In der Euro-Zone ist die jährliche Inflation im September auf 0,3 Prozent gefallen (nach 0,4 Prozent im August). Das ist der niedrigste Stand seit fast fünf Jahren und die Euro-Länder sind damit nicht mehr weit von einer gefährlichen Deflation entfernt (siehe folgende Grafik).
Trotzdem hat die Europäische Zentralbank (EZB) am vergangenen Donnerstag keine weiteren Maßnahmen beschlossen, die dieser Entwicklung zusätzlich hätten entgegen wirken können. Und dies, obwohl mit Deflation häufig eine Phase gemeint ist, in der nicht nur die Preise fallen, sondern Unternehmen deshalb auch ihre Investitionen zurückstellen und die Konjunktur dadurch einbricht.
Abbildung: Inflationsrate entfernt sich von 2-Prozent-Zielmarke der EZB (Quelle: Eurostat)
Sinkende (Energie-)Preise sind nicht zwingend negativ für die Wirtschaft
Doch nicht ohne Grund hat die Europäische Zentralbank (EZB) in der Vergangenheit oft betont, dass insbesondere die sinkenden Energiepreise für den Rückgang der Inflationsraten verantwortlich sind. Wie aus den Zahlen von Eurostat, dem statistischen Amt der Europäischen Union, hervorgeht, sanken die Preise für Energie im September im Jahresvergleich um 2,4 Prozent, nach bereits -2,0 Prozent im August.
Abbildung: Niedrige Inflation durch rückläufige Energiepreise (Quelle: Eurostat)
Werfen Sie dazu auch einen Blick auf die Rohölpreise (siehe folgender Chart, in dem die Ölsorte Brent dargestellt ist), die zuletzt teilweise massiv eingebrochen sind.
Abbildung: Rohölpreise (hier am Beispiel Brent) sind stark eingebrochen
Ist eine solche Entwicklung zwingend negativ für die Wirtschaft? Nein! Denn erstens ist ein solcher Preiseffekt im Hinblick auf die Inflationsraten meist nur temporärer Natur und zweitens wirken sich sinkende Energiepreise auch positiv auf die Gewinne der Unternehmen aus.
Man muss also schon genauer hinsehen, warum es zu deflationären Tendenzen kommt. Nicht immer ist eine solche Entwicklung ein Hinweis auf eine dramatische Krise.
Die Phase saisonal bedingt fallender Rohstoffpreise geht zu Ende
Ja, gut, auch andere Rohstoffe haben zuletzt deutlich an Wert verloren. So zum Beispiel im Bereich der Lebensmittel.
Abbildung: Sinkende Preise bei Lebensmitteln (Quelle: Eurostat)
Werfen Sie dazu einen Blick auf den Kursverlauf von zum Beispiel Mais (blau im folgenden Chart), Weizen (rot) oder Zucker (grün):
Abbildung: Lebensmittelpreise sind seit dem Sommer stark gefallen
Doch bei Betrachtung saisonaler Charts ist auch diese Entwicklung nicht ungewöhnlich. Bei den meisten dieser Rohstoffe kehrt sich der Abwärtstrend ab Ende September in eine deutliche Aufwärtsbewegung um. So konnte Zucker zum Beispiel bereits ein klares Zeichen in diese Richtung senden (siehe folgender Chart).
Abbildung: Zucker sendet klares Zeichen in Richtung saisonaler Trendumkehr
Die EZB hat die Inflationsraten gut im Griff
Entsprechend nachvollziehbar ist es, dass die EZB für die Jahre 2015 und 2016 ein Anziehen der Inflationsraten erwartet. Und gewöhnlich weiß die EZB, was sie tut, und hat die Inflation die meiste Zeit sehr gut im Griff. So zeigt sich im ersten Chart oben, dass die Inflationsrate im Zeitraum von 2000 bis kurz vor Beginn der Krise im Jahre 2007 sehr schön um die Zielmarke der EZB von 2 Prozent herumpendelte. Die vielen Kritiker der EZB sollten also etwas mehr Vertrauen in Experten wir Mario Draghi haben.
(Quelle: Geldanlage-Brief, Ausgabe vom 08.10.2014)