Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1283 (07.53 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1234 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 120.05. In der Folge notiert EUR-JPY bei 135.45. EUR-CHF oszilliert bei 1.0855.
Erneut stachen gestern die Daten der Eurozone positiv hervor, ohne dass auch nur in Ansätzen eine angemessene Reaktion an den Finanzmärkten, allen voran den Devisenmärkten, zu verzeichnen war. Das ist durchaus irritierend, denn die Eurozone hat einen nicht unerheblichen Anteil an der Weltwirtschaft von mehr als 12%.
Offensichtlich bemüht man sich an den Finanzmäkten so aufopferungsvoll, die überwiegend enttäuschenden US-Daten zu ignorieren, dass keine intellektuelle Kapazität übrig bleibt, den Daten aus der Eurozone die notwendige Aufmerksamkeit entgegen zu bringen, geschweige denn, zu hinterfragen, warum das so ist.
Die normative Kraft des Faktischen lässt sich ultimativ aber auch nicht mit dieser sportlichen Form der asymmetrischen Wahrnehmung neutralisieren. Wie heisst es schön: „The chicken comes home to roost!“ Die Frage ist nur, wann und nicht ob das “chicken” zuhause ankommt.
Wenige Worte zur Fed:
Der Präsident der Federal Reserve Boston Rosengren lieferte gestern gemäßigte Töne bezüglich einer möglichen Zinswende angesichts der Unruhe an den Finanzmärkten. Das ist mehr als verständlich. Das gilt insbesondere dann, wenn man sich zyklische Daten ansieht (siehe unten) und vor allen Dingen Strukturdaten ansieht, da nur bei starker Struktur (z.B. Problem Konsumverschuldung versus mittlere Einkommen) eine Extrapolation des Wachstumstrends möglich ist.
Laut Rosengren mache es aus ökonomischer Sicht kaum einen Unterschied, ob die Zinswende nun einige Monate früher oder später komme.
Das ist wahr. Die Frage, ob die selbsttragenden Kräfte der US-Wirtschaft ausreichen, eine echte Zinswende zu verkraften, ist damit aber nicht beantwortet. Das ist die entscheidende Frage. Seit 18 Monaten werden wir mit diesem Thema am Markt belästigt. Jetzt in der schwächsten US-Wachstumsphase seit 2012 will die Fed also loslegen. „Chapeau!“
Es gebe gute Gründe, dass die Zinsschritte nur bedächtig und in kleiner Dosis anders als bei früheren Zinswenden vorgenommen würden. Das sei notwendig und auch angemessen. Richtig Herr Rosengren,weil Strukturpolitik für die US-Administration ein Fremdwort war und ist und damit der Fed Aufgaben zugewiesen werden, die sie gar nicht alleine lösen kann. Die Hinweise auf eine schwächere Verfassung der Weltkonjunktur könnten sich auch auf die USA ausweiten. Dies könne dann eine weitere Erholung am US-Arbeitsmarkt in Frage stellen. Lieber Herr Rosengren, das ist absurd. Hat die Fed nicht selbst die Wachstumsprognose der USA von mehr als 3% auf 1,9% per 2015 gesenkt. Chinas Wachstum kommt wohl nur um 0,3% unter die Räder. Muss man den Schwarzen Peter wieder jemand anders zuspielen?
Datenpotpourri der Eurozone: (alle Charts © Reuters)
Die deutsche Arbeitslosenquote verharrte per August erwartungsgemäß bei 6,4%. Die Anzahl der Beschäftigungslosen sank im August saisonal bereinigt um 7.000. Der Beschäftigungsaufbau stellte sich auf 28.000. Während in den USA die Arbeitslosenquote fällt, ist sie in Deutschland stabil. Bei fallender Arbitslosenquuote sank die Partizipationsrate in den USA. Bei stabiler Quote haben wir in Deutschland einen Beschäftigungsaufbau trotz schlechterer Demographie als in den USA. Wir sind schon irritiert, dass dieser durchaus als dramatisch zu bezeichnende qualitative Unterschied in den Analysestuben der Kollegen und Medien so wenig Aufmerksamkeit erregt. Wir nehmen es zur Kenntnis.
Die Arbeitslosenrate der Eurozone sank für den Mainstream vollkommen überraschend (wir deuteten es gestern in der Datenbox an) per Juli von zuvor 11,1 auf 10,9%. Damit wurde die niedrigste Quote seit Februar 2012 markiert.
Die Arbeitsmärkte sowohl in Spanien als auch maßgeblich in Italien zeichnen für diese Entspannung verantwortlich.
In Italien kam es per Juli zu einem Rückgang der Arbeitslosenquote von zuvor 12,5%
(revidiert von 12,7%) auf 12,0%. Die Prognose lag bei 12,5%. Das war die geringste Quote seit Juli 2013.
Gestern wurde auch die finale Berechnung des italienischen BIP per 2. Quartal 2015 veröffentlicht.
Die bei 0,2% Wachstum im Quartalsvergleich angesiedelte Prognose wurde mit 0,3% übertroffen. Mehr noch wurde auch der Wert des Vorquartals von 0,2% auf 0,3% revidiert. Im Jahresvergleich stellte sich ein Wachstum im 2. Quartal in Höhe von 0,7% (Prognose 0,5%) nach zuvor 0,7% (frevidiert von 0,5%) ein.
Der Chart beschreibt eine Bodenbildung nach einer markanten und schmerzhaften Anpassung.
Der von Markit ermittelte Einkaufsmanagerindex für den produzierenden Sektor stellte im finalen Wert auf 52,3 Punkte nach 52,4 Zählern im vorläufigen Wert und im Vormonat. Das Ergebnis bewegt sich solide oberhalb der kritischen 50 Punktemarke.
Die verschärfte Risikoaversion hat damit einen überschaubaren belastenden Einfluss auf die Eurozone.
Wir erfreuen uns weiter am Reformland Irland. Der irische Finanzminister hat angekündigt im Oktober, wenn der volle Datenkranz verfügbar ist, die bei 4% Wachstum liegende BIPPrognose nach oben zu revidieren.
In Großbritannien sieht das Bild malader aus:
Hier kam es zu einem Rückgang des Markit Einkaufsmanagerindex per August gemäß finaler Fassung von zuvor 51,9 auf 51,5 Punkte.
Die Dynamikverluste sind analog zu den USA in den letzten Monaten deutlich erkennbar. Der aktuelle Indexwert entspricht dem langfristigen Durchschnitt seit 1992.
Ja, auch die Bank of England bemüht sich um die Zinswende, die eigentlich auch schon vor Monaten hätte stattfinden sollen, analog zu den USA …
Bleiben wir im potenten Kreis der „Five eyes“: Kanada
Kanada ist laut technischer Definition im 2. Quartal 2015 in die Rezession gerutscht.
Nachdem es im ersten Quartal 2015 zu einer Kontraktion der Wirtschaftsleistung um 0,2% im
Quartalsvergleich kam, ergab sich im zweiten Quartal ein Rückgang um 0,1%.
Diese Entwicklung hat selbstverständlich auch Rückwirkung auf die US-Wirtschaft.
Der von RBC ermittelte Einkaufsmanagerindex für den Sektor Produktion sank per August von zuvor 50,8 auf 49,4 Punkte. Damit markierte der Index den schwächsten Wert seit Mai diesen Jahres.
Ergo ist der Ausblick wenig erbaulich und schließt eine Fortsetzung der Rezession nicht aus.
Welche Folgen hat das für die Konjunktur Nordamerikas?
Wie verträglich ist eine Zinswende der Federal Reserve vor diesem Hintergund?
Kommen wir zu dem Schwergewicht der „Five Eyes“. USA Einmal mehr heisst es hier „Licht und Schatten“.
Beginnen wir mit dem „Licht“. Die Bauausgaben stiegen in den USA per Berichtsmonat Juli um 0,7% (Prognose 0,6%) nach zuvor 0,7% (revidiert von 0,1%).
Das nominale Niveau auf USD-Basis (nicht inflationsbereinigt) liegt damit wieder auf dem Stand Mitte 2008 (Rückgangphase) oder Frühjahr 2005 (Anstiegphase).
Der unerwartete Rückgang des stark beachteten ISM-Index für den Sektor Produktion wirft nachhaltige Fragen bezüglich der Aussichten dieses Sektors auf.
Der Index sank von zuvor 52,7 auf 51,1 Punkte (Prognose 52,6).
Damit markierte dieser Index den tiefsten Stand seit Mai 2013!
Das gilt insbesondere auch bezüglich der Tatsache, dass die Lager voll sind. Der Chart der Auftragseingänge sendet Warnsignale.
Der Blick auf den Auftragseingang, der im Zusammenhang mit dem US-Export steht, verdeutlicht, dass der feste USD einen konjunkturellen Preis für die US-Wirtschaft und damit für die US-Gesellschaft hat.
Was bedeutet das für die Umsetzung der Zinswende und die mögliche Amplitude?
Wir reden in diesem Sektor von Lohnniveaus, die es auch ermöglichen, eine Familie zu ernähren. Ergo ist dieser Wirtschaftssektor für die innere Stabilität der US-Wirtschaft von hervorgehobener Bedeutung.
Der Index für den Dienstleistungssektor in Texas sank per August von zuvor 7,9 auf 2,1 Punkte.
Auch hier zeigt der Chart das schwache Expansionsklima im Vergleich zu den Jahren bis 2011.
Intern diskutieren die Kolleginnen und Kollegen den Begriff Marktineffizienz, der noch nicht an den Universitäten gelehrt wird. Dort ist man noch politisch korrekt und lehrt die Markteffizienztheorie.
Sollten Märkte nicht die in der Zukunft liegenden Chancen und Risiken sachlich abbilden?
Aktuell ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Erst ein Ausbruch aus der Bandbreite 1.1000 – 1.1400 eröffnet neue Opportunitäten.
Viel Erfolg!
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