In den Medien kursiert derzeit häufig die Aussage, dass der Handelskonflikt zwischen China und den USA nun endgültig aus dem Ruder laufen würde. So gibt es eine weitere Liste mit Waren, auf die die USA Strafzölle erheben will. Der Umfang der Zölle beläuft sich dabei auf 10 % der chinesischen Exportgüter im Wert von 200 Milliarden Dollar. Es handelt sich angeblich um eine 196 seitige Liste mit rund 6.000 Produkten, unter anderem in den Bereichen Lebensmittel, Chemikalien, Textilien, Metalle und elektronische Geräte. Vor einem möglichen Inkrafttreten der Maßnahme soll der Anhörungsprozess noch bis Ende August gehen. Natürlich reagierte China mit Empörung und der Androhung von Gegenmaßnahmen.
Ist der Handelsstreit eskaliert oder nun doch nicht?
Ja, nun ist der Handelsstreit wirklich eskaliert. Diese Liste hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Oder Moment, vielleicht doch nicht? Gab es diese oder so ähnliche Meldungen nicht schon mehrfach in den vergangenen Wochen? Ist die Liste wirklich neu? Oder handelt es sich um eine schon bereits angekündigte Liste, die jetzt erst vorgelegt wurde?
Der Überblick über diese Thematik dürfte vielen Marktteilnehmern inzwischen schon abhandengekommen sein. Ich zeige Ihnen deshalb noch einmal die Auflistung vom Dienstag vergangener Woche:
(Quelle: DekaBank)
Nach dieser Liste haben die USA und China zwar viele verschiedene Zölle angekündigt und angedroht, wirklich umgesetzt wurden aber nur Zölle und Gegenzölle im Volumen von jeweils gerade einmal 34 Milliarden Euro. Diese werden am Freitag wirksam. Wann und welche weiteren Zölle darauf noch folgen werden, wissen nur die Verantwortlichen selber.
Eskalation nur bei den Medien, nicht bei der Börse
Laut den Medienberichten liegt der Tauchgang der Aktienmärkte aber genau an der neuen Meldung bzw. der „neuen Liste“. Kaum erwähnt wird dabei aber, dass der Nasdaq 100 zum Beispiel vorgestern fast sein Allzeithoch von vor drei Wochen erreicht hat.
Der S&P 500 notierte vorgestern sogar über seinem Hoch vom 13. Juni (siehe grüne Ellipse im folgenden Chart) und damit so hoch wie seit fast 4 Monaten nicht mehr.
Zumal man in beiden Charts sieht, dass die zugrundeliegenden, längerfristigen Aufwärtstrends noch völlig intakt sind. Die Panikmache der Medien schein die Börsen also nur wenig zu interessieren. Entsprechend möchte auch ich meinen Rat an Sie erneuern: Es bringt nichts, sich von derartigen Meldungen verunsichern zu lassen. Auch wenn das manchmal schwerfällt.
Diesen Rat hatte ich Ihnen übrigens schon am 12. April gegeben, als ich zuletzt einen Chart vom S&P 500 gezeigt hatte. Damals notierte der Index bei ca. 2.660 Punkten. Am Dienstag lag er per Schlusskurs rund 130 Zähler bzw. 5 % höher und war nur 79,03 Punkte bzw. 2,8 % vom Allzeithoch entfernt. Die Kurse würden also ganz sicher nicht auf diesem Niveau stehen, wenn der Handelsstreit zu irgendeinem Zeitpunkt wirklich „eskaliert“ wäre.
Zeit - Gewinne mitzunehmen
Zudem war am 12. April folgendes zu lesen: „Versuchen Sie stattdessen, schlicht die übergeordneten Chartmuster zu traden - also an Unterstützungen Käufe und an Widerstandslinien Verkäufe zu tätigen. Denn manchmal kann Börse auch recht einfach sein.“ Diejenigen, die diesen Rat gefolgt sind, konnten sich wunderbar an dem Aufwärtstrend orientieren. Durch Käufe an den Trendkanallinien konnte man gute Gewinne erzielen.
Nun könnte der Zeitpunkt gekommen sein, diese Gewinne auch mitzunehmen. Schließlich notiert der S&P 500 nun im Bereich von 2.790 bis 2.800 Punkten. Hier gibt es einige horizontale Widerstände durch die dortigen Hochs. Somit könnte sich nun auch hier, wie auch schon im Dow Jones, das obere Ende einer konkreten Seitwärtsrange etablieren. Beim Nasdaq100 sieht es sogar so aus, als würde sich ein Doppeltopp am Allzeithoch bilden. Auch bietet sich dem Index bis zum oberen Ende seines (dunkelgrünen) Aufwärtstrendkanals weniger Platz als bis zum unteren Ende. Insgesamt überwiegt damit die Wahrscheinlichkeit von neuen Kursrücksetzern.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus