Die große Frage, vor der die Fed steht, ist, ob sie den Leitzins am 22. März 2023 um 25 oder 50 Basispunkte anheben soll. Wenn Jerome Powell auf unseren Rat hören würde, würden wir ihm raten, den umgekehrten Weg wie Präsident Theodore Roosevelt zu gehen. Sprich lauter, denn dein Knüppel ist nicht mehr so groß.
Präsident Roosevelts "Diplomatie des großen Knüppels" prägte seinen außenpolitischen Führungsstil. Er vertrat die Ansicht, dass die USA mit Verbündeten und Feinden friedlich (sanft) verhandeln sollten, aber auch bereit sollten, hart (mit einem Knüppel) zuzuschlagen, wenn es nötig war.
Nachdem die Fed die Zinssätze in einem kurzen Zeitraum und in einer stark verschuldeten Wirtschaft um über 4 % angehoben hat, verfügt sie nicht mehr über den großen Knüppel von früher. Daher muss es eine Priorität sein, die Stimme mit einer restriktiven Rhetorik und Entschlossenheit kräftig zu erheben.
Aktueller geldpolitischer Kurs
Die US-Notenbank hat im letzten Jahr ihren große Zinsknüppel geschwungen, um die Wirtschaft zu bremsen und die Inflation zu zügeln. Ihre geldpolitischen Maßnahmen sind aggressiver als alles, was wir in den letzten vierzig Jahren gesehen haben, haben sich aber bisher als weitgehend erfolglos erwiesen.
Das folgende Schaubild zeigt die Fed Funds Rate (blau) und ihre 12-monatige Änderungsrate (orange). Aus der gestrichelten orangefarbenen Linie geht hervor, dass die aktuelle 12-Monats-Änderungsrate der Fed Funds Rate doppelt so hoch ist wie in jedem anderen Zeitraum seit 1981.
Die US-Leitzinsen liegen derzeit bei 4,50 % und werden in den kommenden Monaten aller Voraussicht nach auf 5,25 % steigen.
Trotz der kräftigen Zinserhöhungen befindet sich die Arbeitslosenquote nach wie vor auf dem niedrigsten Stand seit 50 Jahren, und das Bruttoinlandsprodukt BIP liegt über der natürlichen Wachstumsrate. Der Verbraucherpreisindex scheint seinen Höchststand erreicht zu haben, allerdings warnen die jüngsten Inflationsindikatoren, dass er auf einem höheren Niveau verharren könnte als von der Fed gewünscht. Auch wenn die Wirtschaft robust und die Inflation zu hoch erscheint, kann sich beides schnell ändern, wenn die sogenannte Leverage Tax zum Tragen kommt.
Die Leverage Tax
Wir verwenden den Begriff "Leverage Tax", um die Kosten der Zinsausgaben für die Wirtschaft zu beschreiben. Um dieses Konzept besser zu verstehen, denken Sie an den Kauf eines Autos auf Kredit. Der ursprüngliche Kauf wird Ihren Verbrauch zum betreffenden Zeitpunkt erheblich steigern. Die monatliche Zahlung für den Kredit reduziert jedoch die Menge der Güter und Dienstleistungen, die Sie konsumieren können, bis der Kredit getilgt ist, Ihr Einkommen steigt oder Sie eine Umschuldung zu einem niedrigeren Zinssatz vornehmen können. Der Kredit schränkt Ihre Möglichkeiten zum Geldausgeben ein.
Aus makroökonomischer Sicht ist die Leverage Tax eine Funktion des Gesamtbetrags der Verschuldung im System, des Zinssatzes für diese Schulden und des BIP. In der nachstehenden Tabelle wird die aktuelle Höhe der systemweiten Verschuldung mit der des Jahres 2000 verglichen.
Wie man sieht, ist die Verschuldung heute auf das 2,75-fache des Volumens der Wirtschaft angestiegen und hat in den letzten 20 Jahren erheblich zugenommen. Während die Verschuldung im Verhältnis zum BIP gestiegen ist, ist die Leverage Tax nicht annähernd so stark gestiegen.
Seit dem Jahr 2000 ist die Gesamtverschuldung um 264 % explodiert, der Zinsaufwand für die Schulden jedoch nur um 40 %. Das ist die Magie der sinkenden Zinssätze.
Wie man in der nachfolgenden Abbildung sieht, sind die Zinssätze seit 2000 erheblich gesunken. Eine höhere Verschuldung hat die Wirtschaftstätigkeit angekurbelt, die künftige finanzielle Belastung jedoch nicht wesentlich erhöht.
Der Zauber ist verflogen
Die Zinssätze steigen jetzt allerdings schnell, und die Leverage Tax wird folgen. Die vorstehende Tabelle veranschaulicht die zunehmende Belastung.
In der Tabelle wird geschätzt, wie viel eine Erhöhung des Zinssatzes um 1 % die Wirtschaft in Prozent des BIP kostet. Bevor Sie in Panik geraten, sollten Sie bedenken, dass die meisten Schulden auf einem festen Zinssatz beruhen. Daher wird es einige Zeit dauern, bis sie ein höheres Niveau erreichen.
Wir verwenden die Rendite der 5-Jahres-Treasury als Näherungswert für die Zinssätze, um zu ermitteln, wie höhere Zinssätze die Konjunktur über die Zeit dämpfen werden. Die Rendite der fünfjährigen Treasury beträgt derzeit 4,25 % und liegt damit etwa 2,50 % über ihrem Durchschnitt der letzten 12 Jahre von 1,75 %. Die meisten fällig werdenden Schulden wurden aufgenommen, als die Zinssätze unter 2 % lagen.
Wenn nur 20 % der Schulden in diesem Jahr fällig werden und verlängert werden, könnten sich die zusätzlichen Zinskosten auf 1,38 % des BIP belaufen. Der Prozentsatz wird weiter steigen, da mehr Schulden fällig werden und zu höheren Zinssätzen neu festgelegt werden.
Der Prozess, bei dem höhere Zinssätze die Wirtschaft langsam, aber zunehmend schwächen, wird als Verzögerungseffekt bezeichnet.
HOPE und der Verzögerungseffekt
In einem separaten Artikel greifen wir auf das HOPE-Modell zurück, um zu zeigen, wie höhere Zinssätze Zeit brauchen, um auf die Wirtschaft durchzuschlagen. Das HOPE-Modell von Michael Kantro, Chief Investment Strategist von Piper Sandler, stützt sich auf die Bereiche Housing ("Wohnen"), New Orders (ISM), Corporate Profits ("Unternehmensgewinne") und Employment ("Beschäftigung").
In dem Artikel heißt es u.a.:
Die erste Zinserhöhung der Fed am 17. März 2022 belief sich auf 0,25 %. Wenn man davon ausgeht, dass es ein Jahr oder länger dauert, bis sich die Auswirkungen einer Zinserhöhung in vollem Umfang bemerkbar machen, ist die erste, relativ geringe Zinserhöhung noch nicht voll spürbar. Nach März 2022 gab es sieben weitere Zinserhöhungen um insgesamt weitere 4,25 %.
Im Folgenden gehen wir von einigen Annahmen aus, um zu zeigen, wann sich frühere Zinserhöhungen uneingeschränkt auf die Wirtschaft auswirken werden. Zinserhöhungen dürften sich mit den folgenden Verzögerungen auf die Wirtschaft auswirken:
- 25 % im ersten Monat
- 50 % innerhalb von drei Monaten
- 75 % innerhalb von neun Monaten
- 85 % innerhalb von fünfzehn Monaten
- 100 % innerhalb von zwei Jahren
Die Annahmen zu den Verzögerungen sind Schätzungen und eher konservativ. Es geht nicht darum, das Unmögliche zu quantifizieren, sondern darum, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass Zinserhöhungen nicht sofort wirken. Wie die nachstehende Grafik zeigt, liegt der Leitzins Mitte März bei 4,50 %. Der verzögerte effektive Leitzins dürfte jedoch um etwa 2 % niedriger liegen.
Es ist an der Zeit, dass die Fed die Kontrolle über die finanziellen Bedingungen übernimmt
Die Fed hat die Leitzinsen bereits deutlich angehoben. Aber es sieht so aus, als ob die Fed nur etwa die Hälfte von dem getan hätte, was sie wirklich getan hat. Der nachlaufende Leitzins zieht rapide an und wird sich erheblich auf die Wirtschaft auswirken.
Will Powell die Belastung für die Wirtschaft von morgen noch weiter vergrößern? Oder will er warten, bis frühere Zinserhöhungen ihre volle Wirkung entfalten?
Bei unseren Überlegungen zu dieser Frage sollten wir bedenken, dass die Hebelwirkung im System enorm ist und dass höhere Leitzinsen erhebliche finanzielle Schwierigkeiten nach sich ziehen können. Folglich sollte Jerome Powell darauf abzielen, die Inflation mittels schwächerer "finanzieller Bedingungen" zu kontrollieren, da es immer gefährlicher wird, den Fed Funds-Knüppel zu schwingen.
Die Finanzmärkte sind ein wichtiges Mittel, um die Geldpolitik auf die Wirtschaft im weitere Sinn zu übertragen. So werden höhere Aktienkurse, die Powell als "ungerechtfertigte Lockerung der finanziellen Bedingungen" bezeichnet, die von einer geldpolitisch zahmen Fed angetrieben werden, die Inflation weiter anheizen und die Fed zwingen, ihren aggressiven Pfad weiter zu verfolgen.
Wenn Jerome Powell und die Fed ihren sehr aggressiven Ton beibehalten und über einen längeren Zeitraum mit höheren Zinsen drohen, könnte der Aktienmarkt nachgeben und die finanziellen Bedingungen straffen. Ein lautes und hawkishes Auftreten würde die Bemühungen der Fed unterstützen, die Inflation einzudämmen, ohne eine weitere finanzielle und wirtschaftliche Katastrophe zu riskieren.
Fazit
Der Weg in die Zukunft ist für die Fed mit erheblichen Risiken behaftet. Einerseits besteht die Gefahr, dass sie in Bezug auf die eigentliche Politik zur Normalisierung der Inflation nicht genug tut. Andererseits könnten die Notenbanker die Zinsen zu stark anheben und eine Finanzkrise auslösen.
In Anbetracht der verzögerten Wirkung früherer Zinserhöhungen und der massiven Verschuldung der Wirtschaft ist unser Rat an Jerome Powell, sich sehr lautstark zu äußern, aber nur begrenzte weitere Maßnahmen in Bezug auf Zinserhöhungen zu ergreifen. Wenn Powell unseren Rat befolgt und ein kräftiges Wort spricht, könnte der Aktienmarkt auf die Tiefststände vom Oktober letzten Jahres oder sogar noch tiefer zurückkehren. Unabhängig davon, ob solche Maßnahmen ergriffen werden, wird das Gerede von mehr quantitativer Straffung und höheren Leitzinsen die Anleger verschrecken.
Wenn wir uns in Powells Lage hineinversetzen und die von ihm zu treffenden Entscheidungen abwägen, können wir besser einschätzen, was die Zukunft bringen wird.