Es war ohne Frage eine der wichtigsten Wochen des Jahres: Die Entscheidung und Pressekonferenz der US-Notenbank Fed vom Mittwoch hatte bereits im Vorfeld Auswirkung auf die Märkte und wirkt sicherlich auch noch nach. Gleiches gilt für das am Donnerstag in Schottland durchgeführte Referendum, welches nicht nur im Fokus der Börsen stand, aber insbesondere die Devisenmärkte bewegte. Ebenfalls am Donnerstag gab die Europäische Zentralbank (EZB) die Ergebnisse des ersten neuen Langfristtenders (TLTRO) bekannt, was die Märkte aber augenscheinlich kalt ließ. Und der Börsengang des chinesischen Onlinehändlers Alibaba sowie der September-Verfallstag beherrschten am Freitag die Kurse und Nachrichten. Doch der Reihe nach:
Notenbank Fed beließ den Leitzins wie erwartet unverändert
Die amerikanische Notenbank hat wie erwartet den Leitzins ("Fed Funds Rate"), der bereits seit mittlerweile sechs Jahren (seit Sommer 2006) in einer Spanne von 0 bis 0,25 Prozent liegt, unverändert belassen. Der Zinsbeschluss erfolgte mit acht zu zwei Stimmen. Gleichzeitig wurden Zinserhöhungen zumindest vorerst auf die lange Bank geschoben: Der Passus "Considerable Time" blieb im Statement erhalten, was bedeutet, dass der Leitzins "beträchtliche Zeit" niedrig bleibt.
Anleihekäufe wurden wie erwartet um 10 Mrd. US-Dollar reduziert
Die Anleihekäufe werden derweil um weitere 10 Mrd. auf nun noch 15 Mrd. US-Dollar pro Monat weiter reduziert. Im Oktober (Zusammenkunft am 28. und 29.10) sollen sie vollständig beendet werden.
Gestartet war die mittlerweile dritte Kaufrunde von Staatsanleihen und Hypothekenpapieren (QE3) im Herbst 2012. Die Bilanzsumme der Fed hat sich dadurch von 900 Milliarden Dollar vor der Krise auf ca. 4,5 Billionen Dollar verfünffacht.
Yellen betonte, dass die Fed nach dem Ende des QE-Programms keine Verkäufe von Anleihen plant und daher die Reduzierung der Fed-Bilanz auf ein normales Niveau wohl erst zum Ende des Jahrzehnts zu erwarten sei.
Fed-Projektionen wurden leicht angepasst
Die Projektionen zum Wirtschaftswachstum, zur Inflation und zur Arbeitslosenrate wurden jeweils leicht angepasst, so dass sich aus Sicht Janet Yellens daraus keine Änderung der geldpolitischen Strategie ergibt.
Fed-Projektionen zum Wirtschaftswachstum:
2014: 2,0-2,2% nach zuletzt 2,1-2,3%
2015: 2,6-3,0% nach zuletzt 3,0-3,2%
2016: 2,6-2,9% nach zuletzt 2,5-3,0%
Fed-Projektionen Inflationsrate:
2014: 1,5-1,7% nach zuletzt 1,5-1,7%
2015: 1,6-1,9% nach zuletzt 1,5-2,0%
2016: 1,7-2,0% nach zuletzt 1,6-2,0%
Fed-Projektionen Arbeitslosenrate:
2014: 5,9-6,0% nach zuletzt 6,0-6,1%
2015: 5,4-5,6% nach zuletzt 5,4-5,7%
2016: 5,1-5,4% nach zuletzt 5,1-5,5%
Die Erholung am Arbeitsmarkt sehen die Notenbanker noch kritisch. Yellen betonte auf der Pressekonferenz, dass die Ressourcen am Arbeitsmarkt bei weitem noch nicht ausgeschöpft seien.
Märkte hinken der Fed in der Erwartung noch hinterher
Den Leitzins sieht die Fed derweil Ende 2015 bei 1,375 Prozent (zuletzt 1,125 Prozent) und 2016 bei 2,875 Prozent nach 2,5 Prozent. Für Ende 2017 wird eine Fed Funds Rate in der Nähe vom „neutralen“ Zins von 3,75 Prozent unterstellt. Daraus geht hervor, dass die geldpolitischen Zügel nächstes Jahr wohl stärker anziehen werden als erwartet. Die Märkte rechneten bislang damit, dass die Zinswende erst Mitte 2015 kommen wird.
Schottland bleibt Teil Großbritanniens
Kommen wir von den USA nach Europa: Am Donnerstag entschieden Befürworter und Gegner in einem verbindlichen Referendum über die Frage „Should Scotland be an independent country?“. Dem am Freitagmorgen veröffentlichten Endergebnis zufolge haben sich 55,3 Prozent der Schotten gegen eine Abspaltung ausgesprochen. Rund 2,0 Millionen Wähler sagten demnach am Donnerstag „Nein“ auf die Frage, ob Schottland unabhängig werden soll, 1,6 Millionen stimmten mit „Ja“.
Geringe Nachfrage nach neuer EZB-Geldspritze
Gemäß Notenbankchef Mario Draghi plant die EZB in den kommenden Monaten durch die längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO bzw. GLRG) und den Aufkauf von ABS sowie Covered Bonds einen ähnlichen Effekt wie vor drei Jahren zu erreichen. Damals stieg die Bilanzsumme der EZB durch die Vergabe langlaufender Kredite um rund 1 Billionen Euro an, wobei die Banken einen Großteil dieses Geldes inzwischen an die EZB zurückgezahlt haben.
Die Daten von Donnerstag gaben daher einen ersten Eindruck, wie weit die EZB dem Ziel näher kommt, ihre Bilanz erneut von 2 Billionen auf 3 Billionen Euro und damit auf das Niveau von vor zwei Jahren auszuweiten.
Es zeigte sich jedoch, dass die neuen Geldspritzen nur auf geringes Interesse stoßen. Wie die EZB dazu mitteilte, sicherten sich von 382 bietungsberechtigten Geschäftspartnern lediglich 255 Banken hauptsächlich aus den Eurokrisen-Ländern insgesamt nur 82 Milliarden Euro. Anbieten wollte die EZB (inkl. dem Tender im Dezember) bis zu 400 Milliarden Euro.
Die Nachfrage könnte aber deshalb so niedrig ausgefallen sein, weil einige Banken vielleicht zunächst die Ergebnisse der Anlagevermögensqualitätsbewertung (Englisch: „Asset Quality Review“, kurz: AQR) abwarten wollten, die im Verlaufe des nächsten Monats herausgegeben wird.
Von der Nachfrage der Banken dürften weitere Maßnahmen abhängen
Von September 2014 bis Juni 2016 werden insgesamt acht derartige Geschäfte angeboten. Die nächste Geldspritze will die EZB am 11. Dezember 2014 setzen. Sollten die Banken hier ebenfalls nur begrenzt zugreifen, könnte Draghi Anfang des kommenden Jahres weitere, andersartige Maßnahmen beschließen, die das Ziel, die Kreditvergabe an die Realwirtschaft zu erhöhen, besser bzw. zusätzlich unterstützen.
Konkrete Informationen zu den Modalitäten der TLTROs bzw. GLRGs erhalten Sie unter anderem auf den Seiten der Bundesbank:
- http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Presse/EZB_Pressemitteilungen/2014/2014_06_05_massnahmen.pdf?__blob=publicationFile
- http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Presse/EZB_Pressemitteilungen/2014/2014_07_03_tltro.pdf?__blob=publicationFile
Aktienmärkte mit neuen Lebenszeichen
Nach einer mehrtägigen Konsolidierung unter extrem geringer Volatilität sendeten die Aktienmärkte aufgrund für sie positiver Meldungen – die Geldpolitik der Fed bleibt expansiv und Schottland zählt weiterhin zu Großbritannien – neue Lebenszeichen (siehe grüne Pfeile im Chart).
Ob dies allerdings ausreicht, um schon wieder zu neuen Aufwärtstrends überzugehen, muss noch abgewartet werden. Kurzfristig stehen die Chancen dafür nicht schlecht.
Übergeordnete Erwartung unverändert
Unser „Geldanlage Premium Depot“ ist überwiegend „long“ positioniert, so dass wir von den Kursanstiegen profitieren konnten. Daneben gab es in dieser Woche weitere sehr erfreuliche Kursbewegungen (USD/JPY, siehe nachfolgende Analysen). Wir trauen dem Braten am Aktienmarkt aber nicht vollumfänglich und bleiben daher vorerst noch leicht skeptisch.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus
(Quelle: Geldanlage-Brief, Ausgabe vom 21.09.2014)
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