Das jüngste OPEC+-Treffen lieferte den Öl-Tradern wertvolle Einblicke - von Aussagen zu möglicher Änderungen der Ölfördermengen bis hin zur Aufdeckung von Diskrepanzen zwischen gemeldeten und tatsächlichen Fördermengen.
Hier stellen wir Ihnen die drei wichtigsten Erkenntnisse vor:
1. Die OPEC+ plant, ihr derzeitiges Produktionsniveau bis Ende 2023 beizubehalten (mehr oder weniger).
Offiziell gab es bei der OPEC+ eine Einigung darauf, die derzeitigen obligatorischen Produktionskürzungen bis zum Jahresende beizubehalten. Auch die zusätzlichen freiwilligen Produktionskürzungen, zu denen sich einige Mitglieder im April verpflichtet hatten, sollen unverändert bestehen bleiben. Darüber hinaus kündigte Saudi-Arabien für den Monat Juli eine zusätzliche, einseitige Kürzung um 1 Million Barrel pro Tag an.
2. Das tatsächlich auf dem Markt befindliche Öl der OPEC+ entspricht nicht den Produktionsmengen, die auf dem Papier stehen.
Die eigentliche Frage für Händler ist, wie viel Öl die OPEC+-Mitglieder tatsächlich auf den Markt bringen, und nicht, wie viel des schwarzen Goldes laut OPEC+-Quoten und freiwilligen Produktionskürzungen auf dem Markt sein sollte. Je mehr freiwillige Kürzungen zu den vereinbarten Quoten hinzukommen, desto unübersichtlicher wird die Situation für die Marktteilnehmer.
Zum einen produzieren mehrere OPEC-Länder nicht im Rahmen ihrer Quoten, weil ihnen die Kapazitäten dazu fehlen. Andere OPEC+-Mitglieder, die sich zu freiwilligen Kürzungen verpflichtet haben, werden diese eventuell nicht einhalten. Während Nigeria, Angola, Algerien, der Kongo und der Irak ihre Quoten unterschreiten, könnte Russland im Verhältnis zu der freiwilligen Kürzung von 500.000 bpd, zu der es sich im April verpflichtet hat, zu viel produzieren.
Die Verwirrung und der Mangel an Transparenz beeinträchtigen auch die Wirkung, die die OPEC+-Mitteilungen auf den Markt haben. Als beispielsweise die OPEC+ im Oktober 2022 Produktionskürzungen ankündigte, stieg der Preis für Brent sprunghaft auf 93 USD pro Barrel.
Im April führten die überraschenden freiwilligen Kürzungen zu einem Ölpreis-Anstieg um 7 %, doch zwei Wochen später wurden diese Gewinne wieder zunichte gemacht. Letzte stiegen die Ölpreise nach der Ankündigung nur um 1,9 % und gaben diese Gewinne dann wieder ab.
Das bedeutet, dass Händler sich nicht auf die Angaben der OPEC+-Länder zur Produktion verlassen können und stattdessen die Exportmengen und andere Produktionsindikatoren beobachten müssen, um sich ein genaues Bild davon zu machen, wie viel Öl auf dem Markt ist. Das kann schwierig sein, wenn es sich um Russland handelt, denn das Land hat beschlossen, seine Produktions- und Exportzahlen nicht mehr zu melden.
3. Die Basisförderquoten der OPEC+ werden sich ab 2024 ändern.
Diese wichtige Geschichte ist in dem Drama um die einseitige Kürzung Saudi-Arabiens untergegangen, ist aber wichtig für die Händler. Obwohl sich die OPEC+-Mitglieder nicht auf eine Produktionskürzung geeinigt haben, haben sie aber die Basisproduktionsquoten für die Mitgliedsländer neu ausgehandelt, um die Produktionskapazitäten genauer widerzuspiegeln.
Einige afrikanische Länder haben eine Senkung ihrer Förderquoten akzeptiert, da sie nicht mehr in der Lage sind, so viel Öl zu produzieren wie früher. Andere Länder wie die VAE hingegen haben sich höhere Basisförderquoten gesichert, die ihren Investitionen in neue Produktionskapazitäten entsprechen. Diese Quoten werden im Jahr 2024 in Kraft treten und hoffentlich die dringend benötigte Klarheit in die Produktionsmengen der OPEC+ bringen.
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Offenlegung: Die Autorin besitzt keine der in diesem Bericht erwähnten Instrumente.