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Grünes Licht für Staatsanleihenkäufe der EZB?

Veröffentlicht am 15.01.2015, 13:28
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Die am 22. Januar anstehende Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) sorgt weiterhin für Nervosität. Immer wenn es Anzeichen für eine noch expansivere Geldpolitik gibt, reagieren die Märkte in die eine Richtung (Euro fällt, Aktien und Anleihen steigen), schwächt sich die Erwartung der Anleger aufgrund anderslautender Nachrichten oder Hinweise ab, bewegen sich die Kurse in die andere Richtung (Euro steigt, Aktien und Anleihen fallen).

Wird die EZB bereits in der kommenden Woche Staatsanleihenkäufe beschließen?

Die spannendste Frage ist vor diesem Hintergrund, ob die Währungshüter bereits am Donnerstag der kommenden Woche einen Beschluss zum Kauf von Staatsanleihen der Euro-Länder treffen werden. Zuletzt berichteten wir bereits, dass der Euroraum im Dezember in die Deflation gerutscht und die EZB daher unter Druck geraten ist. Der Notenbank-Chef Mario Draghi betonte wohl auch daher jüngst mehrfach, dass die Notenbank bereit für den Kauf von Staatsanleihen sei. Vielleicht will er die Märkte so schon im Vorfeld der kommenden Sitzung darauf einstimmen, dass das umstrittene Quantitative-Easing-Programm (QE) starten wird.

Gutachter des EuGH gibt Einschätzung über Rechtmäßigkeit des QE-Programms bekannt

Ebenfalls mit Spannung wurde in diesem Zusammenhang die für heute angekündigte Empfehlung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Anleihenkaufprogramm der EZB erwartet. Der EuGH wollte einen Hinweis dazu geben, wie weit die EZB mit ihrer Geldpolitik gehen darf.

Seit September 2012 plant die EZB Staatsanleihenkäufe

Bereits am 6. September 2012, als höchste Nervosität an den Finanzmärkten wegen der Euro-Krise herrschte, hatte die EZB per Pressemitteilung bekanntgegeben, dass sie ein Programm für den Erwerb von Staatsanleihen der Staaten der Euro-Zone, abgekürzt als „OMT-Programm“ (OMT = Outright Monetary Transactions) bezeichnet, beschlossen habe. Mittels dieses Programms erklärte sich die EZB dazu bereit, Staatsanleihen von Staaten der Euro-Zone auf den Sekundärmärkten zu erwerben, sofern die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Die betroffenen Staaten müssen einem Finanzhilfeprogramm der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) oder des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) unterliegen, wobei dieses Finanzhilfeprogramm die Möglichkeit vorsehen muss, dass die EFSF oder der ESM Ankäufe auf dem Primärmarkt vornehmen.
  2. Geschäfte im Rahmen des OMT-Programms müssen sich auf das kürzere Ende der Zinsstrukturkurve konzentrieren.
  3. Es gibt keine im Voraus festgelegten quantitativen Grenzen.
  4. Die EZB erfährt die gleiche Behandlung wie private Gläubiger.
  5. Die EZB verpflichtet sich zur vollständigen Sterilisierung der erzeugten Liquidität.


Allerdings wurden die Rechtsakte zur Regelung des OMT-Programms bisher nicht erlassen. Damals reichte allein die Ankündigung aus, um die Eurokrise abzumildern. Nun steht die EZB aber vor neuen Herausforderungen (Deflation).

EuGH musste sich wegen Klage vorm Bundesverfassungsgericht mit OMT-Programm beschäftigen

Das Programm wurde aber wohl auch bislang nicht umgesetzt, weil sich der EuGH aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchen des deutschen Bundesverfassungsgerichts mit diversen Fragen zum OMT-Programm (Überschreitung des EZB-Mandats, Verstoß gegen das Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung, Irrelevanz der Berufung auf eine „Störung des geldpolitischen Transmissionsmechanismus“, unionsrechtskonforme Auslegung) auseinandersetzen musste.

Generalanwalt des EuGH gibt der EZB grünes Licht – unter bestimmten Bedingungen

Inzwischen gab der einflussreichste Gutachter beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), der Generalanwalt, sein Votum zu den vom Bundesverfassungsgericht vorgelegten Fragen im Zusammenhang mit dem Beschluss der EZB über den unbegrenzten Kauf von Staatsanleihen ab. Nach Auffassung des Generalanwalts Cruz Villalón ist das Programm der EZB für geldpolitische Outright-Geschäfte („OMT-Programm“) grundsätzlich mit dem geltenden Recht vereinbar.

Diese Vereinbarkeit setzt allerdings voraus, dass das Programm, wenn es zur Anwendung gelangen sollte, bestimmte Bedingungen einhält. Unter anderem muss es verhältnismäßig sein und die Käufe im Rahmen des Programms müssen zu Marktpreisen erfolgen. Auch muss sich die EZB, damit das OMT-Programm seinen Charakter als reine währungspolitische Maßnahme wahrt, jeder direkten Beteiligung an dem für den betroffenen Staat geltenden Finanzhilfeprogramm enthalten. Zudem muss das Programm gut begründet sein.

OMT-Programm ist bislang eine unvollendete Maßnahme

Der Generalanwalt stellte fest, dass eine solche Begründung in der Pressemitteilung der EZB vom 6. September 2012 nicht enthalten ist. Der Generalanwalt wies aber auch darauf hin, dass das OMT-Programm bislang eine unvollendete Maßnahme sei, da in der Pressemitteilung der EZB vom 6. September 2012 nur seine technischen Hauptmerkmale beschrieben wurden, der formale Erlass aber noch aussteht und es auch noch nicht angewendet wurde. Die Prüfung des OMT-Programms sei daher auf dieser Grundlage erfolgt.

Fehlt dem Gericht die Spezialisierung und Erfahrung?

Villalón ist der Meinung, dass die EZB bei der Umsetzung ihrer Geldpolitik einen breiten Ermessensspielraum haben muss und die Gerichte sich bei der Kontrolle der EZB zurückhalten sollten, da ihnen die Spezialisierung und Erfahrung fehlen, die die EZB auf diesem Gebiet seiner Ansicht nach besitzt. Fraglich ist aus unserer Sicht, ob das fehlende Fachwissen der Gerichte Grund dafür sein kann, einer Notenbank quasi einen Freifahrtschein auszustellen.

Was kann die EZB nun tun?

Letztlich stellt sich nun die Frage, was die EZB nun tun kann, um mit dem Kauf von Staatsanleihen zu beginnen. Nach Auffassung des Generalanwalts Cruz Villalón verletzt das OMT-Programm der EZB, so wie es sich aus den in der Pressemitteilung dargelegten technischen Merkmalen ergibt, nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und kann als rechtmäßig angesehen werden, vorausgesetzt, dass die EZB, wenn das Programm zur Anwendung gelangen sollte, die Begründungspflicht und die Erfordernisse, die sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergeben, streng einhält. Zudem müsse es, um das Verbot der monetären Staatsfinanzierung einzuhalten, unter zeitlichen Umständen durchgeführt werden, die tatsächlich die Bildung eines Marktpreises für die Staatsschuldtitel ermöglichen. Das bedeutet, dass die EZB Anleihen nicht direkt von betroffenen Staaten, sondern nur auf dem sogenannten Sekundärmarkt (wo sich der Marktpreis bilden kann) ankaufen darf. Zudem soll die Notenbank gewisse Fristen verstreichen lassen, damit sich ein Marktpreis für die Staatsanleihen bilden kann („zeitliche Umstände“).

Endgültige Entscheidung des EuGH ist noch nicht gefallen

Eine endgültige Entscheidung ist durch die veröffentlichte Auffassung des Generalanwalts übrigens noch nicht getroffen. In der Regel folgt der EuGH zwar der Einschätzung des Gutachters, mit einem finalen Statement ist aber wohl nicht vor dem Sommer 2015 zu rechnen. Insofern bleibt es eine spannende Frage, ob die EZB am 22. Januar und damit sowohl vor der Griechenland-Wahl (25. Januar) als auch vor dem endgültigen OK des EuGH zu dem Mittel der Staatsanleihenkäufe greifen wird.

EZB kann die nötigen Vorbereitungen treffen

Dass der Schlussantrag des Generalanwalts knapp eine Woche vor der EZB-Sitzung veröffentlicht wurde, lässt der EZB zumindest den Spielraum, die nötigen Beschlüsse vorzubereiten, die dann am 22. Januar getroffen werden können. Und dass sich der EZB-Chef Mario Draghi und seine Vertreter jüngst so oft zu Wort gemeldet haben, kann auch als Vorbereitung der Märkte auf Staatsanleihenkäufe gewertet werden.

Überraschungspotential liegt auf einer Marktenttäuschung

Die Kurse haben jedenfalls bereits viel eingepreist. Der Euro hat jüngst dramatische Kursverluste einstecken müssen, während der Bund Future auf neue Rekordhochs geklettert ist (wir berichteten). Zudem zeigt der DAX inzwischen eine deutliche Outperformance gegenüber den US-Indizes. Das Überraschungspotential liegt also darin, dass KEINE Staatsanleihenkäufe beschlossen werden. Entsprechend sollte man sich positionieren. Nicht umsonst rieten wir bereits am 7. Januar zu antizyklischen Trades.

(Quelle: Geldanlage-Brief, Ausgabe vom 14.01.2014)

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