Dieser Beitrag wurde exklusiv für die Investing.com verfasst
Wenn Sie in den britischen Aktienmarkt investieren, ist es sehr schwierig, die Aktien der großen Öl- und Gaskonzerne zu meiden, die derzeit etwas mehr als 15% des Börsenwerts des FTSE 100 und etwas mehr als 12 Prozent des FTSE All Share Index ausmachen. Dies zählt doppelt, wenn Sie eine betriebliche Altersversorgung haben - BP (LON:BP) und Royal Dutch Shell (LON:RDSa) sind aufgrund ihrer Langlebigkeit und ihrer dauerhaften Dividendenausschüttungen mit der Zeit ein fester Bestandteil solcher Anlageprodukte geworden.
Alte Gewissheiten können aber sterben. In einem kürzlich veröffentlichten OPEC-Report wurde festgestellt, dass die Ölnachfrage in den 36 Industrieländern, aus denen die OECD besteht, im Zeitraum 2020 - 2025 zum ersten Mal sinken wird.
Die weltweite Ölnachfrage wird weiterhin wachsen, angetrieben vom Verbrauch einiger Schwellenländer. Dies wird jedoch als Beginn eines Regimewechsels angesehen, da die Nutzung und der Umfang erneuerbarer Energiequellen zunehmen.
Eine Analyse der Wortanzahl in dem jährlich erscheinenden OPEC World Oil Outlook zeigt, dass in den letzten Jahren mehr von "Elektrofahrzeugen" als von "Schieferöl" die Rede war und dass - im letzten Jahr - das Wort "Klima" viel häufiger vorkam. Die Zeiten ändern sich. Vielleicht ist das der Grund, warum Ölpreis wurde in den letzten Jahren eher unter Druck stand.
Veränderungen fallen ebenfalls ins Auge, wenn man sich die beiden großen Ölkonzernen an der britischen Börse anschaut. BP hat soeben die Beförderung von Bernard Looney angekündigt, der zuvor Leiter der Öl- und Gasexplorationsabteilung war und die Nachfolge von Firmenlegende Bob Dudley als Vorstandschef antrat. Traditionell wäre die Stelle als Verantwortlicher für das Finden neuer Vorkommen ein sehr unumstrittener Weg zum Chefposten gewesen, da dies eine ziemlich wichtige Position in einem Unternehmen wie BP ist.
Angesichts der Äußerungen von Herrn Looney vor einigen Monaten, dass "der Vergleich von Gas mit Kohle allein nicht gut genug ist ... wir Gas mit Null Kohlenstoff vergleichen müssen ... lauter über das Gute zu reden, das wir tun, ist keine gewinnbringende Strategie ...wir müssen zeigen, dass wir Teil der Lösung sind“ suggeriert Verständnis für die Notwendigkeit einer weiter gefassten Agenda. anzuerkennen.
Sollte der neue CEO es mit einem Regimewechsel wirklich ernst meinen, wird BP entweder viel kleiner werden und/oder in den nächsten Jahren in hohem Maße davon abhängig sein, einige Megadeals durchziehen zu können.
Werfen Sie einen Blick auf den jüngsten Quartalsbericht des Unternehmens. Gewinne werden zu 100% im Kerngeschäft Öl und Gas oder in eng verbundenen Geschäftsbereichen erzielt. Wenn Sie sich die Investitionslinie ansehen, liegt ein Verhältnis von etwa 7: 1 zugunsten von Aktivitäten im Zusammenhang mit Kohlenstoff und nicht für Initiativen im Bereich erneuerbare Energien oder CO2-arme Energien vor. Selbst wenn beim Ölsupertanker das Steuer herumgerissen wird, dürfte BP in der Realität noch eine Weile nicht dem Slogan “Beyond Petroleum“ gerecht werden.
Und dann gibt es natürlich noch die Dividendenzahlung und andere Formen der Aktionärsvergütung wie Aktienrückkäufe. Eine der Hauptgründe dafür, dass hochkapitalisierte Ölaktien von so vielen gehalten werden, sind die Dividendenrenditen von 6,5 Prozent, die BP und Royal Dutch Shell derzeit anbieten. Jedes Gerede über die nachlassende Ölnachfrage und die Herausforderungen (und Kosten) der Weiterentwicklung eines Geschäftsmodells hin zu erneuerbaren Energien wirft sofort Fragen zur mittelfristigen Dividende und zur Nachhaltigkeit der Aktienrückkäufe auf.
Ein bemerkenswerter Kommentar in Royal Dutch Shells Aktualisierung zum dritten Quartal, der vor ein paar Wochen herauskam, sagte, dass "die derzeit schwachen makroökonomischen Rahmenbedingungen und der schwierige Ausblick unweigerlich zu Unsicherheiten über die volle Umsetzung des Aktienrückkaufprogramms bis Ende 2020 führen".
Dies war ein bemerkenswerter Kommentar, da sie auch Ergebnisse bekannt gaben, die einen Gewinnrückgang und einen Anstieg der Verschuldung des Unternehmens zeigten, beeinflusst durch geringere Gewinne und einen niedrigeren Cashflow aufgrund der niedrigeren Preise von Öl, Gas und verflüssigtem Erdgas.
In der Zwischenzeit fühlte sich das Unternehmen verpflichtet, eine öffentliche Erklärung zum Stand der Diskussionen auf Vorstandsebene über die zukünftigen Dividenden des Unternehmens abzugeben. Das klingt nach einem Unternehmen, das sich unter Druck gesetzt fühlt.
Egal ob auf makroökonomischer, thematischer oder individueller Ebene, die beiden größten in Großbritannien gelisteten Ölunternehmen (die Schwergewichte in den Leitindizes des Landes sind, und auch einen großen Teil der privaten und betrieblichen Altersrückstellungen ausmachen) haben Probleme. Beide Aktien liegen deutlich über ihren Tiefstständen von 2016, haben aber in den letzten 2 Jahren kaum Fortschritte gemacht.
Diese Trägheit könnte durchaus die Ruhe vor dem Sturm sein. Große Entscheidungen erwarten die Führungskräfte aller großen Ölkonzerne. Ebenso müssen sich britische Anleger fragen, ob es an der Zeit ist, sich von solchen Altanlagen zu lösen - und vielleicht sogar von den passiven Index-Tracker-Fonds, die natürlich auch mit solchen Namen angefüllt sind. Dies ist eine weitreichende Entscheidung ... aber letztendlich dreht sich an den Finanzmärkten alles darum, unabhängig davon, ob Sie einen riesigen Pensionsfonds verwalten oder Ihre eigenen Wertanlagen verwalten.