von André Stagge
Gute Chancen in der Norwegischen-Krone (NOK)
Die starken Bewegungen der Norwegen-Krone spiegelten über einen längeren Zeitraum deutlich die allgemeine Risikoneigung an den Finanzmärkten wider, d.h. in Phasen großer Nervosität geriet die Währung massiv unter Druck. Dass die norwegische Krone 2020 über 30% verloren hat, erscheint im Nachhinein unlogisch und hat den Markt bereinigt. Norwegen war weder besonders von der Pandemie betroffen, noch bestand Grund zur Sorge um dessen Finanzmarkt-Stabilität.
Die Staatsverschuldung gehört zu den geringsten in Europa und der Ölpreis-Verfall und die ausländischen Geldflüsse haben die NOK belastet. Jetzt scheint sich daraus eine Chance abzuleiten, mittelfristig in die NOK zu investieren. Nach 2008, also im Hochpunkt der Euro-Schuldenkrise galt die NOK ähnlich wie der CHF als Fluchtwährung und war als sichere Anlagewährung gefragt. Wegen der guten Lage der norwegischen Staatsfinanzen und signifikanter Leistungsbilanzüberschüsse könnte die Währung auch im heutigen Umfeld eher als „sicherer Hafen“ gehandelt werden.
Entscheidend dafür ist der Ölpreis, der in den nächsten Monaten aufgrund der global anziehenden Inflation mindestens auf dem aktuellen Niveau stabil bleiben sollte.
Norwegische Krone profitiert vom Öl
Die Energiepreise sind für die norwegische Wirtschaft wichtig. Die Förderung von Öl und Gas leistet einen zweistelligen Beitrag zur Wertschöpfung. Die Bedeutung nimmt aber ab. Innerhalb der letzten 10 Jahre hat sie sich halbiert. Die Abhängigkeit der NOK zum Ölpreis ist bekannt. Während des Corona-Crash reagierte die Währung besonders sensitiv auf die Preisentwicklung, die Korrelation war ungewöhnlich hoch. Das lag sicherlich auch am massiven Verfall des Ölpreises und der sich daraus ergebenden Panik.
Aktuell ist die NOK zu günstig gemessen am Ölpreis. Wenn man von einem Ölpreis von konstant 60 USD ausgeht, könnte die norwegische Krone bis zum Jahresende noch ca. 5% aufwerten.
Norwegen als Corona Gewinner
Die norwegische Wirtschaft kam im europäischen Vergleich gut durch die Corona-Krise. 2020 schrumpfte die Wirtschaftskraft nur 1,3 % bzw. um 3,1 %, wenn der volatile Offshore-Sektor herausgerechnet wird – die Eurozone brach um 6,8 % ein. Die Pandemie traf das Land relativ wenig, auch dank der geografischen Randlage. Norwegen weist mit Island die geringste Zahl an Todesopfern gemessen an der Bevölkerung aus. Entsprechend fielen die Corona-Restriktionen in Norwegen sanfter aus und belasteten die Konjunktur weniger. Für 2021 wird ein Wirtschaftswachstum von 3,4 % prognostiziert.
Zinserhöhung und deutliche Zinsdifferenz zur Eurozone
Die Arbeitslosigkeit in Norwegen ist gering und wird weiter sinken. Die Löhne werden weiter moderat steigen. Die Inflation lag im März mit 3,1 % relativ hoch. Selbst die Kerninflation ohne Energie und Lebensmittel war mit 2,7 % über dem europäischen Durchschnitt. Eine Ursache für diese deutliche Inflation ist die letztjährige Abwertung der Währung und der damit verbundene Anstieg der Importpreise. Auch die Hauspreise verteuerten sich zuletzt erneut kräftig. Deswegen strebt die norwegische Notenbank eine Normalisierung der Geldpolitik an.
Anders als die EZB, konnte die Norges Bank während der Corona-Krise ihren Leitzins noch senken, und zwar von 1,5% auf 0,0 %. Bei der letzten Pressekonferenz der Norges Bank wurde sogar von einer Zinswende für Ende 2021 gesprochen. Die EZB hat die Zinsen im März 2016 auf 0% gesenkt und möchte sie dort noch mindestens 2 Jahre belassen. Durch die Zinssenkungen 2020 hatte sich der Renditevorteil der Krone gegenüber dem Euro drastisch reduziert, was entsprechend die norwegische Währung belastete. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung nimmt jedoch der Renditevorteil wieder deutlich zu.
Aktuell bekommen Investoren in 10-jährigen Anleihen in Norwegen 1,7% mehr Rendite gegenüber Deutschland. Bei diesen längeren Laufzeiten erreichte der Zins-Vorteil fast schon das Vor-Corona-Niveau, bei zweijährigen Renditen stieg er nicht ganz so deutlich. Der Trend sollte sich allerdings bestätigen und spricht für die NOK.
Norwegische Krone ist unterbewertet
Langfristig betrachtet ist die Norwegen-Krone unterbewertet. Vor allem reale Wechselkursindizes und auch adjustierte Kaufkraftparitäten deuten auf eine Unterbewertung hin. Von den norwegischen Staatsfinanzen können viele Länder nur träumen. Die Verschuldung ist sehr gering und liegt bei 40% gemessen an der Wirtschaftskraft. Zusätzlich profitiert Norwegen vom 1996 gegründeten Ölfonds. Dieser macht das Dreifache der Wirtschaftsleistung aus und macht jeden Norweger zum NOK-Millionär.