Sie ist der größte Kunde für ThyssenKrupp-Stahl. 'Derzeit können signifikante Risiken für die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage nicht ausgeschlossen werden', heißt es im Geschäftsbericht des Konzerns.
EIGENKAPITALQUOTE UNTER 10 PROZENT
Die Finanzlage spitzte sich zuletzt zu. Nachdem neuerliche Abschreibungen auf die Stahlwerke in Übersee das Unternehmen auch in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2012/13 tief in die roten Zahlen stürzten, lag die Eigenkapitalquote Ende März nur noch bei 9,5 Prozent, wie der Konzern am Mittwoch mitteilte. Drei Monate zuvor waren es noch 11,4 Prozent gewesen.
Die Nettoschulden lagen mit 5,3 Milliarden zwar gut 1,2 Milliarden Euro unter dem Vorjahreswert. Sie erhöhten sich aber seit Dezember wieder leicht. Das Verhältnis der Schulden zum Eigenkapital (Gearing) schnellte auf 148,2 Prozent hoch.
LIQUIDITÄT IST NICHT DAS PROBLEM
Der Konzern selbst sieht sich weiter 'solide' finanziert. Ende März verfügte ThyssenKrupp über liquide Mittel und freie Kreditlinien von acht Milliarden Euro. Der Vorstand erwartet zudem, dass die Schulden und damit das Gearing deutlich sinken, wenn die Erlöse aus dem geplanten Verkauf der Stahlwerke in Brasilien und den USA fließen. Auch im operativen Geschäft will ThyssenKrupp erstmals nach sieben Jahren den Mittelabfluss stoppen.
Sollte ThyssenKrupp zu einer Kapitalerhöhung greifen müssen, würde der Konzern aller Voraussicht nach seinen Übernahmeschutz durch die Krupp-Stiftung verlieren. Sie hat eine Sperrminorität von gut 25 Prozent. Es ist kein Geheimnis, dass die Finanzdecke der Stiftung kaum reicht, um bei der Ausgabe neuer Aktien mitziehen zu können./enl/jha/he