Seit Anfang 2019 gab es wahrscheinlich keinen Tag, der für die Weltmärkte so wichtig ist, wie der heutige.
Um 20:00 MEZ wird der Fed-Offenmarktausschuss (Federal Open Market Committee, FOMC) die erste Absenkung der US-Zinssätze seit der Finanzkrise von 2008/09 bekanntgeben.
Die Märkte sind sich dessen zu 100% sicher.
Worüber sie sich weniger sicher sind, ist, ob es eine Zinssenkung um 25 Basispunkte oder mehr werden wird. Und es in den kommenden Monaten zu einer Folge von Zinsschritten kommen wird.
Der Federal Reserve Vorsitzende Jay Powell wird um 20:30 MEZ mit seiner Pressekonferenz beginnen, von die Händler sich mehr Klarheit über die Pläne des FOMCs für die Zinsen in der nächsten Zeit erhoffen.
Es wäre logisch, dass je stärker oder häufiger die Zinsen gesenkt werden, desto geringer werden die Renditen von Dollaranleihen ausfallen. Und je geringer der Anreiz, sein Geld in US-Staatspapieren zu parken, ist, desto stärker ist die Motivation, Kapital in inflationäre Wertanlagen, insbesondere Rohstoffe wie Öl und Gold abzuzweigen.
Im Folgenden haben wir mögliche Szenarien für Öl und Gold ausgehend vom FOMC-Statement aufgeführt:
Zinssenkung um 25 Basispunkte gilt als ausgemacht
Gold
Gold könnte sehr schnell einen neuen Anlauf auf seiner 2019er Höchstmarken von 1.453,01 USD beim Spotpreis und 1.454,35 USD bei den Futures nehmen.
Es bestehen aber gute Chancen darauf, dass es auch diesmal scheitern wird, da dies die minimale Zinsreduktion ist, die die Händler ohnehin erwarten.
Ausgehend vom Preis von knapp über 1.430 USD vor Handelsbeginn in New York müsste Gold um sein 2019er Hoch zu knacken, sich um weitere 25 USD verteuern.
Für einen Markt, der nicht allzu begeistert von dem sein könnte, was die Fed bekanntgibt, dürfte dies kaum zu schaffen sein.
Im Gegenteil, wenn Powell sich nicht hinreichend taubenhaft zum Richtungsausblick für die Zinssätze auf seiner anschließenden Pressekonferenz gibt, könnte Gold Schwierigkeiten haben, seine Gewinne zu behaupten.
Aus diesem Grund könnte der Markt seine Richtung umdrehen, nach seinem Lauf nach oben, ob der nun die 1.450 USD erreicht oder nicht. In der Tat besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass es am Donnerstag zu Gewinnmitnahmen kommen wird, sollte Gold ein neues 2019er Hoch vor oder direkt nach Veröffentlichung des FOMC-Statements einstellen.
Öl
Es ist ein ereignisreicherer Tag beim Öl als beim Gold, da die US-Energiebehörde EIA am Mittwoch um 16:30 ihre Bilanz zu den US-Vorräten an Rohöl, Benzin und Destillaten veröffentlichen wird.
Sollte die EIA in der siebten Woche in Folge einen Rückgang der Rohölvorräte berichten, wie es von den Märkten erwartet wird, dann könnte die Ölbullen weitaus stärkere Argumente haben, als bislang gedacht.
Entgegen der Erwartungen der Bären, die sich auf die Nachfrageprobleme der jüngsten Zeit konzentriert hatten, liefen die Rohölpreise in dieser Woche im Vorfeld der US-Zinsentscheidung außerordentlich gut.
West Texas Intermediate, die Leitsorte für den US-Ölmarkt, verzeichnete für diese Woche bis zum Zeitpunkt des Artikels im Handel in Asien am Mittwoch einen Preisanstieg um 4% und bewegte sich auf rund 58,45 USD das Fass. Britisches Brent lag über die Woche um 2,7% höher und wurde zu rund 65,20 USD gehandelt.
Eine Zinssenkung um 25 Basispunkte könnte WTI über 60 USD schieben, vorausgesetzt es gibt auch Unterstützung von den Daten der EIA. Unter ähnlichen Umständen könnte Brent 67 USD oder mehr erreichen.
Aber genau wie beim Gold, könnte sich nach Verfliegen der anfänglichen Euphorie über die US-Zinssenkung und sollte Powell keine taubenhaften Untertöne anschlagen, der Ölmarkt schon am Donnerstagmorgen seine Richtung ändern.
Sollte es dazu kommen, dann ist damit zu rechnen, dass WTI und Brent viel von ihrem Gewinnen bis zum Handelsende am Freitag wieder aufgegeben haben werden. Bei den derzeitigen Preisen würde US-Rohöl den Juli am Mittwoch etwas tiefer, Brent mit mehr als 2% Verlust abschließen.
Zinssenkung um 50 Basispunkte (Negativer Ausblick von Powell eingeschlossen)
Gold
Spot und Terminmarkt dürften beide kaum an neuen 2019er Jahreshochs scheitern.
Am oberen Ende könnte das Preisziel für beide irgendwo zwischen 1.460 und 1.480 USD liegen und die Gewinne könnten schon im Verlauf der restlichen Wochentage anfallen.
Auf kürzere Sicht ist es sehr wahrscheinlich, dass wir Gold auf 1.500 USD sehen werden, angesichts des sehr günstigen Umfelds.
Öl
Angenommen die EIA macht den Ölbullen mit ihren wöchentlichen Daten keinen Strich durch die Rechnung, könnte eine Zinssenkung um 50 Basispunkte oder ein taubenhafter Powell WTI ohne weiteres über 60 USD das Fass steigen lassen. Und Brent auf einen Referenzpreis von 68 USD, mit einem kurzfristigen Ziel von 70 USD.
Allerdings, im Gegensatz zu Gold hat Öl viele andere Widerstände auf seinem Weg nach oben zu überwinden, von den wechselhaften Beziehungen mit dem Iran zu den amerikanisch-chinesischen Handelsgesprächen, bei denen es in munterer Folge Fort- und Rückschritte gibt, sodass der Weg nach oben für den Ölpreis selbst bei einer starken Zinssenkung weniger gerade ausfallen könnte.