- von Patricia Weiss
Frankfurt (Reuters) - Mitten in der 66 Milliarden Dollar schweren Übernahme des US-Saatgutriesen Monsanto (NYSE:MON) kämpft Bayer (DE:BAYGN) mit Schwierigkeiten in seinem Agrarchemiegeschäft.
Angesichts eines unerwartet schwachen Pflanzenschutzgeschäfts im wichtigen brasilianischen Markt müssen sich die Leverkusener von ihrem Umsatz- und Ergebnisziel für dieses Jahr verabschieden. Der Grund: Bayer erwartet nun für 2017 eine einmalige Belastung von 300 bis 400 Millionen Euro für den bereinigten Betriebsgewinn (Ebitda). Auch für Bayer ungünstige Währungskurse hinterlassen Spuren in der Bilanz, zudem läuft das Geschäft mit rezeptfreien Arzneimitteln und Gesundheitsprodukten schwächer als erwartet, wie der Pharma- und Chemiekonzern am Freitag mitteilte.
Anleger reagierten schockiert und flohen in Scharen aus der Aktie. Die Papiere rutschten um bis zu 5,5 Prozent auf ein Zwei-Monats-Tief von 111,55 Euro ab. Die Ergebniswarnung kam ziemlich überraschend, damit hat keiner gerechnet", sagte ein Händler. "Das war ein Schuss vor den Bug für die Aktionäre", fügte ein anderer Börsianer hinzu. "Die Papiere sind gut gelaufen in den letzten Wochen, dann ist es klar, dass Anleger nach so einer Nachricht erst mal Gewinne sichern."
ERHOLUNG IM AGRARCHEMIEGESCHÄFT LÄSST AUF SICH WARTEN
Der Bayer-Vorstand hatte im April die Prognosen für dieses Jahr erhöht und einen Umsatzanstieg auf etwa 51 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Das bereinigte Ergebnis sollte im unteren Zehner-Prozentbereich zulegen. Für das Geschäft mit Pflanzenschutzmitteln und Saatgut war Bayer für 2017 eigentlich von einer leichten Erholung ausgegangen, ab Ende 2017 sollte es dann wieder zu robusterem Wachstum kommen. Diese Hoffnungen scheinen sich nun nicht zu erfüllen. Großhändler in Brasilien, die die Pflanzenschutzmittel von Bayer an die Landwirte weiterverkaufen, sitzen nach Abschluss der Erntesaison noch auf unerwartet hohen Vorräten. Die Krux: Bayer erhält sein Geld erst, wenn die Großhändler die Produkte an die Landwirte weiterverkauft haben.
Die Leverkusener müssen deshalb auch ihre Ziele für die Agrarsparte CropScience anpassen, für die in diesem Jahr ein bereinigtes Ergebnis auf Vorjahresniveau erwartet worden war. Die Nachricht sei zwar enttäuschend, die Investoren sollten das Bayer aber relativ schnell verzeihen, da es sich um eine einmalige Belastung handele, glaubt Analyst Tim Race von der Deutschen Bank (DE:DBKGn). Sein Kollege Jeremy Redenius vom Analysehaus Bernstein sieht das kritischer: "Die größere Sorge ist der Fehltritt im CropScience-Geschäft, bevor die Integration von Monsanto beginnt. Solche hohen Vorräte hätten vorher erkannt und verwaltet werden müssen. Nun hoffen wir, dass sie die Vorräte reduzieren und solange die Preise verantwortlich gestalten." Bayer will dies nun mit seinen Kunden besprechen.
BAYER REICHT ÜBERNAHMEPLÄNE ZUR PRÜFUNG BEI DER EU EIN
Der Aspirin-Hersteller steckt gegenwärtig in der größten Übernahme seiner Firmengeschichte. Bis Ende des Jahres soll der Zukauf, der der bislang teuerste eines deutschen Unternehmens wäre, unter Dach und Fach sein. Den Antrag für die kartellrechtliche Freigabe in der EU reichte Bayer am Freitag ein - und damit wie geplant noch im zweiten Quartal. Zusammen mit Monsato, dem Entwickler des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, steigt Bayer zum weltgrößten Anbieter von Pflanzenschutzmitteln und Saatgut auf. Monsanto hatte zuletzt seinen Gewinn dank eines starken Geschäfts mit Sojabohnen-Saatgut ausbauen können.
Bayer muss nicht nur in seiner Agrarchemiesparte Abstriche machen. Auch die Prognosen für das Geschäft mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten (Consumer Health) müssen korrigiert werden. Bayer hatte den Bereich 2014 mit der Übernahme der Gesundheitspräparate-Sparte des US-Pharmakonzerns Merck (DE:MRCG)& Co für gut zehn Milliarden Euro gestärkt. Baumann hatte eingeräumt, dass die Integration des Zukaufs seinerzeit den Geschäftsbetrieb stärker unterbrochen hatte als angenommen. Die heutige Ankündigung erneuere wieder einige der Sorgen darum, wie gründlich Bayer Unternehmen vor einer Übernahme prüfe, erklärte Analyst Redenius.