FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Anleger am deutschen Aktienmarkt haben die Ernennung der neuen italienischen Regierung am Freitag erleichtert aufgenommen. Die nun in Kraft gesetzten US-Strafzölle auf europäische Stahl- und Aluminiumimporte, die über entsprechende Vergeltungsmaßnahmen zu einem Handelskrieg führen könnten, ließen die Kurse ebenso kalt wie ein abermals starker amerikanischer Arbeitsmarktbericht.
Allerdings konnte der Dax (DAX) nur einen Teil seiner Tagesgewinne ins Ziel retten: Zum Schluss stand der hiesige Leitindex noch 0,95 Prozent im Plus bei 12 724,27 Punkten. Auf Wochensicht büßte er mehr als anderthalb Prozent ein. Der MDax (MDAX) der mittelgroßen deutschen Unternehmen ging am Freitag 0,76 Prozent fester bei 26 528,11 Punkten aus dem Handel und der Technologiewerte-Index TecDax (TecDAX) stieg letztlich um 0,31 Prozent auf 2795,15 Zähler.
Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) ging es um 1,38 Prozent auf 3453,54 Punkte hoch. Auch die nationalen Indizes in Paris und London legten zu. Der New Yorker Leitindex Dow Jones Industrial (Dow Jones Industrial Average) notierte zum europäischen Börsenschluss rund 0,7 Prozent im Plus.
Zwar kommt in Italien mit einer Koalition aus der Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtspopulistischen Lega erstmals eine europakritische Regierung an die Macht. Mit Neuwahlen wäre jedoch vermutlich eine Verschärfung antieuropäischer Positionen einher gegangen, schrieb Analyst Giovanni Montalti von der Schweizer Bank UBS (SIX:UBSG). Dieses Szenario sei nun vermieden worden. Zudem habe sich Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella mit seinem Vorgehen bei der Besetzung wichtiger Kabinettsposten als "Anker Italiens in Europa" erwiesen.
Davon profitierten vor allem Finanzwerte. Im Dax belegten die zuletzt gebeutelten Aktien der Commerzbank (4:CBKG) und der Deutschen Bank (4:DBKGn) mit Kursgewinnen von 4,83 beziehungsweise 2,76 Prozent die vorderen Plätze. Auch die Versicherertitel Munich Re (4:MUVGn) und Allianz (4:ALVG) zählten zu den Tagesfavoriten der Anleger.
Die Deutsche Bank trotzte damit einer ganzen Reihe neuer Negativ-Schlagzeilen. Offenbar seien nach dem gestrigen Kursrutsch in Richtung des Rekordtiefs aus dem Jahr 2016 alle denkbaren negativen Nachrichten im Kurs eingepreist, und "Schnäppchenjäger unter den Investoren sehen jetzt eher wieder die Chancen", erklärte Marktexperte Andreas Lipkow von der Comdirect Bank (DE:CDBG) die deutliche Erholung.
Die am Vortag beschlossenen US-Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte aus Europa belasteten die Kurse der Hersteller vor dem Wochenende nicht mehr: Die Aktien von Thyssenkrupp (4:TKAG) legten um 2,44 Prozent zu und die von Salzgitter (4:SZGG) im MDax immerhin um 1,46 Prozent.
Dagegen stürzten die Aktien des Apple-Zulieferers (2:AAPL) Dialog Semiconductor (4:DLGS) am TecDax-Ende um 15,22 Prozent auf 15,88 Euro ab - das bedeutete den niedrigsten Stand seit mehr als vier Jahren. Der iPhone-Hersteller setze früher als erwartet auf Chips aus Eigenproduktion, sagten Analysten. Der deutsche Halbleiterhersteller werde deshalb von nun an sukzessive weniger Komponenten an Apple liefern, und das voraussichtlich zu sinkenden Preisen.
Am deutschen Rentenmarkt gab die Umlaufrendite von 0,22 Prozent am Vortag auf 0,21 Prozent nach. Der Rentenindex Rex (DE0008469107) fiel um 0,03 Prozent auf 141,06 Punkte. Der Bund-Future (DE0009652644) verlor 0,29 Prozent auf 161,28 Punkte. Der Eurokurs gab wieder nach und notierte zuletzt bei 1,1677 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs zuvor auf 1,1669 (Donnerstag: 1,1699) US-Dollar festgesetzt; der Dollar kostete damit 0,8570 (0,8548) Euro.