Die in den vergangenen Monaten stark gestiegenen Zinsen sowie die gesamtwirtschaftlich recht unsichere Lage inklusive drohender Rezessionen führten dazu, dass die abgewickelten Unternehmensübernahmen zuletzt deutlich zurückgingen. Und zwar weltweit. Nun scheint wieder etwas Schwung in die Mergers & Acquisitions-Thematik zu kommen. Vor allen Dingen in der Pharmaindustrie mehrten sich in den vergangenen Wochen die Nachrichten zu umfangreicheren M&As.
Beispielsweise gab Pfizer (NYSE:PFE) bekannt, dass man plane, den Biotech-Konzern Seagen zu übernehmen; Kostenpunkt: $43 Milliarden. Im Vergleich zu dieser potenziellen Mega-Übernahme wirkt der Deal, den der nordamerikanische Pharma-Riese Merck (NYSE:MRK) US nun eingefädelt hat, beinahe wie ein „Übernähmchen“. Doch auch der DOW30-Konzern greift für den Kauf des Biotech-Unternehmens Prometheus Biosciences (NASDAQ:RXDX) tief in die Tasche, lässt man sich die im Zuge des Deals angestrebte Erweiterung des Arzneimittelportfolios doch immerhin $10.8 Milliarden kosten.
Merck zahlt Aufschlag in Höhe von 75 Prozent
Somit bezahlt der Pharmakonzern $200 pro Aktie, was einem Aufschlag von rund 75 Prozent auf den Abschlusskurs der Prometheus Biosciences-Aktie vom Freitag ($114.01) entspricht. Der Marktwert des auf Immunkrankheiten spezialisierten Unternehmens beträgt derzeit entsprechend rund $5.42 Milliarden. CEO Robert Davis begründet die Übernahme damit, dass man die „Präsenz im Bereich der Immunologie“ weiter ausbauen möchte, da hier eine ungebrochen hohe Nachfrage bestünde. Die beiden Parteien rechnen damit, dass der Deal im dritten Quartal des laufenden Jahres über die Bühne gehen sollte.
Die Merck-Führungsspitze hatte die Öffentlichkeit erst vor kurzer Zeit darüber informiert, dass man für $1.35 Milliarden das Unternehmen Imago BioSciences übernehmen werde. Nun gesellt sich also eine weitere Übernahme dazu – und das ist auch absolut nicht verwunderlich. So muss Merck sich darauf vorbereiten, dass bei seinem „Kassenschlager“, dem Krebsmedikament Keytruda, aller Voraussicht nach im Jahr 2028 wichtige Patente auslaufen. Betrachtet man nun den Fakt, dass sich dieses Medikament im vergangenen Jahr für $21 Milliarden und somit für über 35 Prozent des Merck-Jahresumsatzes ($59.3 Milliarden) verantwortlich zeichnet, wird deutlich, welch großes Loch die auslaufenden Patente in den Umsatz des Konzerns reißen dürften.
So wenige M&As wie seit 2010 nicht mehr
Steigende M&A-Zahlen sind im Hinblick auf die (sowohl aktuelle als auch zukünftige) Verfassung von Unternehmen und Volkswirtschaften im Gesamten ein gutes Zeichen. So bedeuten wachsende Übernahmen, dass Unternehmen auf Entwicklungen reagieren – wie eben auch im Falle Merck – und sich neu respektive besser positionieren. Um große Investitionen zu tätigen, benötigen Unternehmen aber Geld. Und das ist derzeit, aufgrund der hohen Zinsen, alles andere als billig. Darüber hinaus reduzieren makroökonomische und geopolitische Herausforderungen die Risikofreude von Unternehmen, weshalb in Krisenzeiten M&A-Zahlen in der Regel zurückgehen.
Dies spiegelt sich auch in den Ergebnissen der WTW-Studie Quarterly Deal Performance Monitor wider. Aus diesen geht nicht nur hervor, dass sich die weltweite M&A-Aktivität im ersten Quartal 2023 deutlich verlangsamte, sondern diese sich gar auf dem niedrigsten Niveau seit dem Jahr 2010 bewegt. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gingen die Übernahmen in Nordamerika von 116 auf 77 zurück, Europa verzeichnet ein M&A-Minus in Höhe von rund 50 Prozent. Martin Theo Carbon (ETR:SGCG), M&A-Koordinator bei WTW Deutschland: „In Europa ist der Einfluss der wirtschaftlichen Unsicherheit auf Deal-Entscheidungen sehr deutlich zu sehen und führt häufig zu einer eher abwartenden Haltung beim Abschluss von potenziellen Transaktionen“. Letztlich sei es „nach einem wirklich außergewöhnlichen Jahr 2021 und dem folgenden sehr starken Jahr 2022“ absolut verständlich, dass die Anzahl der M&As wieder zurückgeht. So benötigen Unternehmen Zeit, um die getätigten Übernahmen wirken zu lassen respektive die Integration voranzutreiben.
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