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Rechtsruck in Brasilien - Bolsonaro wird neuer Präsident

Veröffentlicht am 29.10.2018, 11:22
© Reuters. Second round of the presidential election in Brazil
IBOV
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PETR3
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- von Anthony Boadle und Gabriel Stargardter

Brasilia (Reuters) - Brasilien steht nach dem Wahlsieg des ultrarechten Jair Bolsonaro vor einem radikalen Wandel.

"Wir können nicht weiter mit Sozialismus, Kommunismus, Populismus und Links-Extremismus flirten", rief der künftige Präsident seinen jubelnden Anhängern zu. "Wir werden das Schicksal Brasiliens verändern." Bolsonaro setzte sich bei der Stichwahl am Sonntag gegen den Kandidaten der linken Arbeiterpartei, Fernando Haddad, durch. Er kündigte an, das Land nach der demokratischen Verfassung und der Bibel zu regieren. Im Wahlkampf hatte der 63-Jährige allerdings die Militärdiktatur verherrlicht, politischen Gegnern mit "Säuberungen" gedroht und mit frauenverachtenden, rassistischen und homophoben Äußerungen für Empörung gesorgt. Die Finanzmärkte begrüßten den Wahlausgang.

Zentrale Themen Bolsonaros sind die grassierende Korruption in der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas und die ausufernde Kriminalität. So will er den Schusswaffengebrauch für Polizisten und auch Bürger erleichtern. Voriges Jahr starben 63.880 Menschen bei Verbrechen in Brasilien, das ist der höchste Wert weltweit. Bolsonaro selbst wurde während einer Wahlkampfveranstaltung von einem offenbar geistig verwirrten Mann niedergestochen und lebensgefährlich verletzt.

Bolsonaros Hasstiraden richteten sich immer wieder gegen die von Schmiergeldskandalen erschütterte Arbeiterpartei, die Brasilien 13 der vergangenen 15 Jahre regierte. Deren Kandidat Haddad konnte bei der Stichwahl lediglich 45 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, auf Bolsonaro entfielen 55 Prozent. Haddad war anstelle von Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva angetreten, der wegen der Annahme von Bestechungsgeldern zu einer zwölfjährigen Haftstrafe verurteilt worden war. "Bolsonaro ist kein Idol für mich, aber wir sind voller Hoffnung", sagte eine Anhängerin auf einer Wahlparty in Rio. "Die Menschen wollen die Arbeitspartei weg haben, wir können keine Korruption mehr ertragen."

Ex-Fallschirmjäger Bolsonaro ist seit der Diktatur von 1964 bis 1985 der erste Präsident mit militärischem Hintergrund. Auch für das Amt des Vize-Präsidenten und für zentrale Ministerien hat er frühere Generäle vorgesehen. Im Land wuchs die Angst, dass Bolsonaro Menschen- und Bürgerrechte sowie die freie Meinungsäußerung beschneiden könnte. Mit der Wahl Bolsonaros stehe die Demokratie auf dem Spiel, mahnten prominente Stimmen wie etwa der frühere Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot. Bereits in den vergangenen Wochen häuften sich Übergriffe von Bolsonaro-Anhängern auf Journalisten und Oppositionelle. Bolsonaro, der immer wieder als "Trump Brasiliens" bezeichnet wird, brandmarkte kritische Medienberichte als "Fake News". US-Präsident Donald Trump gratulierte seinem künftigen Kollegen telefonisch und wünschte ihm viel Erfolg.

Außenpolitisch dürfte sich Bolsonaro eng an dem von ihm bewunderten Trump orientieren. Genau wie der US-Präsident hat sich der Kongressabgeordnete Bolsonaro immer wieder gegen internationale Organisationen und für mehr bilaterale Verträge ausgesprochen.

WIRTSCHAFT SETZT AUF BOLSONAROS REFORMEN

Spannend dürfte sei, wie sich Bolsonaro zum geplanten Freihandelsabkommen der EU mit dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur positioniert. Zuletzt hatte Bolsonaro Änderungen bei Mercosur angemahnt. Das Schwellenland Brasilien ist Deutschlands wichtigster Handelspartner in Lateinamerika.

© Reuters. Second round of the presidential election in Brazil

Wirtschaftlich steht Bolsonaro für einen neoliberalen Kurs, der ihn zum bevorzugten Kandidaten für die Finanzmärkte machte. Investoren schielen auf Bolsonaros Favoriten für das Amt des Finanzministers, den in Chicago ausgebildeten Ökonomen und Investment-Banker Paulo Guedes. Guedes will hunderte staatliche Unternehmen privatisieren, darunter Teile des Ölkonzerns Petrobras (SA:PETR3) und des Versorgers Electrobras. Allerdings kollidiert seine Idee von freier Marktwirtschaft mit den Vorstellungen der einflussreichen Generäle, die Bolsonaro an die Macht verholfen haben. Sie wollen strategisch wichtige Unternehmen lieber in Staatshand halten.

Brasilien ist wirtschaftlich angezählt, in den vergangenen Monaten hatte die Währung drastisch an Wert eingebüßt. Der Real erholte sich aber, als die Aussichten auf Bolsonaros Sieg stiegen. Der brasilianische Leitindex Bovespa legte seit Mitte September 13,5 Prozent zu.

Umweltschützer sind beunruhigt, dass Bolsonaro Bemühungen zum Stopp der Abholzung des Amazonas-Regenwaldes unterminieren könnte. Zumindest hat er einen Vorstoß, das Pariser Klimaschutzabkommen zu verlassen, zunächst wieder zurückgestellt. Kritiker befürchten auch, er könnte kommerzielle Landwirtschaft und Bergbau in den Reservaten der Ureinwohner zulassen.

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