Die Anleger schrauben ihre Erwartungen an das jährliche Symposium der US-Notenbank Fed in dieser Woche zurück, das normalerweise im Ferienort Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming stattfindet, aber wegen des Anstiegs der Covid-Infektionen jetzt nur online durchgeführt wird.
Da der Handel aufgrund der Ferienzeit bereits ausgedünnt ist, bleibt der Markt für US-Staatsanleihen unbeständig und volatil. Am Montag war das Bild gemischt, als die Rendite der US-Referenzanleihe mit 10-jähriger Laufzeit kurzzeitig über 1,28 % stieg, bevor sie am Abend auf 1,25 % zurückging.
Marktstrategen beklagten sich im Vorfeld des Fed-Symposiums über die geringe Handelsaktivität und die fehlende Liquidität am Anleihemarkt.
Alle Hoffnungen auf eine verbindliche Zusage zur Reduzierung der Fed-Anleihekäufe lösten sich indes in Luft auf. Der Grund: die sich immer schneller ausbreitende Delta-Variante des Coronavirus, die die wirtschaftliche Erholung gefährdet.
Der Wachstumsschub, den der am Montag veröffentlichte Economic Activity Index der Chicagoer Fed (Anstieg von minus 0,01 im Juni auf plus 0,53 im Juli) signalisiert, stammt bereits aus einer anderen Zeit. Inzwischen versuchen die Investoren und die Fed-Mitglieder herauszufinden, wie sich der erneute Anstieg der Infektionszahlen auf die Wirtschaft auswirken wird.
Ebenfalls am Montag wurden die Verkaufszahlen für bestehende Eigenheime per Berichtsmonat Juli bekannt gegeben, die im Vergleich zum Vorjahresmonat um 1,5 % stiegen, nachdem sie im Juni um 1,4 % zugelegt hatten. Aber auch dieser Indikator droht zurückzugehen, da die Käufer die Unsicherheit infolge der anhaltenden Pandemie in ihre Überlegungen einfließen lassen.
Delta – nicht die Politik – treibt die Nachfrage nach sicheren Häfen
Die politischen Turbulenzen haben derweil kaum Auswirkungen auf das Marktgeschehen. Vielmehr konzentrieren sich die Anleger ausschließlich darauf, wie die Fed auf Delta reagieren wird.
Der chaotische Abzug der US-Truppen aus Afghanistan und die Machtübernahme durch die Taliban drückten die Zustimmungswerte von Präsident Joe Biden zum ersten Mal in den negativen Bereich, während der Streit unter den Demokraten im Repräsentantenhaus über neue Staatsausgaben die Verabschiedung neuer Gesetze zu blockieren droht.
Nichts davon scheint das Anlegerverhalten wesentlich zu beeinflussen. Vom Fed-Vorsitzenden Jerome Powell – der in den besten Zeiten dazu neigt, eine geldpolitische Taube zu sein – wird nun genau das erwartet und auch dass er in seiner Rede am Freitag ziemlich vage bleibt.
Auch wenn dies die Ökonomen vor ein Rätsel stellt, wirken die Investoren, die die Treasury-Renditen in den letzten Wochen trotz der Anzeichen eines robusten Aufschwungs niedrig gehalten haben, allmählich wie Propheten. Bitcoin-Bullen sehen in den niedrigen Staatsanleiherenditen einen Silberstreif am Horizont. Sie glauben, dass diese Investoren auf der Suche nach höheren Renditen zum Kauf der Kryptowährung und von Gold veranlassen könnten.
Dennoch ermutigte der Anstieg am Montag einige Analysten, für die kommenden Monate höhere Renditen zu prognostizieren, weil sie trotz der Unsicherheit rund um Covid mit einem anhaltenden Aufschwung rechnen.
Anhaltendes Wirtschaftswachstum in Europa
In Europa folgten die Staatsanleihen einem vorhersehbareren Kurs. Der von IHS Markit ermittelte vorläufige Einkaufsmanagerindex für die Gesamtwirtschaft stieg im August weiter an, wenn auch etwas langsamer als im Juli, so dass die Rendite der deutschen 10-jährigen Bundesanleihen zwischenzeitlich um 3 Basispunkte auf minus 0,457 % anstieg.
Die Inflationserwartungen stiegen aufgrund der Aussage der Industrieunternehmen, dass sie mehr für Betriebsmittel zahlen müssen und diese Kosten an die Verbraucher weitergeben. Gleichwohl glauben die europäischen Hersteller, dass diese Preissteigerungen nur vorübergehend sind.