Rom (Reuters) - Im Haushaltsstreit mit der EU-Kommission will die italienische Regierung nicht einknicken und stellt zugleich das Brüsseler Regelwerk in Frage.
Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini zeigte sich am Mittwoch von der Zurückweisung des Etatentwurfs durch die EU-Kommission unbeeindruckt: Die Brüsseler Behörde könne so viele Briefe schicken, wie sie wolle, aber "Italiener stehen an erster Stelle", sagte der Chef der rechtsgerichteten Lega dem Sender RTL (BR:AUDKt). Das Land wolle sich nicht mehr länger "dämlichen Regeln" unterwerfen. Zugleich bekräftigte er aber, dass Italien weder die Euro-Zone noch die EU verlassen wolle.
Die EU-Kommission hatte der Regierung in Rom am Dienstag eine Frist von drei Wochen eingeräumt, um ihre Haushaltspläne zu ändern. Ein derartiger Schritt ist beispiellos. Sollte sich der Konflikt hochschaukeln, drohen Italien letztlich Sanktionen. Allerdings hat die EU-Kommission bei Defizitsündern bislang stets ein Auge zugedrückt: Auch andere Länder wie Frankreich, Portugal oder Spanien verstießen früher gegen die EU-Budgetregeln, ohne dass dies für sie Konsequenzen hatte.
Ökonom Friedrich Heinemann vom Mannheimer Forschungsinstitut ZEW befürchtet, dass es im Fall Italien keine rasche Lösung geben wird. "Die Prozesse des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts sind langwierig und letztlich fehlt es an glaubwürdigen Sanktionen. Ein Verlierer steht aber bereits fest: die italienische Wirtschaft."
Die EU-Zentrale ist unterdessen bemüht, kein weiteres Öl ins Feuer zu gießen: Er sei offen für einen konstruktiven Dialog, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici der Zeitung "La Repubblica". "Meine Tür ist immer offen und ich hoffe, dass die italienische Regierung auf diese Botschaft hört." Es sei noch Zeit für eine Lösung. Am 21. November werde die EU-Kommission das nächste Mal ihre Einschätzung vorlegen.
Das Haushaltsdefizit in dem hoch verschuldeten Land soll nach den Plänen der Regierung in Rom 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen - drei Mal so viel wie ursprünglich zugesagt. Die Neuverschuldung läge damit zwar unter der im EU-Stabilitätspakt festgelegten Obergrenze von drei Prozent. Kritiker mahnen aber, dass die Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega mit dem höheren Defizit kostspielige sozialpolitische Wahlversprechen finanzieren will und damit ein Ausufern der Gesamtverschuldung des Staates in Kauf nimmt: Diese übersteigt bereits 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der EU-Stabilitätspakt sieht hier eigentlich eine Obergrenze von 60 Prozent vor.
Das Land ist angesichts dieser prekären Lage verstärkt ins Visier der Investoren geraten: Die Rating-Agentur Moody's stufte die Kreditwürdigkeit zuletzt herab. Die Note liegt jetzt nur noch eine Stufe über dem berüchtigten Ramsch-Status. Moody's kritisiert unter anderem, dass eine von der Regierung geplante Frühverrentungsoption den Haushalt nachhaltig belasten wird.