Zu Beginn der Q3-Berichtssaison werden einige Energiegroßkonzerne von den Investoren auf den Prüfstand gestellt werden. Die Anteilseigner werden nach Anzeichen einer Erholung suchen, nachdem die Ölnachfrage während der Covid-19-Pandemie zusammengebrochen war.
Für längerfristig orientierte Investoren, die auf Wertsteigerungen bei den angeschlagenen Energieaktien hoffen, könnte dies der richtige Zeitpunkt sein, einige Schnäppchen in diesem Sektor zu machen.
Während eine langsame und allmähliche Konjunkturerholung die Erdölpreise seit dem Absturz im März stabilisiert hat, reicht der Anstieg immer noch nicht aus, um die tiefen Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage zu beheben. Autos und Lastwagen kehrten schnell auf die Straße zurück, als die Behörden in diesem Frühjahr die Bewegungsbeschränkungen aufhoben und eine Wiederbelebung des Benzin - und Dieselverbrauchs auslösten. Aber der Flugzeugverkehr erholt sich nur schleppend, was den Absatz von Kerosin oder Düsentreibstoff lähmt.
Die Nachfrage nach Passagierflügen dürfte in diesem Jahr gegenüber 2019 um mehr als die Hälfte zurückgehen, teilte die Organisation der erdölexportierenden Länder (OPEC) letzte Woche mit. Der Kraftstoffverbrauch in der Luftfahrtbranche wird die Werte vor dem Coronavirus erst gegen 2025 übertreffen, sagte die Gruppe in ihrem Jahresbericht über die langfristige Perspektive von Öl.
Angesichts dieser gedrückten Nachfrage aus der Luftfahrtindustrie und einer zweiten Covid-Welle erwägt Saudi-Arabien, die OPEC-Pläne für eine Erhöhung der Ölproduktion Anfang nächsten Jahres ad acta zu legen, berichtete das Wall Street Journal unter Berufung auf hochrangige saudische Ölexperten.
Während des Sommers zog die Gruppe eine erste Produktionserhöhung durch. Die nächste Erhöhung um zwei Millionen Barrel pro Tag sollte im Januar kommen. Ölexperten in Saudi-Arabien sagen nun dem Bericht nach, Riad erwäge eine Verschiebung auf das Ende des ersten Quartals.
Schwache Erholung bei Ölaktien
Aufgrund dieser ernüchternden Nachfrageprognosen bleibt der Ölsektor während der Pandemie einer der schwächsten Marktbereiche. Der Vanguard Energy Index Fund ETF (NYSE:VDE) - zu dessen 10 größten Positionen Exxon Mobil (NYSE:XOM), Chevron (NYSE:CVX) und Phillips 66 (NYSE:PSX) gehören - bleibt weiterhin mehr als 45% unter seinem Niveau vom Jahresanfang, während der markt breitere S&P 500 seine gesamten Verluste vom Einbruch im März wieder ausgeglichen hat.
Als ob die wirtschaftliche Unsicherheit nicht Grund genug wäre, sich von Energieaktien fernzuhalten, besteht für langfristig orientierte Investoren ein zusätzliches Risiko mit der Unsicherheit über die Nachhaltigkeit der Dividendenzahlungen. Ein massiver Umsatzeinbruch im ersten Quartal hat einige der größten Gas- und Ölproduzenten in den USA gezwungen, ihre Ausschüttungen entweder einzufrieren oder zu senken.
Im April senkte Royal Dutch Shell (NYSE:RDSa) seine Dividende zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg und das gleich um 66%. Der Ölfelddienstleister Schlumberger (NYSE:SLB) stampfte seine Dividende um 75% ein, die erste Kürzung seit mindestens vier Jahrzehnten.
Exxon und Chevron gehören zu den Energieriesen, die bisher eine Kürzung ihrer Ausschüttungen vermieden haben. Diese Situation könnte sich jedoch ändern, wenn die Welt einen weiteren Nachfragerückgang sieht oder das Bündnis der OPEC+-Produzenten zur Kontrolle der Versorgung Risse bekommt.
Exxon bietet 10% Dividendenrendite
Bei einem Kurs von 34,63 Dollar zum Börsenschluss am Montag signalisiert die inzwischen zehnprozentige Dividendenrendite von Exxon zweifellos, dass der größte Ölproduzent der USA seine vierteljährliche Dividende von 0,87 Dollar pro Aktie wahrscheinlich nicht aufrechterhalten kann.
Im zweiten Quartal wies Exxon zum zweiten Mal in Folge einen Verlust aus. Das ist das erste Mal in diesem Jahrhundert. Chevron verlor im zweiten Quartal 8,3 Milliarden Dollar und verzeichnete damit den größten Verlust seit mindestens 1998.
Aber nicht jeder ist pessimistisch in Bezug auf Ölaktien. Der Milliardär Carl Icahn, der viel von seinem Vermögen durch Energiespekulationen verdient hat, sagt, der angeschlagene Sektor sei eine attraktive Ecke des Marktes.
Icahn ist massiv an Energieunternehmen wie CVR Energy (NYSE:CVI) und Occidental Petroleum (NYSE:OXY) beteiligt. Er glaubt, dass die Abkehr von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien viel Zeit brauchen wird und "es viel länger dauern wird, als die Leute glauben".
"Natürlich sage ich Ihnen nicht, dass Sie morgen Energieaktien kaufen sollen, aber ... wenn Sie in drei Jahren zurückblicken, könnten Sie sagen: 'Meine Güte, ich hätte diese Energieaktien kaufen können'", sagte er in einem CNBC-Interview.
Trotz dieser Zuversicht bleiben die Anleger in Bezug auf Energiewerte im Allgemeinen bärisch. Laut der Investmentbank Evercore ISI befinden sich die Bestände an Öl- und Gasaktien bei aktive gemanagten Fonds auf einem 15-Jahrestief.
Fazit
Die Ergebnisse für das dritte Quartal bieten den Investoren eine weitere Gelegenheit, ob die Ölfirmen die Talsohle des derzeitigen Abschwungs bereits erreicht haben. Gleichwohl glauben wir nicht, dass Ölaktien ein attraktives Investment für Privatanleger sind.
Bedauerlicherweise sind diese Unternehmen am stärksten anfällig für negativen Gegenwind, unter anderem aufgrund des Überangebots. Selbst wenn sich diese Situation kurzfristig verbessert, bleibt die breit angelegte Umstellung der Wirtschaft auf saubere Energieträger weiterhin eine existenzielle Bedrohung für diese Akteure.