Die griechische Regierung hat bei der Eurogruppe eine Verlängerung der finanziellen Hilfen beantragt, über die am Freitagnachmittag beraten wurde.
Vorbereitung auf den „Grexit“
Noch vor Start der Beratungen gab es Meldungen, wonach die Eurogruppe das Treffen auf 16:30 Uhr verschoben hat. Zudem wurde gemeldet, dass die EZB mehrere Krisenszenarien durchspielt, darunter auch ein Austritt Griechenlands. Die EZB treffe bereits entsprechende Vorbereitungen. Zählt man 1:1 zusammen, dann dürften die Ergebnisse der EZB-Planspiele bereits mit in die Beratungen eingeflossen sein.
Hängepartie geht weiter
Zwar haben sich letztlich die Euro-Gruppe und Griechenland vorerst auf eine 4-monatige Verlängerung des Hilfsprogramms geeinigt, doch Griechenland muss am Montag noch eine erste Liste mit Reformmaßnahmen vorlegen, die von der Euro-Gruppe akzeptiert werden müssen.
Dazu werden zunächst die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB) und der Internationale Währungsfonds (IWF) die Vorhaben im Eilverfahren prüfen und im besten Fall grünes Licht geben. Geschieht dies, würden die Euro-Finanzminister am Dienstag darüber beraten, ob ihnen die aufgelisteten Reformmaßnahmen ausreichen. Und bis zum Ende der kommenden Woche müssten dann noch in einigen Euro-Ländern (auch in Deutschland) die nationalen Parlamente der Verlängerungen des Hilfsprogramms zustimmen.
Kursgewinne könnten sich schnell wieder in Luft auflösen
Die vermeintliche Einigung im Schuldenstreit zwischen Griechenland und seinen europäischen Geldgebern hat den Aktienmärkten am Freitag Auftrieb verliehen. Was aber passiert, wenn der griechische Sparplan abgelehnt wird? Dann könnten sich die vielleicht zu voreiligen Erleichterungsgewinne vom Freitag schnell wieder in Luft auflösen.
Zumal selbst im Falle einer endgültigen Einigung keineswegs die eigentlichen Schuldenprobleme gelöst sind. Eher das Gegenteil ist der Fall, denn unter anderem wird in diesem Jahr auch noch in Spanien gewählt. Und auch dort könnten Parteien Wählerstimmen gewinnen, die der Sparpolitik den Kampf ansagen – insbesondere, wenn die neue griechische Regierung bei ihrem Pokern Erfolge erzielt.
Aufgeschoben, statt aufgehoben?
Dies werden die Euro-Politiker sicherlich verhindern wollen. Möglich sind also durchaus noch eine weiterhin ablehnende Haltung der Eurogruppe und sogar ein anschließender Ausstieg Griechenlands aus dem Euro. Vielleicht kam bei den EZB-Planspielen auch heraus, dass man zur Vorbereitung eines „Grexit“ noch Zeit benötigt und die Euroländer deshalb den 4-monatigen Aufschub gewährt haben?!
Alles beim Alten
Wir haben zu diesem Thema inzwischen alles Nötige geschrieben und Sie in den vergangenen Ausgaben Stück für Stück auf einen nach wie vor möglichen „Grexit“ vorbereitet. Die Überschrift des Geldanlage-Briefs vom 8. Februar lautete „Die Ruhe vor dem Sturm?“, am 11. Februar titelten wir „Griechenland – Euro-Austritt wird immer wahrscheinlicher“ und am 15. Februar „Den Worten müssen Taten folgen“. Im Vergleich zu den dort beschriebenen Situationen hat sich nichts, aber auch wirklich gar nichts verändert. Das ständige Hin und Her juckt inzwischen die Märkte kaum noch. Sie sind in eine abwartende Haltung übergegangen. Für neue Impulse braucht es endgültige Entscheidungen, ansonsten werden wir uns weiterhin in einer Warteschleife befinden – und mit uns die Märkte.
Keine Entschärfung im Ukraine-Konflikt
Dies gilt übrigens auch für den Ukraine-Konflikt, denn auch hier sind wir von einer endgültigen Lösung nach wie vor weit entfernt. Prorussische Separatisten sind Medienberichten zufolge in dieser Woche in die strategisch wichtige Stadt Debalzewe vorgedrungen. Damit droht der ausgehandelte Friedensplan zu scheitern.
Optimistische Szenarien sind weitestgehend eingepreist
Angesichts dieser aktuellen Meldungen könnte immer noch ein Sturm über Europa hinwegfegen. Die Reaktionen der Märkte dürften dann heftig ausfallen, da sie bislang die optimistischsten Szenarien weitestgehend eingepreist haben. Sollten sie sich tatsächlich bewahrheiten, könnte es noch zu einem Freudensprung kommen, es überwiegt aber das negative Überraschungspotential deutlich.
(Quelle: Geldanlage-Brief, Ausgabe vom 22.02.2015)