Inzwischen dürfte es bis in die letzten Ecken vorgedrungen sein, dass aus der griechischen Parlamentswahl die linke Syriza-Partei von Alexis Tsipras als Wahlsieger hervorgegangen ist. Dies wurde aufgrund von Umfragen kurz vor der Wahl so erwartet, auch wenn der deutliche Wahlsieg dann doch etwas überraschte.
Absolute Mehrheit verfehlt
Auch dürfte inzwischen bereits hinlänglich bekannt sein, dass die absolute Mehrheit im Parlament verfehlt wurde und Tsipras daher auf einen Koalitionspartner angewiesen war. Nach Auszählung fast aller Stimmen lag Syriza bei rund 36% und 149 Mandaten. Für die Bildung einer Regierung sind jedoch 151 der 300 Parlamentssitze nötig.
Aber ein Partner war schnell gefunden: Der Syriza-Chef Alexis Tsipras einigte sich mit den rechtspopulistischen „Unabhängigen Griechen“ (ANEL) auf eine Koalitionsregierung. Die „Unabhängigen Griechen“ lagen nur bei 4,8% und stellen somit 13 Abgeordnete.
(Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass die bisherige Regierungspartei des scheidenden Ministerpräsidenten Antonis Samaras, die konservative Partei Nea Dimokratia, bei der Griechenland-Wahl auf knapp 28% der Stimmen kam.)
Anti-EU-Haltung als einzige Gemeinsamkeit
Es ist schon eine merkwürdige Ehe auf Zeit, die da nun eingegangen wurde. Denn hierbei handelt es sich um eine Allianz zwischen zwei ideologisch völlig gegensätzlichen Parteien. Die einzige Gemeinsamkeit besteht in ihrer Anti-Haltung zur Politik der EU gegenüber Griechenland im Hinblick auf die zu erfüllenden Rahmenbedingungen, die zur Rettung des Landes gesteckt wurden.
Nicht ohne Grund hat sich Tsipras daher wohl für ANEL entschieden, denn mit nur 4,8% der Stimmen wurde der kleinste aller möglichen Partner ins Boot geholt. Dadurch ist kaum zu erwarten, dass ANEL mehr als nur die kleine Schnittmenge auf die Agenda bringen kann.
Es stehen schwierige Verhandlungen an
Und die besteht darin, dass nicht nur die Rückzahlungsmodalitäten neu verhandelt werden sollen, die Syriza plant auch bei den strukturellen Reformen eine zumindest teilweise Kehrtwende. Entsprechend schwierig dürften sich die anstehenden Verhandlungen mit der Troika über die Auszahlung der noch verbleibenden Hilfszahlungen aus dem bestehenden Hilfsprogramm in Höhe von 7,5 Mrd. Euro gestalten. Diese dürften noch vor Ende Februar beginnen, denn das Hilfsprogramm läuft am 28.2.2015 aus.
QE-Programm der EZB könnte Wahl-Turbulenzen verhindert haben
Zum Glück hatte EZB-Präsident Mario Draghi am vergangenen Donnerstag mit dem QE-Programm die Markterwartungen übererfüllt, ansonsten wäre es wohl angesichts der aktuellen Rhetorik der neuen griechischen Regierung zu Turbulenzen an den Börsen gekommen.
Sollte sich jedoch abzeichnen, dass es zu keiner Einigung zwischen Griechenland und der Troika kommt, und sollten bald schärfere Sanktionen gegen Russland verhängt werden und die US-Indizes weiterhin eher Schwäche zeigen, dann könnte die Freude über die neuen Allzeithochs im DAX bald der Trauer über eine Trendwende im DAX weichen.
EZB hält den Druck auf Griechenland geschickt hoch
Die EZB hat den Druck auf Griechenland geschickt hoch gehalten hat, indem sie mit der 33%-Klausel verhindert, dass der griechische Staat in den Genuss der beschlossenen Staatsanleihekäufe kommt. Denn die EZB hält derzeit schon rund 40% der griechischen Anleihen und hat somit ihre selbst definierte Grenze überschritten.
Erst im Juli steht die Rückzahlung einer Anleihe im Volumen von 3,5 Mrd. Euro an. Wird diese zurückgezahlt, könnte die EZB ab diesem Zeitpunkt auch griechische Anleihen erwerben. Die Notenbank akzeptiert griechische Anleihen allerdings nur, solange sich das Land in einem Hilfsprogramm befindet. Sollte also Griechenland die Rückzahlung von Schulden verweigern, dürfte das Land vor der Pleite stehen und dies den Markt dann sicher nicht mehr kalt lassen.
Beiße nie die Hand, die dich füttert
Athen hat aktuell Schulden in Höhe von 320 Mrd. Euro bzw. mehr als 175% des Bruttoinlandsproduktes hat, was der zweithöchste Stand weltweit (nach Japan) ist. Die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) haben Griechenland bislang mit Darlehen in Höhe von rund 240 Milliarden Euro geholfen.
Man muss nun halt abwarten, ob Griechenland wirklich die Hand (Troika) beißt, die es füttert. Wir werten den Ausbruch im DAX zumindest noch nicht als nachhaltig. Entsprechend agieren wir weiterhin vorsichtig und investieren nun nicht unser gesamtes Geld in den Aktienmarkt.
(Quelle: Geldanlage-Brief, Ausgabe vom 28.01.2014)