Der Westen will unabhängiger von chinesischen Rohstoffen werden und seine Lieferketten absichern. Doch die Volksrepublik investiert viel in den Bergbau – und hängt westliche Unternehmen reihenweise ab.
Inflation Reduction Act, Critical Minerals Strategy und weitere politische Beschlüsse verfolgen dasselbe Ziel: Die Dominanz Chinas auf wichtigen Rohstoffmärkten zu brechen. Egal ob Nickel, Seltene Erden oder Lithium: Trotz Impulsen für westliche Lieferketten baut Peking seine Dominanz eher aus, als dass die USA und Europa aufholen.
Morgan Bazilian, Direktor des Payne Institute an der Colorado School of Mines, bringt es auf den Punkt: "China steht nicht einfach still und wartet darauf, dass wir aufholen". Das Land investiere "in alle Aspekte der Versorgungskette für kritische Mineralien".
Nickel, Kobalt, Lithium: Unter westlicher Regie nicht profitabel?
Beispiel Nickel: China ist stark in den indonesischen Bergbau mitsamt der nachgelagerten Weiterverarbeitung involviert. Indonesien weitet die Nickelproduktion ungeachtet der gesunkenen Preise massiv aus und gewinnt in rasantem Tempo Marktanteile – die letztlich unter Pekings Kontrolle stehen.
Ganz anders gestaltet sich die Situation im Westen. Der Schweizer Rohstoffriese Glencore (LON:GLEN) stellte zum 01. März die Betriebsmittel für Koniambo Nickel in Neukaledonien ein – finanzielle Unterstützung aus Paris konnte daran nichts ändern. Die Nickelproduktion in dem französischen Überseegebiet gilt schlicht als nicht überlebensfähig.
Das britische Unternehmen Horizonte Minerals wollte eigentlich das Nickelprojekt Araguaia in Brasilien weiterentwickeln. Araguaia sollte zu einer wichtigen westlichen Produktionsstätte für das Batteriemetall werden. Doch die Investoren sprangen im vergangenen Monat ab, Horizonte droht die Insolvenz.
Auch in Westaustralien stehen mehrere Nickelminen vor dem Stopp der Produktion. Down Under hatte das Metall im Februar als kritisch eingestuft und Produzenten einen Rabatt auf die Lizenzgebühren eingeräumt. Doch der durch Indonesien und China ausgelöste Preisverfall macht jeglichen Betrieb unrentabel.
Beispiel Kobalt: Die einzige Kobaltmine in den USA im Bundesstaat Idaho schloss im vergangenen Jahr nur wenige Monate nach ihrer vielbeachteten Eröffnung die Pforten. Die Ursache: Eine Schwemme billigen Kobalts aus Indonesien und der DR Kongo. Darton Commodities schätzt, dass die nicht-chinesische Produktion von veredeltem Kobalt im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand seit 15 Jahren gesunken ist.
Beispiel Lithium: Der Preisverfall des Batterierohstoffs hat nicht nur die Aktienkurse von Produzenten wie Albemarle (NYSE:ALB) auf Talfahrt geschickt, sondern auch zur Verschiebung von Projekten geführt. Der Branchendienst Fastmarkets schätzt, dass der Anteil Lithiumabbaus innerhalb Chinas oder durch chinesische Unternehmen im Ausland von 14 % im Jahr 2018 auf 35 % in diesem Jahr angestiegen ist. Im gleichen Zeitraum ist der Anteil der Lithiumverarbeitung innerhalb Chinas von 63 % im Jahr 2018 auf nunmehr 70 % gestiegen.
Westliche Produzenten wären weniger beunruhigt, ließe sich das Überangebot vor allem auf eine vorübergehende Schwäche der Nachfrage in China zurückführen. Doch die Ausweitung der Rohstoffproduktion trotz sinkender Preise hat System – und ist noch längst nicht am Ende.
China baut weitere Kapazitäten auf
William Adams, Leiter der Researchabteilung für Basismetalle bei Fastmarkets sieht das Problem in der "Art und Weise, wie China vorgeht". Das Land sei dabei, "mehr Kapazitäten aufzubauen, sei es bei Aluminium, Zement oder Nickel".
Die stellvertretende kanadische Premierministerin Chrystia Freeland wurde in vergangenen Monat deutlich im Hinblick auf die vermuteten Ziele Pekings. So sei der Nickelmarkt "überschwemmt" worden. Dies mache Unternehmen in marktwirtschaftlichen Demokratien unwirtschaftlich. ""Wir sind davon überzeugt, dass dieses Verhalten beabsichtigt sein kann, dass es mit dem Ziel geschieht, Unternehmen in unserem Land, in denen unserer Verbündeten, aus dem Geschäft zu drängen", so Freeland.
Chinesische Bergbauunternehmen jedenfalls verfügen über die notwendigen Finanzmittel und scheuen sich nicht vor Investitionen in Ländern wie Mali, Bolivien und Simbabwe, die von westlichen Unternehmen lange als korrupt oder instabil angesehen wurden.
Doch auch in anderen Ländern kommen chinesische Investoren zum Zuge. Zijin Mining (HK:2899) etwa will die Lithiumproduktion in diesem Jahr von einem niedrigen Niveau aus um das 85-fache und im nächsten Jahr um das Fünffache steigern. Das Unternehmen hatte 2022 eine 2015 entdeckte Mine in Argentinien gekauft – die dem kanadischen Unternehmen Neo Lithium gehörte.
Der damalige CEO Konstantin Karayannopoulos will Interessenten aus Japan, Deutschland, den USA, Südkorea und Australien umworben haben. Doch die drei besten Angebote, die das Unternehmen erhielt, stammten von chinesischen Unternehmen, darunter das 750 Mio. USD schwere Angebot von Zijin.