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Schock: 213.000 Milliarden Euro globale Schulden – Anleger sollten sich dennoch nicht beeindrucken lassen

Veröffentlicht am 01.01.2001, 01:00
Schock: 213.000 Milliarden Euro globale Schulden – Anleger sollten sich dennoch nicht beeindrucken lassen

Im Gedenken an das 10-jährige Jubiläum der Lehman-Pleite warnt Volkswirt Jürgen Stark im Focus-Interview mit drastischen Zahlen vor neuen und sogar noch größeren Risiken als damals. Vor allem die heutige Zentralbankpolitik, die er zuvor lange selbst mitgestaltet hat, sieht er als hochgefährlich an. Kommen deshalb Wirtschaftskrise und Börsencrash zurück? Das könnte übertrieben sein.

Was mir daran nicht gefällt Die Summe aller Schulden weltweit, also von Staaten, Unternehmen und Privathaushalten, gibt Stark mit 247 Billionen US-Dollar (umgerechnet 213 Bio. Euro) an. Es ist eine Zahl, die einen schier erschlagen kann. Stark schiebt noch nach, dass dies 318 % der globalen Wirtschaftsleistung entspräche — zur besseren Einordnung. Er leitet daraus ab, dass es eine schwere Schuldenblase gibt, die wahrscheinlich übel enden wird.

Aber hilft uns das wirklich weiter? Wer von uns kann schon sagen, was ein normaler Bereich wäre und wo es anfängt, kritisch zu werden? Ich jedenfalls nicht. Und das hat seine Gründe: Schuldenstand und Wirtschaftsleistung der Welt in ein Verhältnis zu setzen ist nicht sonderlich aussagekräftig. Das würde auf Unternehmensebene in etwa einer Ratio von Verbindlichkeiten und Bruttogewinn (im Sinne von Umsatz minus Vorleistungen) entsprechen und ist völlig ungebräuchlich.

Eine andere Herangehensweise zur besseren Einschätzung der Schuldenlage Tatsächlich werden im Geschäftsumfeld ganz andere Kennzahlen verwendet. Beispielsweise die Verschuldungsrate, welche das Fremdkapital in das Verhältnis mit dem Gesamtvermögen oder dem Eigenkapital setzt und uns so etwas über die Kapitalstruktur sagt. Oder der Schuldendienstdeckungsgrad, der den operativen Gewinn vor Abschreibungen (EBITDA) oder eine vergleichbare Cashflowzahl durch den Aufwand für Zins und Tilgung teilt und so Rückschlüsse über die Leistungsfähigkeit des Schuldners zulässt. Bei Privatpersonen wird statt des EBITDA etwa das frei verfügbare Einkommen herangezogen.

Was die 213 Bio. Euro angeht, sollten wir also nicht Vergleiche mit der Wirtschaftsleistung (BIP) anstellen, sondern vielleicht eher mit dem Vermögen, das den Schulden gegenübersteht. Wenn das Weltvermögen geringer als die Weltschulden wäre, hätten wir wirklich ein großes Problem, wir wären als Menschheit pleite. Lass uns also ein paar einfache Kalkulationen durchführen.

Auf der Welt gibt es etwa 7,5 Milliarden Menschen. Würde man die genannten Schulden gleichmäßig unter uns aufteilen, dann käme man auf einen Betrag von etwa 28.000 Euro pro Person. Damit wird das Ganze schon etwas handlicher. Das ist einerseits eine Summe, die Gutverdiener in Hochlohnländern in einem Jahr locker abtragen können. Andererseits dürfte es für eine zehnköpfige indische Bauernfamilie nahezu unmöglich sein, 280.000 Euro plus Zinsen im Laufe ihres Lebens aufzubringen. Bleibt die Frage, wie es beim Durchschnittsweltbürger aussieht. Ich behaupte mal ganz frech, dass dieser ganz gut in der Lage sein sollte, über einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren einen solchen Kredit abzutragen.

Aber wir wollten ja auch das Weltvermögen abschätzen. In Deutschland kommt auf 4 Menschen fast 1 Wohngebäude. Weltweit sind es etwas weniger. Nimmt man Fabrik-, Lager- und Büro-Gebäude hinzu, kommt man aber sicherlich auf 1,5 Milliarden verkehrsfähige Gebäude auf der Erde. Nun müssen wir noch wissen, was ein durchschnittliches Gebäude wert ist. Wohlgemerkt finden sich darunter sowohl einfachste Einfamilienhäuser als auch Super-Hochhäuser in Dubai und New York. Setzt man konservativ 200.000 Euro an, dann erhält man einen Wert aller Gebäude von 300 Bio. Euro.

Das alleine wäre also schon mehr als die 213 Bio. Euro. Wenn man dann noch an die Infrastrukturen für Transport, Energie (inkl. Wind und Solar) und Wasser denkt sowie an Fahrzeuge, Schiffe, Flugzeuge, Produktionsanlagen und Haushaltseinrichtungen, dann kommt man auf noch viel höhere Werte. Für mich ist damit klar, dass die Menschheit nicht am Rande des Bankrotts lebt.

Die Rückzahlungsfähigkeit ist entscheidend Eine andere Überlegung ist, ob dieses Vermögen produktiv genug ist, um den Schuldendienst tragen zu können. Dazu muss man sich in Erinnerung rufen, dass auch in Zeiten des „billigen Geldes“ jeder Kredit an Unternehmen und Privatpersonen durchkalkuliert wird. Oft müssen Haus und Hof als Sicherheit gestellt werden, sonst gibt es nichts. Hinter jedem Kredit steht also ein Wert, den der Gläubiger zum Vertragszeitpunkt meist als wesentlich höher einschätzt. Auch bei Darlehen an Staaten sieht das nicht viel anders aus.

Letztlich kommt man jedenfalls aus meiner Sicht mit beeindruckenden Globalzahlen nicht weiter. Vielmehr muss man sich kritische Einzelfälle ansehen, wo vermehrt Missmanagement, Korruption, Betrug, Flucht oder Zerstörung herrschen. Dort kann die Situation kippen, sodass der Schuldendienstdeckungsgrad auf unter 1 rutscht und der Verschuldungsgrad über 1. Damit sich solche Einzelfälle allerdings zu einem Flächenbrand ausweiten, muss vieles auf einmal passieren.

Darüber kann man mal in Ruhe nachdenken, aber Panik ist aus meiner Sicht nicht angebracht. Letztlich kommt es auch auf dich selbst an. Vertrau dein Geld nur Unternehmen an, die sorgsam damit umgehen, egal ob es um Aktien, Anleihen, Fonds oder Banken geht.

Dieser Artikel erschien zuerst auf The Motley Fool

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