Bekommt die Deutsche Telekom (DE:DTEGn) (WKN: 555750) Probleme, wenn steigende Zinssätze die Refinanzierung verteuern? Schließlich stehen Ende 2021 heftige 132 Mrd. Euro Nettofinanzschulden in der Bilanz. Jedes Prozent mehr, das darauf zu zahlen ist, macht 1,3 Mrd. Euro pro Jahr aus und fehlt dann woanders.
Dennoch denke ich, dass eine nachhaltige Zinswende für die Telekom kein Problem darstellt. Im Gegenteil könnte sie sogar davon profitieren. Hier sind die Gründe.
Langfristig finanziert und hohe Cashflows Problematisch sind steigende Zinsen für einige Unternehmen, die sich in den letzten Jahren mit billigem Kapital vollgepumpt haben und kurz- bis mittelfristig refinanzieren müssen. Wenn aus weniger als 1 % plötzlich mehr als 3 % werden und gleichzeitig das schwierige Marktumfeld den Wachstumsplänen einen Strich durch die Rechnung macht, dann kann die Lage kritisch werden.
Das ist jedoch bei der Telekom nicht der Fall. Sie finanziert sich überwiegend über Anleihen und andere verbriefte Zinspapiere. Und diese sind schön über die kommenden 38 Jahre verteilt. Der kurzfristige Refinanzierungsbedarf ist folglich eher gering und könnte durch die operativen Barmittelzuflüsse gedeckt werden, falls sich die Kreditbedingungen arg verschlechtern. Für 2021 meldete der Konzern einen freien Cashflow von 8,8 Mrd. Euro.
Ansonsten verbessert sich ihre Position gegenüber einigen Wettbewerbern möglicherweise sogar. Während sich bei diesen die Finanzierungskosten tendenziell erhöhen, falls die Zinswende an Kraft gewinnt, spielt die Zeit für die Telekom. Im Juli wird beispielsweise eine Anleihe über 1,25 Mrd. Euro fällig, die einen stolzen Kupon von 4,25 % bezahlt. Damit bestehen weiterhin gute Möglichkeiten, den durchschnittlich bezahlten Zinssatz zu senken. 2021 sanken die geleisteten Zinszahlungen immerhin um 1,2 auf 6,4 Mrd. Euro gegenüber dem Vorjahr.
Entlastung bei Pensionsverpflichtungen Auch an einer weiteren Stellschraube helfen steigende Zinsen. So haben die Pensionsrückstellungen über die letzten Jahre wegen des Nullzinsumfelds kaum Erträge abgeworfen. Immer wieder musste der Kalkulationszinssatz nach unten angepasst werden, wodurch milliardenschwere Löcher in die Bilanz gerissen wurden.
Schon im letzten Jahr hat sich der Trend gedreht. Die Kombination aus einer positiven Kursentwicklung der als Planvermögen ausgegliederten Vermögenswerte und Rechnungszinsanpassungen resultierte in einer Reduktion der entsprechenden Rückstellungen um 1,6 Mrd. Euro und einem Gewinn aus der Neubewertung von leistungsorientierten Plänen in Höhe von 1,4 Mrd. Euro.
Die Telekom beschäftigt rund 217.000 Leute, wovon jährlich Tausende in Rente gehen. Es handelt sich folglich um einen wichtigen Faktor in der Bilanz, der durch die aktuellen Zinstrends Rückenwind erfährt.
Umsatzbeschleunigung dank Preissetzungsmacht Problematisch ist es, wenn sich bei einem Unternehmen die Einkaufspreise stark erhöhen, aber am anderen Ende die Verkaufspreise konstant bleiben. Dann schmelzen die Margen ab. Das ist oft dann der Fall, wenn intensiver Wettbewerb besteht und alle lieber geringere Gewinne hinnehmen, als Marktanteilsverluste zu riskieren.
Die Telekom hingegen agiert in fast allen Geschäftsbereichen in einem Oligopol. Nur selten hat sie es mit mehr als drei Rivalen zu tun. Und der Hunger auf Marktanteilsgewinne ist heute nicht mehr ganz so groß wie etwa in den Anfangsjahren des Mobilfunks, als die Felle verteilt wurden. Nicht einmal 1&1 (DE:1U1) (WKN: 554550) möchte als Neueinsteiger auf dem Heimatmarkt den Preisbrecher spielen.
Von daher würde ich mal davon ausgehen, dass die Telekom ohne große Probleme etwaige Kostensteigerungen weiterreichen kann. Dadurch erhöht sich der Umsatz, mit entsprechend positiven Auswirkungen auf das Verhältnis der Verschuldung zum Geschäftsvolumen. Ein weiterer optischer Effekt, von dem die Telekom-Aktie nur profitieren kann.
Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.
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