Der in der vergangenen Woche angekündigte Börsengang von Robin Hood hat auch die Brokerlandschaft hierzulande in den Fokus der Anleger gerückt. Die Bewertungen von Robin Hood lassen Anleger auch vom Kursanstieg der Broker-Aktien in Deutschland träumen.
Warum viele Deutsche noch immer dem Sparbuch die Treue halten, ist angesichts der Niedrig- und Negativzinsen kaum nachvollziehbar. Doch allmählich ändert sich die Einstellung, vor allem junge Anleger engagieren sich über die jungen Neobroker, die einen (fast) kostenlosen Aktienhandel anbieten. Der Corona-Crash von 2020 hat dabei die Wende eingeleitet, aber auch die einfachen Tradinganwendung über Apps, die an Computerspiele erinnern haben ihren Teil zum Boom beigetragen.
Im vergangenen Jahr sollen allein bei den Onlinebrokern rund 1,5 Millionen neue Depots eröffnet worden sein und damit so viele wie nie zuvor. Knapp 8 Millionen Deutsche sollen erstmals Aktien, ETFs oder Fonds gehandelt haben. Das hat naturgemäß zahlreiche neue Broker an den Markt gebracht, die vom gestiegenen Börseninteresse profitieren wollen. Die hohen Abrufzahlen bei den Trading-Apps geben ihnen Recht, zuletzt überraschten auch die Quartalsergebnisse der Broker positiv und ihre Aktienkurse schnellten nach oben.
Smartbroker mit deutlicher Steigerung
Bei Smartbroker, einem der starken Neulinge am Brokerhimmel, profitiert zugleich die Betreibergesellschaft wallstreet:online capital (DE:WSO1k). Wallstreet-Online selbst ist ebenfalls an der Börse gelistet, der Kurs legte seit November um 150 Prozent zu. Zum Unternehmen gehört auch ein Verlagshaus, doch die Kursfantasie dürfte vor allem aus dem Brokergeschäft gezogen werden. „Der größte Wachstumstreiber im Unternehmen ist nach wie vor der Smartbroker. Allein das Kundenvermögen der Smartbroker-Nutzer beläuft sich aktuell auf mehr als 2,7 Milliarden Euro. Seit August 2020 konnte dieser Wert annähernd verdreifacht werden“, erklärt Thomas Soltau, Vorstand von wallstreet:online capital.
Mit ihrem Auftritt und breiten Angebot ist Smartbroker der größte unter den Neo-Brokern, die zuletzt an den Markt gekommen sind und den Platzhirschen flatexDegiro herausfordern. Zum Vergleich: Der Börsenwert von fast 300 Mio. Euro von Smartbroker birgt noch Potenzial, wenn man auf die Bewertung von flatexDegiro (DE:FTKn) schaut, die auf einen Börsenwert von rund 2,2 Mrd. Euro kommen.
Weiteres Wachstum möglich
Eine andere Orientierung für die Bewertung des deutschen Brokermarktes bieten auch die Zahlen der Banken, die die Plattformen im Hintergrund betreiben. 600 Prozent Kursgewinn hat etwa die Baader Bank in den vergangenen 12 Monaten erzielt. Die Münchner betreiben im Hintergrund die Depotführung beim Neo-Broker Scalable. Der Gewinn vor Steuern schoss von 68.000 Euro auf rund 56 Mio. Euro nach oben und bewegt sich damit in Ertragsregionen, die zuletzt Ende den 1990iger Jahre erzielt wurden.
Rund 350 Mio. Euro Börsenwert bringt der Finanzdienstleister auf die Waage, mit 410 Mio. Euro ist Wettbewerber Lang und Schwarz etwas weniger wert. Die Düsseldorfer wickeln mit ihrer L&S Exchange die Aufträge von Trade Republic, Smartbroker und JustTrade ab. Noch mehr Kursfantasie bietet ein Blick über den großen Teich auf den Neobroker Robinhood, der bei der US-Börsenaufsicht SEC nun seinen Börsengang offiziell beantragt hat. Laut dem Analysten David Ritter von Bloomberg Intelligence könnte das Unternehmen bei einem Börsengang bis zu 40 Milliarden Dollar wert sein, basierend auf den börslichen Transaktionen. Das wäre mehr als die 11,7 Milliarden Dollar, die das Unternehmen letztes Jahr bei einer privaten Finanzierungsrunde wert war. Auch wenn die USA ein größerer Brokermarkt sind, zeigen die Bewertungen, dass die deutschen Anbieter bei solchen Zahlen von Robinhood noch viel Luft nach oben haben.