Im Vergleich zur Situation vor einer Woche gibt es geopolitisch leichte Fortschritte. An die vereinbarte Waffenruhe in der Ukraine hält man sich offenbar inzwischen weitestgehend und Griechenland scheint tatsächlich mehr Zeit zu erhalten.
Griechenland erhält vier Monate Zeit
Die Finanzminister der Eurozone haben Griechenlands Reformvorschläge akzeptiert und diese zur Abstimmung an die verschiedenen Parlamente der einzelnen Länder der Eurozone weitergeleitet. Im Bundestag stimmte am Freitag trotz Kritik vor allem aus den Reihen von CDU und CSU bereits eine große Mehrheit dafür, dass Griechenland vier Monate Zeit erhält.
Untermauert das schuldengeplagte Land seine Zusagen bis April mit konkreten Zahlen, sollen weitere Milliarden aus dem laufenden bzw. nun verlängerten Hilfsprogramm überwiesen werden. Liefert Athen hingegen keine Beweise für seinen Reformwillen, dann wird laut Bundesfinanzminister Schäuble nichts mehr ausbezahlt.
Neue Regierung spielt mit dem Vertrauen der Geldgeber
Letzteres erscheint durchaus wahrscheinlich. Denn bereits kurz nach der Einigung auf weitere Rettungshilfen kündigte der griechische Energieminister Panagiotis Lafazanis an, laufende Privatisierungen im Strombereich zu stoppen. Dabei hatte die Regierung zuvor den europäischen Geldgebern zugesagt, dass keine laufenden Verkaufsvorhaben öffentlicher Firmen ausgesetzt werden.
Zudem brachte der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis am Mittwoch im Rundfunk erneut einen Schuldenschnitt ins Gespräch. „Ich spreche über Umschuldungen, die unsere Schuldenlast deutlich senken“, soll Varoufakis gesagt haben. Daraufhin konterte Schäuble im SWR, das südeuropäische Euro-Land müsse die Zusagen des laufenden Hilfsprogramms einhalten. „Erst wenn sie es voll erfüllt haben, wird bezahlt“, sagte er. „Es wird kein Euro vorher bezahlt.“
Griechenland wird noch deutlich mehr Geld brauchen
Griechenland spielt mit dem Vertrauen der Geldgeber. Ob die verbalen Fehltritte Absicht sind oder lediglich diplomatisches Ungeschick der Politik-Neulinge, ist unklar. Klar ist für mich hingegen, dass Griechenland noch deutlich mehr Geld brauchen wird, als die bisher bereits verlorenen Milliarden. Auch nicht wenige Experten erwarten inzwischen ein drittes Hilfsprogramm, das bereits ab Juli nötig werden könnte und einen Umfang von mindestens 20 Milliarden Euro haben müsse.
Das dicke Ende kommt erst noch
Machen wir uns nichts vor – Griechenland ist nur die Spitze des (Schulden-)Eisbergs. Das dicke Ende kommt erst noch, auch wenn es mit genügend Liquidität wohl noch einige Monate oder gar Jahre hinausgezögert werden kann.
Bislang war es vielfach schon so, dass auf einen durch (immer expansivere) Geldpolitik künstlich herbeigeführten Aufschwung ein (immer größerer) Crash folgte. Die Länge der Zyklen nahm dabei tendenziell ab. (Wir leben nun mal in einer immer schnelllebigeren Zeit.)
Abbildung: Auf große Aufwärtsbewegungen folgten große Crashs
Seit dem letzten markanten Tief der Aktienmärkte, welches nach der Finanzkrise im März 2009 markiert wurde, sind inzwischen sechs Jahre vergangen – sechs Jahre fast ununterbrochen steigender Aktienkurse. Lediglich eine größere Korrektur hat es gegeben – im Herbst 2011. Auch das ist nun schon wieder 3,5 Jahre her.
Dem Dax gelang inzwischen die siebte Gewinnwoche in Folge! Der Abstand zur 200-Tage-Linie (grün im folgenden Chart), die aktuell bei 9.767 Punkten verläuft, liegt dadurch inzwischen bei über 16%.
Börsen reagierten mit Freudensprung
Vor einer Woche hatten wir für ein Ende der abwartenden Haltung der Börsen endgültige Entscheidungen verlangt. Da sich diese nun (vorerst) abzeichnen, konnten die Aktienmärkte zu dem hier beschriebenen Freudensprung ansetzen und weiter zulegen. Zudem schrieben wir bislang, dass die Börsen die optimistischsten Szenarien schon weitestgehend eingepreist hatten. Da die Kurse seitdem noch weiter gestiegen sind, zeichnen sich nun aus unserer Sicht erste Blasen ab.
2015 – Das Jahr der platzenden Blasen?
Die Aktienmärkte befinden sich zwar erst auf dem Weg in eine Blase, hier zeichnen sich aber schon klare Übertreibungen ab (siehe auch rote Ellipse im folgenden DAX-Chart).
An den Anleihemärkten hingegen ist der Ballon schon prall aufgepustet und steht kurz vor dem zerbersten (siehe folgender Bund Future-Chart).
Kein Crash, aber eine deutliche Korrektur
Ob 2015 ein Jahr der platzenden Blasen wird, muss abgewartet werden. In jedem Fall wird es eins der inzwischen offensichtlichen Übertreibungen sein. Wir erwarten im aktuellen fundamentalen Umfeld, bei dem die Notenbanken nach wie vor extrem expansiv vorgehen, sicherlich keinen Crash. Aber eine scharfe Korrektur werden wir in 2015 sehen. Es ist unklar, wann sie kommt und von welchem Kursniveau aus. Denken Sie aber an unser Elliott-Wellen-Szenario zum DAX!
(Quelle: Geldanlage-Brief, Ausgabe vom 01.03.2015)