Manchmal können sich Geschäftsprozesse echt in die Länge ziehen. Gerade in großen Konzernen werden Veränderungen nicht von heute auf morgen umgesetzt und können auch nach langen und zähen Verhandlungen scheitern. Der Bereich, in dem dies am spürbarsten ist, ist wahrscheinlich jener, der unter Fusionen und Übernahmen fällt. Als Beispiel kann man die gescheiterte Alstom-Siemens Fusion im Zugsegment nehmen. Nicht allzu weit liegt die zähe Übernahme der Deutschen Wohnen (DE:DWNG) seitens von Vonovia (DE:VNAn) zurück. Manchmal können aber auch gewisse Entscheidungen schnell getroffen werden. Erst gestern scheiterte der Kauf des britischen Chipherstellers „Arm“ und heute gibt der Mutterkonzern, die japanische SoftBank Group, bekannt, dass man nach dem gescheiterten Verkauf nun plant, mit Arm nächstes Jahr an die Börse zu gehen.
Der nordamerikanische Chiphersteller Nvidia (NASDAQ:NVDA) wollte das europäische Unternehmen unter dem Dach des japanischen Konglomerats für rund $66 Milliarden aufkaufen. Dies wäre die größte Übernahme eines Unternehmens in der Halbleiterindustrie geworden. Jedoch scheitere der Kauf an den Kartellämtern der USA, Großbritannien und der EU. Die drei Ämter waren sich einig, dass eine Übernahme in dieser Größenordnung und in dieser Konstellation zu signifikanten Verwerfungen im globalen Wettbewerb des Halbleitersektors führen und auch sektorübergreifend nicht wohlwollend aufgenommen werden würde. Nvidia ist mit einer Marktkapitalisierung von aktuell rund $616 Milliarden nach dem taiwanesischen Unternehmen TSMC ($634 Milliarden) das zweitgrößte Unternehmen in diesem Sektor. Mit der Übernahme von Arm würde Nvidia eine strukturelle Vormachtstellung einnehmen, die, wie die Kartellämter meinen, nicht nachhaltig im Sinne der globalen Halbleiterindustrie wäre. Ohne, dass es hier zu einem klaren „Nein“ seitens der Gesetzgeber kam, verständigten sich Nvidia und SoftBank darauf, den Deal abzublasen. Zudem wird Arm in Großbritannien als ein wichtiges nationales Asset gesehen, was hier noch mal eine politische Komponente in der Zusammensetzung der potenziellen Hürden dargestellt hätte.
Stattdessen wird SoftBank nun eine Abbruchgebühr von bis zu $1.25 Milliarden bekommen und gab heute bekannt, dass man den britischen Halbleiterhersteller im März 2023 an die Börse bringen möchte. Auch hier wird man sich wahrscheinlich einem politischen Diskurs nicht entziehen können, denn die Briten würden dieses wichtige Unternehmen gerne an dem Londoner Handelsplatz gelistet sehen. SoftBank machte auch hier direkt klar, dass man diesem Druck aber widerstehen und das Unternehmen am nordamerikanischen Handelsplatz Nasdaq listen möchte. Dieser ist für Technologieunternehmen deutlich attraktiver, da man einem größeren Kapitalpool ausgesetzt ist und auch das Prestige dieses Handelsplatzes für Investitionen in diesem Sektor deutlich höher ist.
Prestigeprobleme sollte Arm aber nicht bekommen, denn bereits jetzt werden die Chips des Unternehmens von einer Reihe von gigantischen Techkonzernen genutzt, darunter auch Amazon (NASDAQ:AMZN), Qualcomm (NASDAQ:QCOM) und Microsoft (NASDAQ:MSFT). Nur so nebenbei: Auch diese Unternehmen hatte es nicht sonderlich geschmeckt, dass sich Nvidia Arm unter den Nagel reißen wollte. Die Arm-Chips gelten als energieeffizient und hochwertig. Zudem wird das Chip-Design von Arm in den meisten Handys, Tablets und TVs der Welt benutzt. Als ob das nicht reicht, ist Arm auch im Bereich des Metaverse, Cloudtech und autonomen Fahren einer der Marktführer. Somit hätte sich der saftige Preis von $66 Milliarden für Nvidia sicherlich gelohnt. Ob aber die SoftBank Group mit einer IPO finanziell besser dran ist, kann aber bezweifelt werden. Zumindest wird es kurzfristig schwierig sein, ähnliches Kapital aus einer IPO zu schlagen. Dass Arm aber langfristig ein wichtiger Pfeiler in diesem Sektor sein wird, scheint allein durch die Positionierung in den benannten Geschäftsfeldern gegeben zu sein.
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