Die sich über das Ende des Zinserhöhungszyklus in vermeintlicher Sicherheit wähnenden Anleger wurden am Donnerstag aus ihrem Wunschtraum gerissen. Laut Fed-Chef Powell habe die Notenbank noch einen langen Weg vor sich und ihre Mitglieder seien nicht davon überzeugt, dass das aktuelle Zinsniveau ausreichend restriktiv ist, um die Inflation erfolgreich zu bekämpfen. Da die Aussagen allerdings nicht signifikant von denen der Vorwoche nach der Fed-Sitzung abwichen, ist mal wieder festzuhalten, dass man Investoren wie Kindern Dinge eben zwei Mal sagen muss, bis sie Inhalt und Konsequenzen verstehen. Hinzu kam, das muss man fairerweise aber auch sagen, dass eine Anleiheauktion in den USA so wenig Nachfrage erfuhr wie lange nicht, was die Renditen schon vor der Rede Powells nach oben trieb.
Die 15.500 wird für den DAX eine harte Nuss
Steigende Zinsen, fallende Aktien – sogleich wurde auch der DAX in seiner Absicht ausgebremst, in Richtung Widerstandszone zwischen 15.500 und 15.600 Punkten zu steigen. Der gefährliche Mix aus geldpolitischer Unsicherheit, schwächelnden Volkswirtschaften und geopolitischen Risiken ist zurück. Auch wenn Israel zu Feuerpausen in Gaza bereit ist, von einem Waffenstillstand ist Nahost noch weit entfernt. Und so bleibt auch das Risiko einer Eskalation des Konflikts hoch und Anleger dürften sich weiter in Zurückhaltung üben.
Berichtssaison im DAX mit mehr Licht als Schatten
In der abgelaufenen Woche öffnete fast die Hälfte der DAX-Unternehmen ihre Bücher. Dabei gab es überwiegend Positives und nur vereinzelt Negatives zu berichten: Ein Gewinner war die Henkel-Aktie (ETR:HNKG). Das Unternehmen hat seine Jahresprognose deutlich angehoben. Um 15 bis 25 Prozent soll der Gewinn im Vergleich zum Vorjahr nun steigen. Ein starkes Ergebnis, was Anleger bereits auf eine höhere Dividende hoffen lässt. Wie bei der Deutschen Telekom (ETR:DTEGn) bereits geschehen, weshalb die vorgelegten Zahlen keine große Euphorie an der Börse mehr auslösten. Und trotz fallender Gewinne bei steigenden Umsätzen im Quartal und damit dem genauen Gegenteil von dem, was Investoren sehen wollen, konnte auch die Allianz-Aktie nach den Zahlen zulegen. Denn die Münchener hielten an ihrer positiven Jahresprognose fest. Diese optimistischen Ausblicke sollten Anlegern Mut machen, dass mit dem berühmten Stockpicking und mit Blick auf Dividendenzahlungen auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten gute Renditen an der Börse zu erzielen sind.
Arm Holdings (NASDAQ:ARM) kann nicht von Chip-Euphorie profitieren
Wer jüngst Stockpicking allerdings mit der Aktie des britischen Chipherstellers Arm Holdings betrieben hat, hat sich verkalkuliert. Denn das Unternehmen, das erst vor kurzem unter sehr viel Aufmerksamkeit an die Börse gegangen ist, konnte mit der ersten Bilanz nicht überzeugen. Grund dafür war vor allem die Zahl unter dem Strich, denn da stand ein Verlust von 114 Millionen Dollar für das abgelaufene Quartal. Die Aktie brach in einer ersten Reaktion um fast zehn Prozent ein, konnte sich dann wieder etwas erholen. Aber es bleibt ein Paradox für viele Anleger, denn der Chipmarkt, der sich in Zeiten von Künstlicher Intelligenz zuletzt noch vor einer Nachfrage nach immer höheren Rechenleistungen und damit Chips kaum retten konnte, zeigt scheinbar erste Bremsspuren.
Was passiert in der kommenden Woche?
„Höher für länger“ – wie lange die Zinsen noch hoch bleiben oder ob sie gar noch einmal von der US-Notenbank Fed erhöht werden, dafür gibt es sicherlich als Höhepunkt der kommenden Woche am Dienstag eine Indikation in Form der US-Verbraucherpreisdaten für den Oktober. Vor einem Monat hatten überraschend starke Zahlen für neue Unsicherheit über den geldpolitischen Kurs der Fed gesorgt. Der Markt war von einem Rückgang ausgegangen, doch dann stiegen die Preise um 3,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und damit etwas stärker als erwartet. Setzt sich der Trend nach oben nun weiter fort, wäre dies eine Bestätigung für Powells jüngste Einschätzungen und für die Börse sicherlich ein Grund, ihr Wunschszenario nicht weiter steigender Zinsen zu überdenken. Am Mittwoch folgen dann Konjunkturdaten aus China und die Erzeugerpreise aus den USA. Die Woche hat also durchaus das Potenzial, darüber zu entscheiden, ob Anfang November die Jahresendrally im DAX gestartet wurde oder ob wir für den Rest des Jahres mit einem erneuten Test der Tiefs bei 14.600 Punkten rechnen müssen.
DAX – aktuelle Unterstützungen und Widerstände:
Unterstützungen: 15.250/15.200 + 15.150/15.100 + 15.050/15.000
Widerstände: 15.300/15.350 + 15.450/15.500 + 15.600/15.650
Dieser Artikel stammt von RoboMarkets.