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Der Kampf der EZB gegen Deflation wird noch Monate anhalten

Veröffentlicht am 03.07.2014, 15:00

Zinssenkung auf ein neues Rekordtief, erstmals Strafzinsen für Banken und milliardenschwere Geldspritzen, um die Kreditvergabe in den Krisenländern anzukurbeln. Aus diesen Komponenten bestand das Feuerwerk der Geldpolitik, welches die Europäische Zentralbank (EZB) auf der letzten Notenbanksitzung Anfang Juni zündete. Knapp vier Wochen später entscheidet am morgigen Donnerstag der EZB-Rat abermals über den geldpolitischen Kurs.

Wirkung der EZB-Maßnahmen wird abgewartet

Derart spektakuläre Beschlüsse wie beim letzten Mal sind nun nicht zu erwarten. Zumal wichtige Teile des Pakets wie die beiden insgesamt 400 Milliarden Euro schweren Geldspritzen gegen die Kreditklemme in Südeuropa zwar bereits beschlossen sind, aber erst in den nächsten Monaten in die Märkte injiziert werden.

Daher wird die EZB erst einmal abwarten und die Daten der kommenden Wochen beobachten, um die tatsächliche Wirkung der bisherigen Maßnahmen genau einschätzen zu können. Denn über Erfahrungswerte aus der Vergangenheit verfügt die Notenbank aufgrund der Einmaligkeit einzelner Beschlüsse (negativer Einlagezins) nicht.

Inflation bleibt in Mai und Juni auf sehr niedrigem Niveau

Auf die Inflation, das eigentliche Ziel der EZB, haben die Aktionen bislang zumindest noch nicht durchgegriffen. In der Eurozone lag die Jahresrate der Konsumentenpreise im Mai nur bei 0,5 Prozent (April: 0,7 Prozent). Das ist neben dem März-Wert der niedrigste Stand seit Herbst 2009. Die monatliche Inflationsrate betrug sogar nur -0,1 Prozent.

Entwicklung der Inflation im Euroraum und der EUDAX - kurzfristige Elliott-Wellen-Analyse
(Quelle: Eurostat)

Die Daten der Statistikbehörde Eurostat zeigen zudem, dass die Kernrate (ohne Energie und unverarbeitete Lebensmittel) mit 0,8 Prozent zwar den zweitniedrigsten Wert seit dem Bestehen der EZB im Jahr 1999 aufweist (nach Februar 2010: 0,7 Prozent), die Kernrate damit aber oberhalb der Gesamt-Inflation liegt. Dies war im Oktober 2013 das erste Mal seit dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise wieder der Fall und hat sich zuletzt verstärkt.

Kerninflation höher als Inflation
(Quelle: Statista)

Die erste Schnellschätzung von Eurostat für die Inflation im Juni geht von einem unveränderten Wert aus. Auch hier soll die jährliche Preisrate im Euroraum also bei nur 0,5 Prozent liegen.

Rückgang der Erzeugerpreise der Industrie

Hinzu kommt, dass auch die Erzeugerpreise der Industrie im Mai sowohl im Euroraum als auch in der EU28 im Vergleich zum Vormonat April um 0,1 Prozent gefallen sind. Bereits im April waren die Preise in beiden Gebieten um 0,1 Prozent zum Vormonat gesunken.

Verheerender ist aber sogar noch der Blick auf die Jahresrate. Hier gingen die Erzeugerpreise der Industrie im Mai 2014 gegenüber Mai 2013 im Euroraum um ganze 1,0 Prozent und in der EU um 0,9 Prozent zurück.

Erzeugerpreise im Euroraum und der EU

Das Problem dabei ist, dass sich die Preisentwicklung auf Ebene der Erzeuger meist zeitversetzt auf die Verbraucherpreise auswirken. Entsprechend muss man mit einem anhaltenden Druck auf die Inflation rechnen, was der EZB gar nicht gefallen dürfte.

Vor diesem Hintergrund sollte jedem klar sein, warum es die EZB nicht bei einer einfachen Zinssenkung belassen hat, sondern weitere Maßnahmen beschloss, die erst in den kommenden Monaten ihre Wirkung entfalten. – Der Kampf gegen die Deflation wird sich noch über Monate hinziehen.

Das Problem der Inflation wird durch den Geld- und Kreditmarkt verschärft

Und das Problem der Inflation wird durch die mangelnde Kreditvergabe sowie das geringe Wachstum der Geldmenge noch verschärft. Denn wenn die Banken keine Kredite vergeben und das Geld der EZB damit nicht im Wirtschaftskreislauf ankommt, kann keine Inflation entstehen. Dass dies derzeit so ist, belegen folgende Zahlen:

Das Wachstum der Buchkredite an den privaten Sektor in der Eurozone enttäuschte im Mai erneut mit einer Schrumpfung um 2,0 Prozent (April: -1,8 Prozent). Im gleitenden Dreimonatsdurchschnitt März bis Mai 2014 lag der Rückgang der Buchkredite ebenfalls bei 2,0 Prozent. Immerhin ist hier eine minimale Verbesserung zu sehen, denn im Zeitraum Januar bis März 2014 bzw. November 2013 bis Januar 2014 lagen die entsprechenden Dreimonatsdurchschnitte bei der Kreditvergabe an den privaten Sektor noch bei -2,2 bzw. -2,3 Prozent.

Die Jahreswachstumsrate der weit gefassten Geldmenge M3 konnte im Mai nur leicht auf 1,0 Prozent zulegen, nach 0,7 Prozent im April. Der Dreimonatsdurchschnitt der Jahresänderungsraten von M3 im Zeitraum von März bis Mai 2014 lag bei 0,9 Prozent, verglichen mit 1,0 Prozent in der Zeit von Februar bis April 2014.

In dem Juni-Monatsbericht der EZB hieß es folgerichtig: „In den letzten Monaten war zwar eine Stabilisierung des Kontraktionstempos zu verzeichnen, bislang gibt es aber noch keine eindeutigen Anzeichen einer Trendwende.“.

Den Worten Draghis gilt erhöhte Aufmerksamkeit

Zwar werden morgen, wie oben beschrieben, keine neuen Maßnahmen der EZB erwartet, doch sollte man den Worten Draghis vor dem Hintergrund der hier genannten Daten, die aktuell im Fokus der EZB-Maßnahmen stehen, erhöhte Aufmerksamkeit schenken. Ein Hinweis auf mehr Liquidität könnte noch einmal etwas beflügeln. Doch ich wiederhole unsere Aussage vom 25. Juni: „Die Kurse können sich nicht ewig von der Realwirtschaft abkoppeln.“

US-Arbeitsmarktbericht steht etwas im Schatten der EZB

Aufgrund des Feiertags in den USA am kommenden Freitag wird der monatliche US-Arbeitsmarktbericht in dieser Woche nicht wie sonst üblich am Freitag sondern bereits morgen veröffentlicht. Doch dieser dürfte ein wenig im Schatten der EZB-Sitzung stehen. Dennoch sollte man auch diese Daten, die morgen um 14:30 Uhr veröffentlicht werden, genau verfolgen.

Angst vor frühzeitiger Zinsanhebung der Fed kann den Aktienmarkt belasten

Einige Anleger haben jüngste Kommentare der Federal Reserve dahin gedeutet, dass die Wirtschaft anspringt. Der Präsident der regionalen Notenbank von St. Louis, James Bullard, rechnet daher bereits Ende des ersten Quartals 2015 mit der ersten US-Zinsanhebung seit 2006. Sollten die Arbeitsmarktdaten stark ausfallen, könnten sich die Befürchtungen der Anleger vor einer früheren Zinsanhebung der Fed verstärken und dies den Aktienmarkt belasten.

Der Beschäftigungsbericht des Personaldienstleisters ADP, der eine Schätzung über die im Juni neugeschaffenen Stellen in der Privatwirtschaft der USA abgibt und damit ein solider Vorlaufindikator für die morgigen offiziellen Arbeitsmarktdaten darstellt, lieferte heute schon mal ein Signal in diese Richtung. Denn demnach ist die Zahl der privat Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft in den USA im Juni um stolze 281.000 gestiegen, nach „nur“ 179.000 im Vormonat.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Sven Weisenhaus

(Quelle: Geldanlage-Brief, Ausgabe vom 02.07.2014, Autor: Sven Weisenhaus)

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