Es folgt ein Blick auf die Entwicklung der Ölpreise in den Sommermonaten des Jahres 2017. Das Ergebnis des gemeinsamen Treffens zwischen OPEC-Staaten und unabhängigen Ölproduzenten am 25. Mai 2017 entsprach genau den Prognosen. Die Förderländer verlängerten die aktuellen Produktionskürzungsmaßnahmen um weitere neun Monate. Theoretisch werden damit bis März 2018 weiterhin insgesamt 1,8 Mio. Barrels täglich vom Markt genommen.
Überraschend für viele, darunter auch die OPEC-Mitglieder, gingen die Preise im Verlauf des gesamten eintägigen Treffens zurück. US-Rohöl pendelte sich schließlich bei 48,90 $ ein, ein Verlust von fünf Prozent. Es wurde deutlich, dass die Märkte auf tiefere Produktionseinschnitte der OPEC gehofft und diese Hoffnung bereits eingepreist hatten, obwohl die neunmonatige Verlängerung der Maßnahmen bereits vor einiger Zeit bestätigt worden war. Die langfristigen Spekulationen des Marktes schossen damit an der Realität vorbei.
Nachdem die OPEC nun die Entscheidung in Bezug auf die Versorgung getroffen hat, stellt sich für den Markt die Frage, wie die Nachfrage in diesem Sommer aussehen wird. Es folgen drei wichtige Faktoren, die den Ölmarkt in diesem Sommer beeinflussen könnten.
1. Nachfrage in den USA
Üblicherweise steigt der Benzinverbrauch in den USA nach dem Memorial Day-Wochenende. Autofahrten von über 80 km dürften um 2,7 Prozent steigen. Auch der Luftverkehr wird in diesem Sommer voraussichtlich zunehmen. Ein erheblicher Anstieg der Benzinnachfrage in den USA in den Sommermonaten könnte zu einem Abbau der US-Bestände um bis zu 10 Mio. Barrels pro Woche führen (wobei bescheidenere Prognosen nur von 3-4 Mio. Barrels ausgehen). Raffinerien in den USA verarbeiteten in den zwei Wochen bis zum Memorial Day dieses Jahr mehr Rohöl als in den vergangenen zwei Jahren, was auf eine robuste Nachfrage hindeutet. Sollte die Nachfrage in den USA die Märkte mit einer Rekordsaison überraschen, werden die Ölpreise wieder steigen.
2. Nachfrage am Persischen Golf
Üblicherweise steigt der einheimische Ölverbrauch in den Golfstaaten (Saudi-Arabien, Kuwait, VAE) im Sommer erheblich an. In diesen Staaten wird Öl nämlich zur Stromgewinnung genutzt. Der Stromverbrauch nimmt in diesem Teil der Welt im Sommer ebenfalls erheblich zu, da die sengenden Temperaturen die Bewohner in die Häuser treiben, wo die Klimaanlagen auf Hochtouren laufen. So verbrauchte etwa Saudi Arabien im Juli 2014 fast eine Mio. Barrels pro Tag. Durchschnittlich beträgt der Tagesverbrauch 600.000 Barrels. Üblicherweise erhöht das Land in den Sommermonaten seine Produktion, um die verstärkte Nachfrage auf dem Heimatmarkt und gleichzeitig die globale Nachfrage bedienen zu können. In diesem Jahr wird Saudi-Arabien aufgrund des OPEC-Abkommens seine Produktion nicht über die vereinbarte Höchstmenge von 10,058 Mio. bpd hinaus erhöhen (im vergangenen Juli produzierte es eine Rekordsumme von 10,67 Mio. bpd).
In der vergangenen Woche begann Ramadan, der muslimische Fastenmonat, deshalb wird der Stromverbrauch am Golf im Juni noch höher sein. Dennoch sollten die Händler nicht von einem vergleichbaren Anstieg der einheimischen Rohölnachfrage in Saudi-Arabien wie in den vergangenen Jahren ausgehen. Der Grund ist der Ausbau der Wasit-Erdgasanlage, die voraussichtlich 100.000 bpd Rohölverbrauch mit Erdgas ersetzen wird. Eine weitere Erdgasanlage wird voraussichtlich 2019 in Betrieb genommen, was den Übergang Saudi-Arabiens hin zu Erdgasverbrauch beschleunigen dürfte.
3. Nachfrage in China
Die Ölnachfrage in China blieb in den letzten zwei Jahren solide. Die Chinesen nutzen die tiefen Preise, um ihre Petroleumbestände aufzustocken und haben ihre Lagerkapazitäten erheblich erweitert. Dennoch gibt es Anzeichen dafür, dass die Ölimporte in das Land im Sommer rückläufig werden. Im März importierte China eine Rekordmenge an Rohöl, im April jedoch sanken die Importzahlen um neun Prozent. Wartung der einheimischen Raffinerien trug zu einem Lageraufbau in China bei, der bis in die Sommermonate hinein andauern könnte. Die chinesische Regierung hat ebenfalls Schritte zur Begrenzung der Ölimporte durch unabhängige Raffinerien im Land auf insgesamt zwei Mio. bpd unternommen. Es könnte also durchaus sein, dass das Land seine Ölimporte im Sommer einschränkt, um die überquellenden Vorräte abzubauen. Von außen dürfte das als nachlassende Nachfrage aussehen. Dies könnte die verstärkte Nachfrage aus den USA und dem Persischen Golf ausgleichen und im Sommer einen Abwärtsdruck auf die Ölpreise ausüben.
Die Medien konzentrieren sich zwar vorwiegend auf die Produktionszahlen von OPEC, Russland, US-Schieferöl und anderen, man sollte dabei jedoch auf keinen Fall die globale Nachfrage aus den Augen verlieren.