Der Goldpreis erreichte vergangene Woche exakt das obere Ende seiner Seitwärtsrange (gelber Bereich im folgenden Chart) und prallte an diesem Widerstand ab (siehe roter Pfeil). Damit wurde die Relevanz dieser Handelsspanne erneut bestätigt.
Das verwundert nicht, denn das obere Ende der Range verbindet die markanten Hochs von März 2022 und August 2020.
Dass der Goldpreis diese Hürden im aktuellen Anlauf nicht sofort überwinden konnte, war angesichts der Bedeutung dieser Kursmarken zu erwarten. Schließlich handelt es sich bei dem 2020er Hoch bei 2.075,08 USD um den bisherigen Rekordstand des Edelmetalls.
Dieser wurde am Donnerstag vergangener Woche mit einem Tageshoch von 2.076,20 sogar minimal übertroffen.
Angesichts steigender Leitzinsen eine überraschende Entwicklung
Mich wundert dabei allerdings etwas, dass es der Goldpreis im Umfeld ungewöhnlich stark steigender (Leit-)Zinsen auf dieses Niveau geschafft hat, wobei ich aus charttechnischer Sicht sogar damit gerechnet hatte. Denn mit der grünen Linie und den Elliott-Wellen in den Charts hatte ich diesen Kursverlauf am zuletzt am 9. November 2022 skizziert und somit prognostiziert (siehe „Bärenfalle und Abwärtstrendbruch beim Goldpreis“). Der Goldpreis befindet sich demnach in einer Welle 5 eines großen Aufwärtstrends. Und daher ist sogar noch von weiter steigenden Notierungen auszugehen.
Bankenpleiten: Gold als sicherer Hafen gefragt
Ein Treiber dieser Entwicklung könnten die aktuellen Bankenprobleme in den USA sein. Denn mit den jüngsten Pleiten dreier Banken binnen nur zwei Monaten haben die Anleger wieder einen Grund, am Finanzsystem zu zweifeln. Und Gold ist in einem solchen Fall eine gerne genutzte Alternative, um Gelder zu parken. Gold ist DIE „Flucht-Währung“ (Stichwort: sicherer Hafen).
Dementsprechend verzeichneten globale Gold-ETFs zuletzt Zuflüsse, und dabei wohl nicht ganz zufällig vor allem US-Fonds, wie der World Gold Council in seinem aktuellen Monatsreport für April berichtet.
(Quelle: World Gold Council)
Wenn es nun auch noch bald zu den längst überfälligen Rücksetzern am Aktienmarkt kommt, könnte dies erneut zu einer erhöhten Goldnachfrage führen und den Goldpreis weiter nach oben treiben. In Gang gebracht werden könnte eine Korrektur am Aktienmarkt durch eine erneute Bankenpleite, die sich bei der US-Regionalbank PacWest Bancorp auch offenbar schon abzeichnet. Ein weiterer denkbarer Auslöser wäre die Problematik der Schuldenobergrenze, die Anfang Juni oder auch schon Ende Mai akut werden könnte (siehe auch „Es geht wieder los“).
Die finale Aufwärtswelle
Allerdings, und darauf weise ich im Chartanalyse-Brief „Target-Trend-Spezial“ regelmäßig hin: Eine Welle 5 ist das Finale eines Aufwärtstrends. Sollte sich die Lage in den USA entspannen und das Vertrauen in das Finanzsystem zurückkehren, ist es zweifelhaft, ob dem Goldpreis im Umfeld der aktuellen Geldpolitik mit deutlich höheren (Leit-)Zinsen und einer kontinuierlich nachlassenden Inflation ein nachhaltiger Kursanstieg gelingen kann.
Korrekturkursziel: 1.700 USD
Ich gehe weiterhin davon aus, dass das Edelmetall langfristig kein großes Aufwärtspotenzial hat, sondern wieder fallen und übergeordnet höchstens seitwärts tendieren wird. Ein erstes Kursziel für eine Korrektur nach dem 5-gliedrigen Aufwärtstrend sehe ich bei rund 1.700 USD, also am unteren Ende der aktuellen Seitwärtsrange. Darüber hinaus ist es sogar möglich, dass der Goldpreis wieder in den Bereich von grob 1.400 und ca. 1.150 USD bzw. 1.050 USD zurückkehrt.
Mit der Saisonalität auf neue Rekordstände
Doch das ist noch Zukunftsmusik. Vorerst gilt es zu beobachten, ob dem Goldpreis im Rahmen der Welle 5 tatsächlich noch der klare Ausbruch auf neue Rekordstände gelingt. Und wenn Sie dazu gerne noch einen relativ genauen Zeitplan benötigen, dann erinnere ich an den saisonalen Kursverlauf:
Demnach erreicht der Goldpreis regelmäßig im Mai ein vorläufiges Jahreshoch, bevor er bis in den Juli hinein konsolidiert. Danach folgt bis in den Herbst hinein die stärkste Jahresphase. Gut möglich also, dass der Goldpreis nun eine Weile am oberen Bereich seiner großen Seitwärtsrange konsolidiert und damit Kraft sammelt für den nachhaltigen Ausbruch auf neue (Rekord-)Hochs.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus