Was wäre, wenn man die schnelle Betankungszeit eines Verbrenners und die Klimafreundlichkeit eines batteriebetriebenen Elektroautos kombinieren könnte? Das Wasserstoff-Brennstoffzellenauto verspricht genau das. Technisch gesehen handelt es sich hierbei auch um ein Elektroauto, nur dass die Energie in Form von Wasserstoff statt in einer Batterie gelagert ist.
Mehrere Prognosen sagen der Wasserstoffbranche ein großes Wachstum voraus, und Wasserstoffaktien sind unter Investoren sehr beliebt. Doch aufgepasst! Mehrere Gründe machen es sehr unwahrscheinlich, dass sich das Wasserstoffauto gegenüber dem batterieelektrischen Auto durchsetzen kann. Welche Gründe das sind? Das erkläre ich dir jetzt.
Wasserstoff ist klimafreundlich? Nicht unbedingt! Das wichtigste Verfahren zur Gewinnung von Wasserstoff ist die sogenannte Dampfreformierung. Im Zuge dieser entsteht aber auch eine Menge CO2, das Treibhausgas Nummer 1: Zehn bis elf Kilo CO2 werden in die Luft gepustet, um ein Kilo Wasserstoff zu erzeugen.
Damit ist ein Wasserstoffauto zwar etwas sauberer als ein vergleichbarer Verbrenner, aber immer noch wesentlich CO2-intensiver als ein vergleichbares batterieelektrisches Auto, selbst wenn dieses seinen Strom zu 100 % aus einem Kohlekraftwerk bezieht. Kommen erneuerbare Energiequellen hinzu, wird der Vorsprung des Batteriestromers noch größer.
Wirklich umweltfreundlich scheint der Wasserstoff aus Dampfreformierung also nicht zu sein.
Es geht auch klimafreundlich, … Daher gewinnt in letzter Zeit eine potenziell sauberere Lösung zur Wasserstofferzeugung an Bedeutung: die Elektrolyse. Diese nutzt elektrischen Strom (der idealerweise klimaneutral erzeugt wird), um Wasser in seine chemischen Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff aufzuspalten.
Letzterer kann nun in den Tank des Wasserstoffautos gefüllt werden, wo er in einer Brennstoffzelle – sehr vereinfacht gesprochen – wieder zu elektrischem Strom gemacht wird. Diese Elektrizität wird dann genutzt, um das Auto anzutreiben. Es gibt ihn also doch, den „grünen“ Wasserstoff!
… aber dafür verschwenderisch Vielleicht ist dir aufgefallen, dass der Wasserstoff hier einen fast schon unnötigen Zwischenschritt darstellt: Mit dem Strom, mit dem man den Wasserstoff erzeugt, hätte man auch direkt die Batterie eines Elektroautos laden können. Und dieser Zwischenschritt ist wirklich teuer: Im Zuge dessen gehen nämlich über 50 % der ursprünglich erzeugten elektrischen Energie einfach verloren!
Dazu ein Beispiel: Um per Elektrolyse ein Kilo Wasserstoff herzustellen, werden rund 50 kWh an Strom benötigt. Weitere Energie wird benötigt, um den Wasserstoff ausreichend zu komprimieren. Mit diesem Kilo Wasserstoff kommt ein Toyota Mirai, das weltweit meistverkaufte Wasserstoffauto, laut ADAC 132 Kilometer weit.
Ein Tesla Model 3 in der „Standard Range“-Variante dagegen hat in seiner Batterie ebenfalls Platz für 50 kWh, schafft aber 354 Kilometer – 2,7 Mal mehr als der Mirai, mit derselben Strommenge.
Die Zwickmühle ist offensichtlich: Wird der Wasserstoff mittels Dampfreformierung erzeugt, ist das Wasserstoffauto in der CO2-Bilanz dem batterieelektrischen Auto unterlegen. Wählt man den CO2-neutralen Weg über Elektrolyse aus klimaneutralem Strom, dann ist die Effizienz so viel niedriger als beim klassischen Elektroauto, dass das Verfahren einer riesigen Energieverschwendung gleichkommt.
Hat der Wasserstoff gar keine Chance? Alle deine Wasserstoffaktien sofort zu verkaufen, wäre jedoch auch keine gute Idee: In bestimmten Fällen kann der Wasserstoffantrieb eine sehr gute Lösung sein.
Der Wasserstoff hat nämlich eine große Stärke gegenüber der Lithium-Ionen-Batterie: Pro Kilogramm enthält er über 180-mal mehr Energie – der Fachmann spricht hier von der „Energiedichte”. Das kommt dem Wasserstoff vor allem im Schwerlastbereich zugute, wo es auf ein möglichst geringes Leergewicht ankommt, um möglichst viel Fracht aufnehmen zu können.
Denn was bringt ein klimafreundliches batteriebetriebenes Schiff, wenn es untergeht, sobald man es belädt? Oder ein batterieelektrisches Flugzeug, das aufgrund des hohen Gewichts der Batterie vielleicht gar nicht abhebt? In all diesen Fällen könnte der Wasserstoff die Lösung sein.
Investoren von Wasserstoffaktien sollten also wissen, dass sie keine überzogenen Erwartungen an die Technologie stellen sollten. Dennoch hat Wasserstoff durchaus seine sinnvollen Einsatzgebiete. Aktien von Unternehmen, die davon profitieren, könnten trotzdem durch die Decke gehen.
Christoph Gössel besitzt Aktien von Tesla. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Tesla.
Motley Fool Deutschland 2019