Die Kapitalflucht aus Schwellenländern, die als Grund für die Kursverluste in DAX & Co. herangezogen wurden, ist real und könnte zu einem echten weltweiten Problem werden.
Notenbanken der Schwellenländer stemmen sich gegen Währungsprobleme
Die türkische Notenbank hat ihren Leitzins (1-Wochen-Repo) deshalb in der vergangenen Woche auf einen Schlag von bisher 4,5 % auf 10 % mehr als verdoppelt. Die Zentralbank Südafrikas hob den Schlüsselzins am Mittwoch um einen halben Prozentpunkt auf 5,5 % an. Indien reagierte ebenfalls geldpolitisch.
Probleme sind nicht erst seit kurzem bekannt
Dennoch sind die starken Kursrückgänge an den Aktienmärkten aus unserer Sicht rein technischer Natur. Es hat lediglich irgendeiner Nachricht bedurft, um die Verkäufe auszulösen.
Zumal die aktuell viel diskutierte Kapitalflucht nicht von heute auf morgen begonnen hat, sondern schon zu beobachten war, als die Aktienmärkte noch stiegen. Die Ursache ist den Märkten schon länger bekannt und zumeist hausgemacht.
Die Probleme der Türkei zum Beispiel sind politischer sowie wirtschaftlicher Natur. Und die Lira wertet schon seit Mitte 2008 deutlich gegenüber dem US-Dollar ab (siehe Chart).
US-Notenbank erwähnt Probleme der Schwellenländer mit keiner Silbe
Auch die US-Notenbank Fed scheint das Problem nicht so hoch zu gewichten wie derzeit die Märkte. Denn sie erwähnte im Anschluss an die jüngste FOMC-Sitzung am vergangenen Mittwoch die Turbulenzen in den Schwellenländern mit keiner Silbe.
Geldpolitische Wende der Fed könnte die Probleme verschärfen
Dabei könnten sich die Kapitalflucht und die Währungsprobleme sogar noch verschärfen, weil die US-Notenbank verkündete, ihre Anleihekäufe ein zweites Mal um 10 Mrd. US-Dollar pro Monat auf nun 65 Mrd. (Staatsanleihen für 35 Milliarden Dollar und Hypothekenwertpapiere für 30 Milliarden Dollar) zu reduzieren. Und den nächsten Schritt in gleicher Höhe hat die Fed-Spitze bereits angekündigt.
Sie zeigt sich damit fest entschlossen, kontinuierlich auf den nächsten Sitzungen die Käufe wie geplant um jeweils 10 Mrd. US-Dollar zu drosseln.
Fed erwartet stärkeres BIP-Wachstum
Selbst wenn kurzfristig einzelne Konjunkturdaten schlechter ausfallen: Nachdem sich für das Gesamtjahr 2013 ein Zuwachs des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 1,9 % errechnet, erwartet die Fed für 2014 mehr als 3 % BIP-Wachstum. Der Aufschwung der US-Wirtschaft soll also weiter an Fahrt gewinnen.
US-Arbeitsmarktdaten könnten weiter an Schrecken verlieren
Deshalb könnten auch die monatlichen US-Arbeitsmarktdaten weiter an Schrecken verlieren. Die Währungshüter hatten sich für eine neuerliche Drosselung des Ankaufvolumens entschieden haben, obwohl im Dezember nur 74.000 neue Arbeitsstellen geschaffen wurden. Dies untermauert, dass auf einzelne enttäuschende Konjunkturdaten kein allzu großes Gewicht gelegt wird.
Entsprechend dürfte auf die Januarzahlen geachtet werden, die am Freitag veröffentlicht werden. Der Konsens erwartet ca. 180.000 neue Stellen. Erst wenn diese Zahl erneut deutlich unterboten wird und damit mehrere aufeinanderfolgende Werte Zweifel an einer nachhaltigen Erholung des US-Arbeitsmarkts aufkommen lassen, dürfte die Fed von ihrem Plan abrücken.
Solange dies nicht der Fall ist, werden die Märkte nicht mehr so stark auf die US-Arbeitsmarktdaten reagieren, wie es in der Vergangenheit der Fall war, als die Märkte noch Angst vor dem Beginn des sogenannten Tapering hatten.
Auch der Euro leidet unter dem Kurswechsel der Fed
Es war zu erwarten, dass die geldpolitische Wende Anlagegelder zurück in die USA holen würde. Dies lässt sich auch am EUR/USD-Wechselkurs ablesen. Denn seit die Fed im Dezember den Beginn des Tapering verkündet hat, verliert auch der Euro zum US-Dollar.
Muss auch die europäische Zentralbank reagieren?
Hinzu kommt, dass im Gegensatz zur Türkei höhere Leitzinsen in der Euro-Zone derzeit kein Thema sind. Im Gegenteil: Die jüngst gemeldeten vorläufigen Inflationsdaten heizten wieder einmal Spekulationen an, die Europäische Zentralbank (EZB) könnte auf der Sitzung am kommenden Donnerstag eine noch lockere Geldpolitik beschließen.
Die jährliche Inflationsrate lag im Januar bei 0,7 %, nach 0,8 % im Dezember. Und durch die Abwertung der Währungen in den Schwellenländern werden weitere deflationäre Tendenzen nach Europa importiert.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg an der Börse
Sven Weisenhaus