PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Europas Aktienmärkte haben am Dienstag den weltweiten Handelskonflikten wie schon in der vergangenen Woche Tribut zollen müssen. Denn noch in dieser Woche könnte US-Präsident Donald Trump zusätzliche Strafzölle auf Importe aus China im Wert von 200 Milliarden US-Dollar verhängen. Der EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) verlor 1,05 Prozent auf 3359,36 Punkte und rutschte zwischenzeitlich sogar auf den niedrigsten Stand seit Ende Juni.
"Die Sorgen um den Handel lasten unverändert auf den Märkten", sagte Analyst David Madden vom Broker CMC Markets. Nachdem die US-Börsen am Montag wegen eines Feiertags geschlossen waren, hätten sie nun die Verluste der vergangenen Woche ausgeweitet.
Trump fahre in der Auseinandersetzung mit China, der Europäischen Union und Kanada weiter eine harte Linie, sagte Madden. Der europäische Automobilsektor, der besonders von Strafzöllen in den USA betroffen wäre, fiel am Dienstag auf den niedrigsten Stand seit Ende 2016. "Investoren wissen, wie beliebt europäische Autos in den USA sind und sie wissen auch, wie wichtig diese Industrie für die gesamte europäische Wirtschaft ist", so der Analyst.
Der französische Cac 40 (CAC 40) fiel um 1,31 Prozent auf 5342,70 Zähler. In London gab der FTSE 100 (GB0001383545) um 0,62 Prozent auf 7457,86 Punkte nach.
Gegen den allgemeinen Abwärtstrend legte der italienische FTSE MIB Index um 1 Prozent zu. Einem Bericht der italienischen Tageszeitung "La Stampa" zufolge peilt der italienische Vizepremier und Innenminister Matteo Salvini ein etwas geringeres Defizit für den Haushalt 2019. Das sorgte an den Märkten für Entspannung: Italienische Staatsanleihen legten deutlich zu und an der Mailänder Aktienbörse gewannen vor allem Bankaktien, bei denen in großem Umfang Staatspapiere des hoch verschuldeten Landes liegen.
Unter dem Handelskonflikt zwischen den USA und China litten nach Aussage des Analysten Luca Solca von der Bank Exane BNP am Dienstag auch Papiere der Luxusbranche. Für Branchengrößen wie LVMH (9:LVMH), Kering oder Hermes ist China ein wichtiger Absatzmarkt. Die Kurse der genannten Unternehmen fielen zwischen 2,2 und 3,5 Prozent.
Unter den Einzelwerten standen die Aktien von ING (7:INGA) mit einem Verlust von 1,2 Prozent im Blick. Vorübergehend waren sie auf den tiefsten Stand seit Oktober 2016 gerutscht. Auslöser war die Nachricht, dass die niederländische Großbank unter anderem Geldwäsche-Ermittlungen der niederländischen Staatsanwaltschaft gegen eine Zahlung in Millionenhöhe beigelegt hat. Die Einigung nach den lange dauernden Untersuchungen schaffe eine willkommene Klarheit, schrieb Goldman-Sachs-Analyst Pawel Dziedzic. Allerdings dürfte die Strafzahlung die Kapitalausstattung der Bank verschlechtern.
WPP-Papiere (3:WPP) sackten um 6,3 Prozent ab, nachdem der weltgrößte Werbekonzern einen Ergebnisrückgang gemeldet hatte. Bereits am Vortag hatten die Aktien nachgegeben. WPP hatte sich bei der Suche nach einem Nachfolger mit dem langjährigen Chef Martin Sorrell für eine Lösung aus den eigenen Reihen entschieden. Der Digitalexperte Mark Read, der seit Sorrells Abgang im April die Firma bereits kommissarisch gemeinsam mit Andrew Scott leitete, soll ab sofort den Chefposten übernehmen.
Titel des britischen Finanzriesen Lloyds (3:LLOY) verteuerten sich um 1,2 Prozent, nachdem die Privatbank Berenberg die Aktien von "Sell" auf "Hold" hochgestuft hatte.
In den europäischen Leitindizes EuroStoxx 50 und Stoxx 50 stehen in Kürze einige Änderungen an. So werden im EuroStoxx 50 ab dem 24. September die Aktien des Gaseherstellers und Anlagenbauers Linde (4:LING), des spanischen IT-Unternehmens Amadeus (11:AMA) und des französischen Luxusgüterkonzerns Kering (9:PRTP) vertreten sein. Sie werden die Papiere der Deutschen Bank (4:DBKGn), des Versorgers Eon (4:EONGn) und des französischen Baustoff-Produzenten Saint Gobain (9:SGOB) verdrängen.
Im Stoxx-50-Index werden die Titel des britischen Tabakkonzerns Imperial Brands (3:IMB) durch die des französischen Rüstungskonzerns Safran (9:SAF) ersetzt. Wichtig sind Index-Änderungen vor allem für Fonds, die Indizes exakt nachbilden (ETF). Dort muss umgeschichtet und umgewichtet werden, was oft Einfluss auf die Aktienkurse hat.