Dieser Artikel erschien zuerst auf Nebenwerte Online
Die Kernkraft ist wieder en vogue. 53 neue Reaktoren befinden sich gerade im Bau, davon 21 in China, 8 in Indien und jeweils drei in Russland, Südkorea und der Türkei. Gerade hinsichtlich einer nahezu explodierenden Nachfrage nach CO2-freier Energie ist die lang verpönte Atomkraft wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Doch einfach mal auf Knopfdruck lässt sich sauberer Atomstrom nicht ad hoc produzieren, erforderlich sind Milliarden-Investitionen und eine sichere Rohstoffbezugsquelle. Das wichtige Ausgangsmaterial Uran ist aber sehr selten und äußerst knapp auf dem Planeten verteilt. Der Uran-Spot-Preis, der nach Fukushima jahrelang in einem Bereich von weniger als 20 USD je Pfund angesiedelt war, schoss bis zum Jahresende 2023 auf über 100 USD. Aktuell steht er bei 95,80 USD knapp darunter, beruhigend ist das für verantwortlichen Energiemanager stromhungriger Staaten leider nicht. Es lohnt sich ein tieferer Blick. Wo liegen die Chancen für Anleger?
Ungebrochene Uran-Nachfrage treibt den Preis
Nach einem Top bei etwa 105 USD kam es im Verlauf des Februar 2024 zu einer ersten Konsolidierung beim Uran Future-Preis. Die vor wenigen Jahren noch gut gefüllten Lager der Energieversorger sind wegen andauernder Unterkapazitäten nahezu leergefegt und der eigentlich nicht existente Uran-Spot-Markt, der ohnehin nur einen Bruchteil der Nachfrage befriedigen kann, ist längst ausgetrocknet. Die beiden größten Produzenten Kazatomprom (LON:KAPq) und Cameco (NYSE:CCJ) meldeten jüngst, dass ihre geschätzte Produktion bis in das Jahr 2025 hinein bereits ausverkauft ist. Gleichzeitig gehen aber weiter neue Kraftwerke ans Netz und stillgelegte Reaktoren befinden sich in der Wiederbelebung. Gerade zögerliche Versorger (NYSE:XLU) haben es versäumt, sich rechtzeitig mittels entsprechender langfristiger Lieferverträge zu binden. Nun fehlt der Brennstoff-Nachschub für die kommenden Jahre.
Cameco, Energy Fuels und enCore – Nordamerika läuft auf Hochtouren
Die USA und seine westlichen Verbündeten haben die Notlage im Urangeschäft längst erkannt. Jetzt drängt die Zeit.Die beiden Branchenriesen Cameco (TSX: CCJ WKN: 882017 ISIN: CA13321L1085) und NAC Kazatomprom (NYSE: NATKY WKN A2N9D5 ISIN: US63253R2013) können sich zurücklehnen, sie müssen ihre Vorräte nur effizient bewirtschaften und ausliefern. Deren geschätzten Produktionen reichen zwar um eine weltweite Führerschaft inne zu haben, dennoch zeigen die Verbrauchswerte weiter nach Norden, d.h. es müssen schnellstens neue Kapazitäten geschaffen werden. Nach der neuen Taxonomie-Verordnung der EU-Kommission ist die Kernenergie mittlerweile wieder als „grüne Energiequelle“ eingestuft, da sie im Betrieb CO₂-neutral läuft. Im weltweiten Ranking der Produktionsländer hat Kasachstan mit einer Kapazität von etwa 24.000 Tonnen die Nase Vorn, dicht gefolgt von Kanada mit gut 7.000 sowie Namibia und Australien mit etwa 4.000 bis 6.000 Tonnen.
Cameco war in 2023 voll ausgelastet und erzielte einen Umsatz von 2,59 Mrd. CAD. Das entspricht einer Steigerung um 38,5% gegenüber dem Vorjahr. Operativ blieben 246 Mio. CAD in den Büchern. Die Krux für den niedrigen Gewinn: Man hatte über die Jahre hinweg sehr niedrige Abgabepreise an die Energieerzeuger verhandelt. Diese lassen sich jetzt erst über die Zeitachse nach oben adjustieren. Der Gewinn je Aktie konnte sich aber immerhin von 0,22 auf 0,83 CAD fast vervierfachen.Cameco und seine Vorgängerunternehmen betreiben seit mehr als 60 Jahren Uranabbau, hauptsächlich aus dem Athabasca-Becken im Norden von Saskatchewan, wo sich die weltweit größten, hochgradigen Uranlagerstätten befinden. Die Cameco-Aktie musste seit ihrem Hoch bei 47,40 EUR eine Korrektur von knapp 20 % hinnehmen und notiert jetzt bei 38,80 EUR. Auf der Plattform Refinitiv Eikon empfehlen 8 von 9 Analysten die Aktie zum Kauf, das durchschnittliche Kursziel liegt bei etwa 73 CAD oder 50 EUR. Die Korrektur in der Aktie kann als gesund bezeichnet werden, immerhin lagen die Ergebnisse leicht unter den Erwartungen.
Neben Cameco haben nun auch die in den USA produzierenden Kanadier enCore Energy (NASDAQ:EU) (TSX: EU WKN: A3DLRK ISIN: CA29259W7008) und Energy Fuels (TSX: UUUU WKN: A1W757 ISIN: CA2926717083) ihre Produktionen aufgenommen. Bereits im November 2023 startete enCore seine Förderung im südtexanischen Rosita-Projekt. Energy Fuels kann in seinen drei aktiven Minen in den Bundesstaaten Arizona und Utah nun jährlich 1,1-1,4 Mio. Pfund U308 produzieren. Durch diese Beiträge werden die weltweiten Kapazitäten dennoch nur um 3 % vergrößert. Hier muss also noch deutlich mehr investiert werden, der Uran-Hunger ist groß!
Madison Metals nutzt die perfekte Infrastruktur in Namibia
Im fernen Namibia, dem drittgrößten Produzenten von Uran, hat sich der kanadische Explorer Madison Metals (CSE: GREN WKN: A3CUJV ISIN: CA55658R2081) auf die Suche gemacht. Das südwest-afrikanische Land empfiehlt sich mit einer stabilen Regierung und bergbaufreundlicher Gesetzgebung. Mit nur 2,5 Mio. Einwohnern ist es eines der am wenigsten besiedelten Gebiete der Welt. Wer hier den ersten Spatenstich ansetzt, ist willkommen, immerhin möchte man die sozial-ökonomische Entwicklung des afrikanischen Staates in den nächsten Jahren deutlich beschleunigen, der internationale Zuzug hat sich zuletzt stark dynamisiert. Namibia besitzt umfangreiche Kupfer- und Uranvorkommen, China ist bereits seit einigen Jahren als Investor vor Ort zu finden. Das Potenzial ist riesig, denn die Uran-Vererzungsgrade zählen zu den höchsten, die je erbohrt wurden.
Madison meldet die ersten Explorationsergebnisse aus seinem Projekt in der Provinz Erongo. In dieser Provinz befinden sich bekannte Uranlagerstätten wie die Rössing-Mine, Husab, Valencia, Etango und die Langer-Heinrich-Mine. Im firmeneigenen Khan-Projekt nähe Madison West wird die Entdeckung einer hochgradigen Uranmineralisierung berichtet. Eine Oberflächenprobe zeigte mit 8,47 % Gehalt an U3O8 (Triuran-Oktoxid) bereits erfreuliche Aussichten, denn sie stellt eine bedeutende Ausweitung der neuen Uranmineralisierung dar und erweitert den aktuellen Aktionsradius sowie die Projektpipeline von Madison.
„Die Uranentdeckung von Madison bei Khan weist einen Gehalt auf, der mit den renommierten Lagerstätten in Niger und im Athabasca-Becken vergleichbar ist, und hat eindeutige Vorteile: Die Khan-Entdeckung wird an der Oberfläche beprobt, befindet sich in LKW-Entfernung zu einer bestehenden Aufbereitungsanlage, liegt in einem lizenzierten Bergbaugebiet und erfordert nur minimales Kapital, um die Produktion zu beschleunigen…Die solide interne Wirtschaftsanalyse, die sich auf lokales Fachwissen stützt, positioniert Madison auf direktem Weg zum nächsten wichtigen Akteur auf dem Uranmarkt.“ sagte CEO Duane Parnham.
Die aktuellen Explorationsarbeiten von Madison folgen auf die ersten Feldarbeiten zur Verifizierung von radiometrischen Anomalien aus der Luft. Die anschließenden Explorationsaktivitäten bestanden aus sieben oberirdischen Steinsägengräben, begleitet von Leucogranit-Kartierungen, Probenahmen und Hand-Szintillometer- und Spektrometer-Messungen. Die ersten Untersuchungsergebnisse von 10 Proben ergaben ermutigende hohe Urangehalte. Die Erwartungen an das Projekt liegen bei perspektivischen Reserven von mehr als 200 Mio. Pfund U3O8, bereits 9 Mio. Pfund wurden historisch nachgewiesen. Vielleicht kann sich die Madison-Lagerstätte ähnlich gut entwickeln, wie die bereits stark bewirtschaftete Rössing Mine in unmittelbarer Nachbarschaft.Mit einer Marktkapitalisierung von knapp 10 Mio. CAD ist die Gesellschaft noch von überschaubarer Größe. Mit den nun geplanten Bohraktivitäten im Jahr 2024 könnte der Fokus der Uran-Investoren sehr schnell auf die aussichtsreiche Liegenschaft in Erongo fallen, denn die Namibia Uran-Erfolgsstory läuft bereits seit einigen Jahrzehnten.
Alternative Wasserstoff: Hier läuft eine Baisse vom anderen Stern
Weiterhin schlechte Meldungen aus dem Sektor Wasserstoff: Die bekannten Protagonisten Nel (OL:NEL) ASA (OSLO: NLLSF WKN: A0B733 ISIN: NO0010081235) und Plug Power (NASDAQ: PLUG WKN: A1JA81 ISIN: US72919P2020) sind nach dem Horror-Jahr 2023 immer noch im freien Fall. Mit 2,01 EUR hat Plug Power (NASDAQ:PLUG) Mitte Januar sogar ein neues 5 Jahrestief erreicht, bei Nel ASA lief es mit 0,369 EUR auch nicht besser. Seit drei Tagen scheinen sich die Werte allerdings stabilisieren zu können. Mit Initialbewegungen von 10 bis 15 % Plus gehen die Anleger wohl hoffnungsvoll in die Berichtssaison.
Der Elektrolyseur-Pionier aus Norwegen legte gestern seine Jahreszahlen für 2023 vor und konnte die Gemüter zumindest beruhigen. Denn mit einer Cash-Position von 3,6 Mrd. NOK ist keine bilanzielle Gefahr angesagt. Beim berichteten Umsatz als auch beim EBITDA kann Nel die Markterwartung sogar leicht übertreffen. Darüber hinaus will das Unternehmen die Abspaltung seiner defizitär wirtschaftenden Fueling-Division vorantreiben. In Q4 steigerte Nel seine Erlöse um 29 % auf 534 Mio. NOK, die Expertenschätzungen beliefen sich hingegen nur auf knapp 442 Mio. NOK. Klar blieb man mit einem EBITDA von minus 106 Mio. NOK weiterhin defizitär, aber immerhin konnte der Verlust zum Vorjahr halbiert werden. Weiterhin rückläufig entwickelte sich der Auftragseingang, hier haben die Norweger einen satten Rückgang von 81 % zu verkraften. Die Aktie verlor nach einem schnellen 10 %-Aufschlag auch wieder an Boden und landete bei 0,43 EUR – immerhin ein kleines Plus.
Interessant wird es nun beim US-Kollegen Plug Power, hier werden die Zahlen für Q4 am Freitag, den 1. März erwartet. Zur Wochenmitte gab es bereits einen Kurssprung von 20 % – jetzt schon Gutes zu erwarten, wäre dennoch verfrüht. Marktbeobachter halten den Absturz von 93% seit dem Jahr 2021 für etwas übertrieben und gestehen dem beliebten Wasserstoff-Wert zumindest 50 % technisches Erholungspotenzial zu. Steigen wird die Aktie aber wohl nur, wenn Plug Power im Umsatz an die Milliardengrenze kommt und einen Verlust von weniger als 0,37 USD je Aktie vorweisen kann. Was der schillernde CEO Andy Marsh am Ende der Woche zu berichten hat, ist sicherlich einer der spannendsten Finanztermine zum anstehenden Monatswechsel.
Fazit
Im Uran-Sektor dominiert eine Defizit-Szenario, was die Spot- und Terminpreise weiter hochhalten wird. Mit rund 100 USD pro Pfund haben die aktuell fördernden Minen aber ein gutes Auskommen, liegt doch der durchschnittliche Produktionspreis bei etwa 35 USD je Pfund. Treiber des Sektors ist die neue Gesinnung nach der Klimakonferenz in Dubai: Kernenergie ist wieder Grün! Ein Problem bleiben die geringen Anreicherungskapazitäten. Trotz insgesamt hoher Volatilität im Rohstoff-Sektor haben geopolitische Unruhen derzeit eher einen Preis-Erhöhungseffekt. Wegen des fortgeschrittenen Ausverkaufs könnte der Wasserstoff-Sektor vor einer größeren technischen Erholung stehen.