Berlin, 24. Apr (Reuters) - Unionspolitiker rücken wegen des Widerstands der EU-Kommission von einer Gutscheinlösung für stornierte Reisen in der Coronakrise ab. "Wenn das europäische Recht keine Spielräume für eine verpflichtende Gutscheinlösung lässt, brauchen wir andere Regelungen", sagte der rechtspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak (CDU), dem "Handelsblatt" laut Vorabbericht vom Freitag. "Ich kann mir insofern einen staatlich abgesicherten Reisesicherungsfonds vorstellen, aus dem die Rückzahlungen zunächst finanziert werden." Der CSU-Tourismuspolitiker Paul Lehrieder sprach von einem "Schutzschirm für die Reisebranche", der gespannt werden solle. "Wir überlegen deshalb, einen Reise-Rettungsfonds aufzulegen, der Reiseunternehmer vor einer Insolvenz schützt und zugleich Verbrauchern die Rückerstattung für ihre stornierten Reisen sichert."
Lehrieder bezifferte das Volumen des Fonds für Reisen, die bis zum Ende des Sommers gebucht sind, auf etwa zehn Milliarden Euro. "Die Summe würde der Staat in vollem Umfang übernehmen", sagte er. Laut Luczak soll die Summe aber nicht dem Steuerzahler aufgebürdet werden. "Deswegen muss die Reisebranche diesen Fonds nach und nach wieder auffüllen, damit das Geld zurückfließen kann an den Bundeshaushalt." Von jeder neu gebuchten Pauschalreise könne etwa ein Prozent verpflichtend in diesen Fonds von den Reiseveranstaltern eingezahlt werden.
Für viele Reiseanbieter wäre es wegen der Coronavirus-Krise und der deswegen erlassenen Reisebeschränkungen wichtig, jetzt für ausgefallene Urlaube Gutscheine ausgeben zu können, statt Geld zurückerstatten zu müssen. Damit würden sie ihre Liquidität schonen. Die Bundesregierung plädiert für eine verpflichtende Gutscheinlösung. Diese lehnt EU-Justiz- und Verbraucherkommissar Didier Reynders allerdings ab. "Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass nationale Entscheidungen im Einklang mit dem EU-Recht stehen – und das lässt dem Verbraucher die Wahl zwischen Gutscheinen und der Rückerstattung der Kosten", sagte Reynders der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Der Deutsche Reiseverband (DRV) wollte sich nicht zu den Plänen der Unions-Politiker äußern, betonte aber, wegen des Widerstands in Brüssel müsse nun die Bundesregierung umgehend eine nationale Regelung beschließen. "Nach Auffassung des DRV ist dies rechtssicher möglich, ohne gegen EU-Recht zu verstoßen", erklärte der Lobbyverband der Reisebüros und Reiseveranstalter. Die Bundesregierung verweist allerdings auf eine nötige europäische Abstimmung. DRV-Präsident Norbert Fiebig forderte "unbürokratisch zu beantragende, direkte und nicht rückzahlbare Zuschüsse an Reisebüros und Reiseveranstalter".