von Geoffrey Smith
Investing.com - Ist Wirecard (DE:WDIG) überhaupt noch etwas wert?
Zum Handel am Montagvormittag in Frankfurt war die Antwort des Marktes zunehmend ein klares "Nein". Der abgestürzte Star des deutschen Fintech-Universums stand erneut unter Druck, nachdem er zugegeben hatte, dass die 1,9 Milliarden Euro (2,1 Milliarden US-Dollar) an Cash, die er letzte Woche nicht gefunden hatte, wahrscheinlich nie existierten, daraufhin seine letzten Bilanzen zurückzog und davor warnte, dass er dies womöglich auch für frühere Jahre tun werden müsse.
Der Münchner Bezahldienstleister fügte hinzu, man lote Möglichkeiten zu sofortigen Kostensenkungen aus, was nur groß angelegte Entlassungen und die Aufgabe aller nicht wesentlichen Geschäfte bedeuten kann. Auch eine komplette Einstellung des Geschäftsbetriebs erscheint möglich.
Um 11:30 MEZ wurde die Wirecard-Aktie (TG:WDIG) zu 17,25 Euro gehandelt, 33% unter ihrem Wert zu Handelsschluss am Freitag. Seit Donnerstag verlor der Anteilsschein über 80%. Wirecard hatte damals den Platz des gefallenen Platzhirsches Commerzbank (DE:CBKG) im Leitindex DAX übernommen. Weiteres Salz auf die Wunden der Commerzbank ist der Umstand, dass sie einer der größten Kreditgeber von Wirecard ist.
Die in 2024 fälligen Anleihen des Unternehmens wurden mit 24 bis 28,5 Cent pro Euro ebenfalls auf einem Niveau gehandelt, das ein hohes Risiko eines bevorstehenden Konkurses impliziert.
Unter all dieser Trostlosigkeit gibt es einen schwachen Hoffnungsschimmer: Die Kreditgeber des Unternehmens sprechen immer noch mit ihm und haben - noch - nicht beschlossen, ihre Kredite in Anspruch zu nehmen, was eine Liquiditätskrise auslösen würde, die das Unternehmen in die Insolvenz treiben könnte. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die Banken u.a. die Peinlichkeit umgehen wollen, die Kredite als notleidend zu buchen.
Laut Bloomberg hat das Unternehmen über 90% einer revolvierenden Kreditfazilität in Höhe von 1,75 Milliarden Euro in Anspruch genommen. Die ausstehende Anleiheemission 2024 erhöht den Betrag um weitere 500 Millionen Euro. Die sonstigen Verbindlichkeiten erscheinen im Vergleich dazu vernachlässigbar.
Auf der Aktivseite der Bilanz wurden im letzten Abschluss 3,8 Milliarden Euro Barmittel und kurzfristige Anlagemittel ausgewiesen, von denen 1,9 Milliarden mit ziemlicher Sicherheit nicht vorhanden sind. Es wurden auch Forderungen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro ausgewiesen. Da sich der Skandal hier jedoch um Vorwürfe falscher Rechnungsstellung dreht, muss auch die Höhe der Forderungen mit Skepsis betrachtet werden.
Wirecard ist ein Zahlungsunternehmen, daher ist der größte Teil des verbleibenden Vermögens - laut Bilanz rund 1,5 Milliarden Euro - immateriell. Etwa die Hälfte dieser Zahl ist Goodwill, ein notorisch vager Bilanzposten.
Zwar wäre es überraschend, wenn ein Unternehmen, das nicht einmal sein Geld richtig zählen konnte, seine immateriellen Vermögenswerte zu gering bewertet hätte, aber fairerweise muss gesagt werden, dass das intellektuelle Eigentum von Wirecard und seine Partnerschaften wahrscheinlich einen gewissen Wert haben, WENN aktuelle Partner wie Visa (NYSE:V) und Mastercard (NYSE:MA) bereit sind, weiter mit der Firma zusammenzuarbeiten.
Ob dies ausreichen wird, um Schulden in der Höhe, wie sie Wirecard hat, abzudecken, ist eine ganz andere Frage.