Die Aktie des britischen Pharmaschwergewichts AstraZeneca hatte nach dem Ende des Pandemiegeschehens zunächst ihren Höhenflug fortgesetzt. Zwischen September und November 2024 kam es dann aufgrund von verfehlten Studienzielen und Korruptionsvorwürfen gegen leitende Angestellte in China zu deutlichen Gewinnmitnahmen, in deren Folge die Aktie fast 30 % der ursprünglichen Marktkapitalisierung wieder einbüßte. Die vorläufigen Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2024 haben der Kursentwicklung jedoch wieder neuen Schwung verliehen.
Mit rund 54 Mrd. USD Gesamtumsatz 2024 rangiert AstraZeneca (LON:AZN) (ISIN: GB0009895292) unter den Top Ten der umsatzstärksten Pharmafirmen der Welt. Insbesondere auf dem Feld der Onkologie (Umsatzanteil 2024: 41 %) hat AstraZeneca sich als einer der führenden Akteure weltweit etabliert. Weitere Schwerpunkte des Konzerns sind Biopharmazeutika und das Segment „seltene Erkrankungen” mit Umsatzanteilen von rund 40 und 16 %. Der Konzern erwirtschaftete seine Umsätze 2024 zu 43 % in den USA, zu 23 % in Europa, zu 12 % in China und weitere 22 % im Rest der Welt. Mit dem vorläufigen Zahlenwerk für das abgelaufene Geschäftsjahr 2024 konnte AstraZeneca klar überzeugen. Mit Umsatzzuwächsen von 24 % (Onkologie), 19 % (Biopharmazeutika) und 16 % (seltene Erkrankungen) konnte der Konzern in den großen regionalen Absatzmärkten zwischen 22 und 26 % wachsen.
Nach einer lang andauernden Schwächephase zwischen 2012 und 2018, in der die Umsätze rückläufig waren, setzt sich das seit 2019 zurückgekehrte Umsatzwachstum auch für 2024 fort. Seitdem stieg der Umsatz von rund 24 Mrd. USD auf 54 Mrd. USD 2024 (+18 % zum Vorjahr) bei einem durchschnittlichen jährlichen Umsatzwachstum von 17 %. Das sogenannte Core-EPS (Non-GAAP), wie AstraZeneca es regelmäßig berichtet, stieg im gleichen Zeitraum um 134 % von 3,50 auf 8,21 USD je Aktie (+13 % zum Vorjahr). Die Gewinnmarge auf Basis des Core-EPS lag 2024 bei 47 % (Vj: 49 %) und damit 0,5 % unter dem Durchschnitt der letzten 3 Jahre. Da AstraZeneca für 2025 mit einem Umsatzwachstum im hohen einstelligen Bereich und einem Zuwachs beim Core-EPS im niedrigen zweistelligen Bereich rechnet, ist davon auszugehen, dass man die Gewinnmarge auf dem Niveau der letzten 3 Jahre halten kann.
Weiterhin solide Wachstumserwartungen
Grundsätzlich sind sich Konzernführung und Analysten einig, dass sich der Wachstumskurs in den kommenden Jahren fortsetzen wird. AstraZeneca selbst hat sich mit 80 Mrd. USD Umsatz bis 2030 ambitionierte Ziele gesteckt. Analysten sind etwas zurückhaltender mit ihren Prognosen, deren Konsens liegt bei ca. 68 Mrd. USD. Für Optimismus sorgt insbesondere die starke Produktpipeline. 2024 konnte AstraZeneca 9 positive Phase III-Studienergebnisse vermelden und weitere 7 werden für 2025 erwartet. Die Studien erstrecken sich über verschiedene Krebsarten, darunter Brust-, Lungen-, Magen-, Prostata-, Nieren-, Eierstock- und Leberkrebs sowie verschiedene Formen von Leukämie und bieten erhebliches Ertragspotenzial.
Nicht übersehen werden sollte jedoch das negative Überraschungspotenzial, falls sich Studien als nicht so erfolgreich herausstellen sollten, wie erwartet, so wie im September 2024 geschehen. Das Mittel Datopotamab-Deruxtecan – ein Medikament gegen Lungenkrebs – hatte die Studienziele verfehlt, wodurch die angestrebte Zulassung durch die US-Gesundheitsbehörde FDA gefährdet war. Der Kurs der Aktie ging daraufhin in eine mehrwöchige Talfahrt über. Solche Ereignisse machen deutlich, welcher Erwartungsdruck auf den Hoffnungsträgern in der Produktpipeline lastet, denn diese sollen erwartete Umsatzrückgänge durch auslaufende Patente kompensieren. Mit Farxiga, Lynparza und Fasenra laufen 2025 gleich 3 solche Patente aus, die zusammen 23 % Umsatzanteil ausmachen.
Ein grundsätzliches Risiko für Pharmakonzerne stellt zur Zeit auch die Ernennung von Robert Kennedy Jr. zum Vorsitzenden des US-Gesundheitsministeriums dar. Änderungen an den Zulassungsvoraussetzungen für Impfstoffe und andere Medikamente könnten zu erhöhten Kosten führen. Aus Sicht der Analysten überwiegen jedoch die Chancen, die sich aus dem Umsatzpotenzial in der Produktpipeline ergeben, die Risiken deutlich. 12 von 13 durch Refinitv befragte Analysten empfehlen die Aktie aktuell zum Kauf und einer rät zum Halten. Die Kursziele liegen zwischen 67 und 97 USD.
Bewertung auf Basis der Dividende
Um Verwirrung hinsichtlich der erwarteten Dividende zu vermeiden, erfolgt von unserer Seite zunächst der Hinweis, dass wir uns auf den US-amerikanischen ADR beziehen. Zwei ADRs repräsentieren eine britische Stammaktie. Die Dividende für ADRs wird außerdem in USD bekanntgegeben.
Ausgehend von einer Umsatzsteigerung von 7 % (Analsystenkonsens) für 2025 – entspricht 57 Mrd. USD – und einer mindestens gleichbleibenden unbereinigten Gewinnmarge von 13 % berechnen wir für 2025 ein unbereinigtes Nettoergebnis von 7,41 Mrd. USD oder 2,39 USD je Aktie. Angenommen AstraZeneca steigert die Dividende 2025 um 10 Cent auf 1,64 USD je Aktie, dann würde das in Relation zu unserer Gewinnschätzung einer Ausschüttungsquote von 69 % und damit in etwa dem Durchschnittsniveau der beiden Vorjahre entsprechen. AstraZeneca verfolgt zwar eine sehr stabile Dividendenpolitik, Anhebungen der Dividenden waren jedoch auch in der Vergangenheit in der Regel moderat. Für 2025 hat der Konzern außerdem eine Steigerung der Investitionsausgaben um 50 % gegenüber 2024 angekündigt, um das Wachstum weiter zu fördern. Insofern betrachten wir die Wahrscheinlichkeit einer darüber hinaus gehenden Anhebung der Ausschüttung als begrenzt.
In Relation zu der von uns erwarteten Dividende von 1,64 USD lag das bisherige Jahrestief 2025 bei einer Dividendenrendite von 2,55 %, was exakt dem Durchschnitt der letzten 3 Jahre am Jahrestief entspricht. Im gleichen Zeitraum lag die Dividendenrendite am Jahreshoch im Durchschnitt bei 1,9 %. Durch Abzinsung der erwarteten Dividende von 1,64 USD mit einem Diskontsatz von 1,9 % ermitteln wir ein moderates Kursziel von 86,70 USD.
Auf Basis des bereinigten KGV, das über die letzten 3 Jahre sehr konstant bei durchschnittlich 10,7 am Jahreshoch lag, ergäbe sich bei einer Steigerung des Core EPS um 11 % (9,11 USD) sogar ein Kursziel von 97 USD, allerdings muss dazu erwähnt werden, dass das KGV am bisherigen Jahrestief 2025 dann bei 7 läge, was leicht unter dem Wert von 2024 ist und auf die Einpreisung eines erhöhten Risikos hindeuten könnte. Insofern bevorzugen wir eine vorsichtigere Bewertung auf Basis der Dividende, die auf der Unterseite über die letzten Jahre stabilisierend gewirkt hat.
Charttechnik
Nach der technischen Übertreibung im August 2024 in deren Rahmen ein neues Rekordhoch bei knapp 88 USD ausgebildet wurde, folgte der Rückfall auf die starke Unterstützungszone bei 64 USD, wo sich die Notierung zwischen Anfang November 2024 und Ende Januar 2025 stabilisieren konnte und den langfristigen – seit 2016 andauernden – Aufwärtstrend fortsetzten konnte. Aus technischer Sicht wurde bereits mit dem Überwinden der Marke von 69 USD Mitte Januar ein Kaufsignal ausgelöst, letzte Woche wurde dann auch die 200-Tage-Linie (75 USD) kurzzeitig überwunden. Der Wochenschluss fand knapp unterhalb von dieser bei 73,58 USD statt.
Darunter sollte die Unterstützung bei 70 USD Halt bieten, auf der Oberseite liegen die nächsten Widerstände bei 81 und 87 USD. Mit dem Test der Unterstützungszone bei 64 USD und dem langfristigen Aufwärtstrend hatte die relative Stärke auf Basis von 14 Wochen bereits im überverkauften Bereich notiert. Mit einem aktuellen Wert von rund 56 wird damit die Erholung innerhalb des langfristigen Aufwärtstrends bestätigt.
Fazit
Mit den Quartalsberichten für Q3 und Q4/2024 hat AstraZeneca zunächst mal starke Impulse geliefert, die den langfristigen Aufwärtstrend der Aktie auch aus technischer Sicht bestätigt haben. Zwar ist der Kauf der Aktie letztlich eine Wette auf die Produktpipeline und es besteht damit auch negatives Überraschungspotenzial, allerdings sehen wir für die Aktie eine überwiegend positive Stimmung, auch wenn es Anzeichen dafür gibt, dass 2025 bereits leicht erhöhte Risiken eingepreist wurden. Unser Kursziel für 2025 von 76,80 USD (+18 %) auf Basis unserer Dividendenschätzung von 1,64 USD ist daher vorsichtig kalkuliert. Wir halten die Aktie auf dem aktuellen Kursniveau für fair bewertet. Erfüllen sich die Wachstumsprognosen, besteht auf Sicht mehrerer Jahre aber deutlich größeres Kurspotenzial. Wir kaufen die Aktie.
Investmentidee(n) auf AstraZeneca
Anleger, die bei AstraZeneca überproportional von Kursanstiegen profitieren wollen, können dieses Ziel mit Knock-out-Bull-Papieren erreichen. Das Papier mit der ISIN DE000UP43QA7 hat einen Hebel von 5, partizipiert also mit einem Multiplikator von 5 an steigenden sowie fallenden Kursen. Das Papier ist gut bewertet und bezieht sich auf den AstraZeneca ADR.