FRANKFURT/LONDON (dpa-AFX) - Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat die Finanzmärkte am Donnerstag weltweit in Turbulenzen gestürzt. Anleger trennten sich von riskanten Investments und steuerten als sicher erachtete Anlageklassen wie Staatsanleihen an. Der Kurs zehnjähriger deutscher Staatspapiere zog kräftig an, die Rendite sackte im Gegenzug auf 0,14 Prozent.
Am Devisenmarkt gab es die deutlichste Reaktion beim Rubel. Die russische Währung brach gegenüber dem US-Dollar auf ein Rekordtief ein. Die Zentralbank des Landes kündigte daraufhin Interventionen an. So wurde etwa die Liste von Sicherheiten, die gegen Zentralbankgeld akzeptiert werden, erweitert. Darüber hinaus wurde zusätzliche Liquidität für die Banken des Landes angekündigt.
Unter den weiteren Schwellenländer-Währungen geriet auch die türkische Lira gegenüber Dollar und Euro unter Druck. Das Land ist mit Russland wirtschaftlich eng verflochten, insbesondere was Erdgaslieferungen in die Türkei betrifft. Die Lira ist aber noch ein gutes Stück von den Tiefstständen Ende 2021 entfernt, die sie im Zuge des Kampfes gegen die hohe Inflation erreicht hatte. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will diese mit niedrigeren statt wie von Volkswirten empfohlen mit höheren Zinsen bekämpfen.
Gewinne verzeichneten hingegen der Dollar, der japanische Yen und der Schweizer Franken. Diese Währungen werden in politisch unsicheren Zeiten oft nachgefragt. Der Euro gab gegenüber dem Dollar etwas nach.
Der Goldpreis stieg auf den höchsten Stand seit Januar 2021. Das Edelmetall gelte als stabilitätsversprechender Anlagehafen, schrieb Marktanalyst Timo Emden von Emden Research. Riskante Anlageklassen wie etwa Kryptowährungen aber verlören vor dem Hintergrund der forcierten geopolitischen Spannungen zusehends an Attraktivität.
Der Kurs der ältesten und nach Marktwert größten Kryptowährung Bitcoin fiel zuletzt um fünf Prozent auf gut 35 600 Dollar. Die nach Marktwert zweitgrößte Internetdevise Ether gab um 12 Prozent nach. Andere Digitalwerte wie Cardano oder Dogecoin brachen noch stärker ein.
Kryptowährungen wie Bitcoin gelten unter Fachleuten als besonders riskante Anlagen, weshalb sie von der hohen Unsicherheit wegen des russischen Angriffs besonders betroffen sind. "Einmal mehr beweisen Kryptoassets, dass das Narrativ des vermeintlich sicheren Hafens ein Mythos ist", kommentierte Experte Emden.
An den Rohstoffmärkten forcierten die Ölpreise ihre jüngste Rally. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete erstmals seit 2014 mehr als 100 Dollar. Zuletzt notierte die Ölsorte bei gut 103 Dollar.
Der Preis für Aluminium schnellte auf ein Rekordhoch. Der starke Preisanstieg bei dem Metall könnte die Inflationsentwicklung weiter verstärken, da Aluminium in vielen Produkten enthalten ist. Russland ist einer der weltgrößten Anbieter von Aluminium. Auch die Preise für Nickel und Palladium zogen deutlich an. Beide gelten ebenfalls als wichtige Industrierohstoffe.
Die Preise für Weizen- und Mais stiegen an der Chicagoer Börse um mehr als fünf Prozent. Dies war der maximal mögliche Anstieg. Der Handel wurde daraufhin unterbrochen. Russlands Angriff auf die Ukraine gefährde eine lebenswichtige Quelle der globalen Getreideversorgung, sagten Händler.
Russlands Präsident Wladimir Putin ordnete am Donnerstagmorgen eine Militäroperation in den Regionen Luhansk und Donezk an. Angriffe wurden auch aus anderen Teilen der Ukraine gemeldet. US-Präsident Joe Biden, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die westlichen Verbündeten sowie die Europäische Union und die Nato verurteilten Putins Vorgehen scharf und kündigten weitere Sanktionen an.