Bernd Raschkowski hat seinen Lesern des Börsenbriefs „Allstar-Trader“ in der gestrigen Wochenausgabe berichtet, dass der DAX in den vergangenen drei Tagen Kursverluste verbuchen musste. „Die Aufschläge von letztem Freitag sind damit wieder ausgelöscht worden. Der DAX hängt somit weiterhin in seiner Korrektur fest“, so seine Einschätzung.
Aktueller Ausbruchsversuch der Bullen vorerst gescheitert
Und diese deckt sich mit meiner DAX-Analyse, die ich regelmäßig für die Leser des Chartanalyse-Dienstes „Target-Trend-Spezial“ vornehme. Zu folgendem Chart hatte ich gestern geschrieben, dass es für die potentielle Ausbruchsbewegung vom Freitag problematisch wird, „wenn die Rechteckgrenze bei 19.261 Punkten unterschritten wird. Dann setzt sich scheinbar das wilde Auf und Ab fort“. Und da der deutsche Leitindex gestern sogar bis zur Rechteckgrenze bei 19.145 Zählern gefallen ist, sieht es genau danach aktuell aus.
Das wilde Auf und Ab begann mit dem neuen Hoch vom 17. Oktober. Auf dieses folgte zunächst eine einfache ABC-Korrektur, die anschließend durch dynamische Auf- und Abwärtswellen immer komplexer wurde. Durch die vielen Überschneidungen hat sich aber kein impulsiver Abwärtstrend etabliert, sondern eine volatile Konsolidierung, die man durchaus als trendbestätigend betrachten kann.
Schwung holen für den zweiten Ausbruchsimpuls?
Doch entscheidend ist, in welche Richtung der DAX am Ende aus dieser Konsolidierung ausbricht. Und durch den Kursanstieg vom Freitag sah es so aus, als würde der Ausbruch nach oben erfolgen. Doch der DAX ist genau an der Abwärtslinie abgeprallt, die Bernd Raschkowski seinen Lesern schon vor einiger Zeit als wichtigsten Widerstand genannt hatte (dick rot im folgenden Chart, siehe roter Pfeil).
Ich hatte im Target-Trend-Spezial hingegen bislang eine andere Abwärtstrendlinie auf dem Schirm (dünn rot). Diese wurde mit dem Kursanstieg vom Freitag gebrochen. Und gestern hat der DAX von oben auf die Linie zurückgesetzt (siehe grüner Pfeil), die dabei idealtypisch nach ihrem Bruch als Unterstützung gedient hat. Sie hat also offensichtlich auch eine Relevanz.
Und nun kommt es auf Folgendes an: Kann der DAX die dünne Linie verteidigen und wieder zulegen, wäre der bullishe Bruch dieser Linie von oben getestet und bestätigt. Gelingt bei dem erneuten Anstieg der Bruch der dicken Abwärtstrendlinie, scheint sich damit doch noch ein Ende der Konsolidierung abzuzeichnen.
Bestätigt wird dies, wenn das Tageshoch vom Montag überschritten wird. Denn dann liegen im kurzfristigen Bereich ein höheres Tief und ein höheres Hoch und somit eine Trendwende vor. Auf dieser könnten die Bullen dann weiter aufbauen und den DAX auf ein neues Rekordhoch treiben, mit dem die Konsolidierung dann endgültig beendet wäre.
Vor- und Nachteile einer ausgedehnten Konsolidierung
Wenn das gelingt, setzt sich damit das bullishe Elliott-Wellen-Szenario fort, wonach die Konsolidierung lediglich Bestandteil einer Welle 3 ist. Durch die Dauer der Konsolidierung bestehen an diesem Szenario allerdings Zweifel. Denn eine Welle 3 verläuft normalerweise recht dynamisch nach oben. Sie zeichnet sich also durch eine deutliche Stärke der Bullen ab. Von dieser Stärke ist aber angesichts der langen Konsolidierung nichts zu sehen. Sie kann also als Schwäche interpretiert werden.
Die Dauer der Konsolidierung hat aber nicht nur Nachteile, sondern auch Vorteile. Denn eine Art Schulter-Kopf-Schulter-Formation (SKS, blau im Chart oben) ist durch die Ausdehnung der vermeintlichen rechten Schulter nach rechts kaum noch realistisch, weil es längst an der nötigen Symmetrie fehlt. Außerdem wird ein überkaufter Zustand, der im DAX durch den zuvor starken Anstieg herrschte, umso mehr abgebaut, je länger eine Konsolidierung andauert.
Fazit
Die Bullen haben also derzeit gute Argumente für ihre Annahme, dass es mit dem DAX bald weiter nach oben geht. Die Bären haben aber ebenso gute Argumente, dass die Rally vorerst vorbei ist und womöglich noch ein größerer Rücksetzer bevorsteht. Daher sollte man vielleicht einfach auf klare Signale warten, in welche Richtung der DAX am Ende aus dieser Konsolidierung ausbricht.
Börse wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich
Ich erinnere mich derweil an eine Marktphase, in der es am Ende zu einer größeren Korrektur kam, nachdem der DAX auf hohem Niveau wild auf und ab pendelte. Das geschah Ende 2021 / Anfang 2022, übrigens innerhalb des (grünen) Aufwärtstrendkanals, in dem sich der DAX auch aktuell noch befindet.
Und 2010/2011 hatten wir einen ganz ähnlichen Verlauf:
Und ebenso 2007/2008:
Damals dauerten die Konsolidierungen allerdings mehrere Monate. Insofern ist das mit der aktuellen Situation nicht 1:1 vergleichbar. Aber Börse wiederholt sich auch nicht, sie reimt sich aber häufig.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus