Der vielversprechende Erholungsversuch der Grenke-Aktie nach den starken Zahlen für das 2. Quartal 2024 endete nach einer Gewinnwarnung Ende Oktober in einem deutlichen Kursrückgang, der erneut fast 50 % des Marktwertes der Aktie vernichtete. Der Titel hat zwischenzeitlich wieder einen Boden gefunden und die Zahlen für das 3. und 4. Quartal haben verdeutlicht, dass Grenke – trotz aller Widrigkeiten – nach wie vor stabil aufgestellt ist. Ein starkes Neugeschäft und weitere Zinssenkungen könnten der Aktie wieder Auftrieb verleihen.
Die Stimmung für die Aktie von Grenke (ETR:GLJn) (ISIN: DE000A161N30) war außerordentlich gut zum Zeitpunkt unserer Analyse im September letzten Jahres und so stieg die Aktie in den darauffolgenden Wochen zunächst um fast 25 % an. Scheinbar hat niemand damit gerechnet, dass Grenke 2 Wochen vor Bekanntgabe der Zahlen für das dritte Quartal eine Gewinnwarnung veröffentlichen würde, die den Aktienkurs binnen kurzer Zeit auf ein neues 10-Jahrestief fallen lassen könnte. Zwar war bekannt, dass die Insolvenzquoten in Europa seit geraumer Zeit zunehmen, doch offenbar hat niemand einen Anstieg erwartet, der Grenke innerhalb kurzer Zeit einen erheblichen Teil des erwarteten Nettoergebnisses kosten würde.
Demnach führten höhere Aufwendungen für Schadensabwicklung und Risikovorsorge im dritten Quartal 2024 zu einer Belastung von 37,8 Mio. Euro, verglichen mit 26,7 Mio. im ersten und 28,3 Mio. im zweiten Quartal. Auch für das vierte Quartal wird mit ähnlich hohen Belastungen gerechnet. Besonders betroffen waren die Kernmärkte Frankreich, Spanien und Deutschland. Eine Goodwill-Abschreibung von 4,4 Mio. EUR auf die spanische Tochter belastete ebenfalls das Ergebnis.
Starkes Neugeschäft und erhebliches Kostensenkungspotenzial
Den Widrigkeiten zum Trotz stellte Grenke im dritten und vierten Quartal 2024 die Beständigkeit des Geschäftsmodells unter Beweis und gab am 8. Januar mit den vorläufigen Zahlen für das Gesamtjahr ein Rekordwert von 3,06 Mrd. EUR Neugeschäft bekannt. Auch die Profitabilität konnte Grenke 2024 deutlich verbessern. So lag die sogenannte Deckungsbeitrag-2-Marge, an der Grenke seine Profitabilität misst, 2024 bei 17 % (Vj: 16,5 %). Im vierten Quartal betrug diese sogar 17,4 %. Sie dient u.a. zur Beurteilung von Kostenmanagement und Wettbewerbsfähigkeit. Finanzchef Martin Paal signalisierte, dass man für 2025 keinen weiteren Anstieg der Insolvenzquoten und damit der Aufwendungen für Risikovorsorge erwartet.
Auch die erwarteten Leitzinssenkungen der EZB in diesem Jahr dürften sich positiv auf das Finanzergebnis von Grenke auswirken. Aktuell wird für 2025 mit 4 bis 5 Zinsschritten von jeweils 25 Basispunkten gerechnet, womit sich auch der Refinanzierungsaufwand für Grenke reduzieren dürfte. 2023 hatten hohe Zinsen zuletzt einen leichten Rückgang beim Zinsergebnis zur Folge. Der Vorteil: Langfristige Zinseinahmen aus dem Leasinggeschäft wären von den Zinssenkungen zunächst nicht betroffen. Allerdings könnten sinkende Zinsen mittelfristig zu Margendruck und verstärktem Wettbewerb führen. Zur Refinanzierung des stark gestiegenen Neugeschäfts und zur Optimierung der Finanzstruktur hat Grenke Anfang 2025 außerdem drei ausstehende Hybrid-Anleihen im Wert von 97 Mio. EUR zurückgekauft und eine neue Hybrid-Anleihe mit einem Volumen von 200 Mio. EUR platziert. Der Schritt könnte sich ebenfalls positiv auf das Zinsergebnis auswirken.
Weiteres Einsparpotenzial auf der Kostenseite soll durch den Umbau der eigenen IT-Infrastruktur gehoben werden. Bis Ende 2025 soll dieser abgeschlossen sein. Es wird davon ausgegangen, dass die Effizienzsteigerungen in den Vertriebs- und Verwaltungsaufwendungen die zusätzlichen Kosten der Restrukturierung bereits 2025 überkompensieren werden. Alles in allem gibt es Gründe zu der Annahme, dass es Grenke gelingen wird, sein Nettoergebnis 2025 wieder deutlich zu steigern. 4 von 6 Analysten raten momentan zum Kauf der Aktie, einer rät zum Halten und einer zum Verkauf. Die Kursziele liegen zwischen 16 und 42 EUR.
Interessant in diesem Zusammenhang: Die jüngste Umfrage der Bank of America (NYSE:BAC) unter Fondsmanagern ergab, dass die Allokation in europäische Aktien aktuell so hoch ist, wie seit 10 Jahren nicht mehr. Davon könnte auch die Grenke-Aktie profitieren.
Bewertung auf Basis der Dividende
Auf Basis der angekündigten Ausschüttungsquote von 25 % und einem Ergebnis von mindestens 68 Mio. EUR für 2024 – entspricht 1,49 EUR je Aktie – rechnen wir für 2024 mit einer Dividende von mindestens 0,37 EUR je Aktie. Der Tiefstkurs 2024 von 14,90 EUR entsprach in Relation zu unserer Dividendenschätzung einer Dividendenrendite von rund 2,5 %, was exakt dem Durchschnitt der Jahre 2022 und 2023 am Jahrestief entspricht und damit dem Niveau, dass wir für die Ermittlung des Einstiegskurses in unserer letzten Analyse zugrunde gelegt hatten. Der Analystenkonsens für das Ergebnis je Aktie 2025 liegt bereits bei 1,90 EUR je Aktie, woraus bei gleichbleibender Ausschüttungsquote eine Dividende von 0,48 EUR je Aktie resultieren würde.
In Relation zum derzeitigen Tiefstkurs 2025 von 15,60 EUR läge die maximale Dividendenrendite 2025 damit bereits bei rund 3 %. Dies entspräche einer Verschiebung von 0,56 % gegenüber dem Niveau von 2022 und 2023 am Jahrestief. Ausgehend von einer gleichmäßigen Verschiebung und unter der Annahme, dass wir 2025 keine tieferen Kurse mehr sehen werden, ergäbe sich für unser Kursziel eine Dividendenrendite von 1,96 %. Dies entspricht dem Durchschnitt der Jahre 2022 + 2023 am Jahreshoch von 1,4 % plus Verschiebung von 0,56 %. Die vorläufige Dividendenrendite 2024 lag am Jahreshoch bei ca. 1,3 % und wird zunächst nicht berücksichtigt, da die Dividende noch nicht feststeht.
Auf Basis der geschätzten Dividende von 0,48 EUR je Aktie und einer Dividendenrendite von 1,96 % ergibt sich für 2025 ein Kursziel von 24,30 EUR. Grundsätzlich bietet die Dividende bei Grenke ein gewisses Maß an Sicherheit. Immerhin hatte die Dividendenrendite zwischen 2013 und 2020 in keinem Jahr über 2 % notiert. Ein Wert von 3 % kann für Grenke demnach schon als hoch erachtet werden.
Charttechnik
Die Notierung war nach unserer letzten Analyse zunächst an der oberen Trendkanalbegrenzung der übergeordneten Dreiecksformation abgeprallt und hatte dort im Bereich zwischen 27 und 29 EUR eine Doppelspitze ausgebildet. Aus der Differenz zur Nackenlinie der Doppelspitze bei 21 EUR ergab sich ein Abwärtspotenzial von 6 bis 8 EUR, das anschließend nach unten regelkonform aufgelöst wurde, mit dem Rückfall in den Bereich zwischen 14 und 15 EUR, wo sich aktuell eine Bodenbildung abzeichnet.
Ein technisches Kaufsignal würde sich ergeben mit dem Überwinden des letzten Zwischenhochs bei 17,60 EUR. Die nächsten Widerstände lägen bei 19 und 20 EUR. Bei einem weiteren Rückfall läge die nächste markante Unterstützung im Bereich von 13 EUR. Die relative Stärke auf Basis von 14 Wochen hatte mit dem Tiefstkurs bei 14,60 EUR bereits im überverkauften Bereich notiert. Mit einem Wert von 39 tendiert sie aktuell wieder aufwärts.
Fazit
Das starke Neugeschäft, die Aussicht auf sinkende Zinsen und das Kostensenkungspotenzial sprechen grundsätzlich für die Aktie von Grenke. Keine weitere Verschlechterung der Insolvenzquoten vorausgesetzt, sehen wir für die Aktie deutliches Erholungspotenzial. Allerdings blieb eine eindeutig positive Marktreaktion nach Bekanntgabe der vorläufigen Zahlen für das Geschäftsjahr 2024 bislang aus, womit uns zunächst ein positiver Katalysator fehlt. Damit wird die Aktie zur Halteposition. Für mutige Anleger bietet die Aktie jedoch eine interessante Gelegenheit. Im Vergleich zum historischen Niveau der Dividendenrenditen ist die Aktie auf Basis der geschätzten Dividende von 0,48 EUR je Aktie für 2025 und einer Dividendenrendite von 2,8 % als stark unterbewertet zu betrachten und bis zu unserem Kursziel bei 24,30 EUR besteht eine Gewinnchance von 42 %. Teilkäufe sind denkbar.
Investmentidee(n) auf Grenke
In dem beschriebenen Umfeld bieten sich Seitwärtspapiere auf Grenke an. Ein Discount-Zertifikat ist eine Möglichkeit, davon zu profitieren. Das Papier mit der ISIN DE000DJ2TVP5 bietet eine Maximalrendite von 6,4 % bis Juni (16,3 % p.a.), wenn der Grenke-Kurs bei Fälligkeit im Juni 2025 mindestens bei 16 EUR notiert. Liegt der Aktienkurs am Laufzeitende unter 16 EUR, verringert sich der Gewinn. Der Break-Even liegt bei 14,97 EUR.