Interview mit Bogner über Geldmengenerweiterung

Veröffentlicht am 08.05.2014, 17:28
Aktualisiert 09.07.2023, 12:31

"Je länger die Geldmenge erhöht wird, umso gewaltiger wird das Ende"

  • Minenanalyst Stephan Bogner im Gespräch mit dem österreichischen Goldhändler Philoro über die Folgen der Geldmengenerweiterung, warum die Regulierung von Blutdiamanten eine Kehrseite hat und warum Gold als Investment wichtig bleibt.


Stephan Bogner ist Spezialist für Finanz- & Asset-Management, Produktion- & Logistik und International Law & Entrepreneurship. Seit 2010 ist er als Minen-Analyst bei verschiedenen Research-Häusern aktiv und auf die Analyse und Bewertung von Kapitalmärkten und börsengelisteten Unternehmen spezialisiert. Der Fokus liegt auf Geologie, Exploration, Entwicklung und Produktion von Rohstoff-Lagerstätten.

philoro: Wie schätzen Sie unser aktuelles Wirtschaftssystem ein, das ohne ständige Geldmengenerweiterung offenbar nicht mehr funktioniert?

Bogner: Die Geldmengenerweiterung ist seit 43 Jahren der Motor für die rasante Entwicklung der Welt. Noch nie zuvor konnte so viel Wohlstand über einen so langen Zeitraum geschaffen werden. Die Frage ist nur, welchen Preis wir dafür noch zahlen werden müssen. Denn je länger dieses System anhält, desto gewaltiger wird das Ende. Nur wer sich einen Rettungsanker aus Gold und Silber wirft, sprich mit Edelmetallen hat gute Chancen dem Problem zu entkommen.

Warum folgt nach der Geldmengenausweitung zwangsläufig der Kollaps der Wirtschaft, ihrer Ansicht nach?

Bogner:Während in der Geschichte einer exorbitante Geldmengenerweiterung stets eine berichtigende Inflation binnen weniger Jahre folgte, so hat man es seit 1971 geschafft, diesen Abrechnungszeitpunkt auf wundersame Weise zu verschieben. Man könnte glauben das Inflationsgespenst sei ausgerottet. Doch darauf würde ich nicht wetten. Zum ersten Mal in der Geschichte des Geldes führte eine überzogene Geldmengenerweiterung, die wir seit Jahrzehnten beobachten, nicht zu einer entsprechend hohen Inflation in der Realwirtschaft.

Warum bleibt die Inflation bisher aus?

Bogner: Viele Menschen sind erbost darüber, wie die EZB derart viel Geld aus dem Nichts schöpft und damit Inselstaaten wie Griechenland mit Geld überflutet oder Banken vor der Dehydratisierung rettet. Stellt sich die Frage: Warum können nicht gleich ein paar Milliarden mehr gedruckt werden, um etwa in Schulen investiert zu werden oder es wird den Menschen direkt gegeben, um die Wirtschaft anzukurbeln? Die Antwort auf diese Fragen ist einfach: Wenn das viele Geld in die Realwirtschaft gelangt, dann ist zuviel Liquidität im Markt und das kurbelt die Inflation an. Derzeit ist bereits zuviel Liquidität, aber zum ersten mal in der Geschichte des Geldes haben es die Banker über einen bemerkenswert langen Zeitraum geschafft, die erweiterte Geldmenge zu kontrollieren bzw. so zu steuern und in virtuelle Kanäle umzuleiten, dass so wenig wie möglich in die Realwirtschaft überschwappt.

Hat man die Gefahr einer hohen Inflation damit im Griff?

Bogner: Die Inflation ist weder verschwunden noch ausgehebelt, sie treibt ihr Unwesen nur woanders, nämlich in den Finanzmärkten. Die Börsen, Kapital- und Kreditmärkte blähen sich auf, eine Blasenbildung ist absehba. Früher oder später wird die hohe Geldmenge jedoch ihren Weg in die Realwirtschaft finden. Wohl dem, der sich schon vorher mit realem, physischem Gold und Silber effektiv abgesichert hat, denn jedwede Verwerfung korrigiert sich im Laufe der Zeit von selber.

Kommt die Europäische Zentralbank Ihrer Meinung nach der Aufgabe für Geldwertstabilität zu sorgen nach?

Bogner: Nein, wenn Zentralbanken unbegrenzt Geld aus dem Nichts schaffen dürfen, wie kann dann sichergestellt werden, dass Geld ausreichend knapp und somit werthaltig bleibt? Welche Instanz kontrolliert das? Die Geschichte sollte uns gelehrt haben, dass jeder dieser Versuchung schlussendlich erlegen ist. Die Lösung sind Investments in Gold. Man weiß zwar mittlerweile, dass der Goldstandard nicht perfekt ist und inhärente Probleme in sich trägt. Jedoch gibt es keine bessere Lösung als gedeckte Währungen, denn nur dadurch kann sichergestellt werden, dass nicht der Versuchung der exorbitanten Geldschöpfung nachgegeben wird.

Was ist der Vorteil einer gedeckten Währung?

Bogner: Gedeckte Währungen fungieren als einzige natürliche Bremse davor. Deswegen darf nicht Gold als primitives Instrument angesehen werden, wenn es doch der Mensch ist, der zeitlos ein Instrument zur Mäßigung von Nöten hat. Oder wie Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Notenbank es formulierte: „Die Unabhängigkeit der Notenbanken ist ein außergewöhnliches Privileg – ein Selbstzweck ist sie jedoch nicht. Vielmehr dient sie im Kern dazu, glaubwürdig sicherzustellen, dass sich die Geldpolitik ungehindert darauf konzentrieren kann, den Geldwert stabil zu halten.”

Viele Menschen haben Angst vor einer drohenden hohen Inflation. Politische Akteure und Zentralbänker hingegen sehen die Bekämpfung von Deflation als vorrangiges Ziel, wie sehen sie diese divergierenden Standpunkte?

Bogner: Wenn die EZB sich darüber beschwert, dass zu wenig Inflation herrscht und dies zum Problem werden kann, dann frage ich mich, warum sie sich nicht einfacheren Mittel der Inflationsbeschleunigung bedient. Am einfachsten ist es doch, die Löhne zu erhöhen, wodurch gleichzeitig noch eine zweite Fliege geschlagen werden kann, und zwar die verarmende Bevölkerung zu besänftigen. Oder einfach ein paar Milliarden hier und da gezielt in die Realwirtschaft umleiten, was sofort den Konsum und die Preise ankurbelt. Das Problem ist nicht eine zu niedrige Inflation, sondern vielmehr die Legitimierung der Mittel, die für eine Aufrechterhaltung des in Endzeitstimmung verharrten Papiergeldsystems von Nöten sind (z.B. unbegrenzte Anleihekäufe) und schlicht und ergreifend als inflationär bekannt sind. Um inflationär wirkende Maßnahmen erlaubt zu bekommen, muss zum einen die offizielle Inflationsrate künstlich niedrig gehalten werden und zweitens eine zu niedrige Inflation als Gefahr gebrandmarkt werden

Welche Rolle sollte Ihrer Meinung nach Gold in einer modernen Finanzwirtschaft spielen?

Bogner: Gold gehört als ein er der maßgebenden Faktoren zum Geldsystem. Wir müssen aber zurück zum reinen Gold Standard, diese altmodische Form, denn sie hat funktioniert. Und nicht nur aus finanzpolitischen Beweggründen. Der Gold Standard zwang Nationen dazu, ihre Schulden, ihre Ausgaben und ihre sozialistischen Pläne in Grenzen zu halten. Das bedeutete, dass sich um diese Begrenzungen herum vernünftige Verhaltensgewohnheiten bildeten, und diese Verhaltensgewohnheiten färbten auf jedermann ab. Heute haben wir Ursache und Wirkung des gegensätzlichen Standards: Keine gut gezogenen Grenzen mehr für Staatschulden, Wohlfahrt oder sozialistische Pläne.

Wie schätzen Sie die aktuelle Situation auf dem Goldmarkt ein? Haben wir es mit einer Korrektur oder einer nachhaltigen Schwächephase zu tun?

Bogner: Ich sehe die Korrektur seit 2011 nicht als Verkaufswelle, sondern als bestechende Kaufphase. Es ist ähnlich wie bei den vielen Zeitungsüberschriften der 1990er und 2000er Jahre, als immer wieder darauf hingewiesen wurde, dass Zentralbanken ihr Gold verkaufen, verkaufen und nochmals verkaufen.

Kann man grundlegende Änderungen auf dem Goldmarkt feststellen hinsichtlich den Akteuren und deren Verhalten?

Bogner: Ja, der Markt verändert sich permanent. Bei Gold und Silber sind wir mittlerweile an einem Punkt gelangt, an dem es nicht mehr viele echte Verkäufer gibt. Die Goldpreisdrückungsaktionen dienen auch dem Zweck, dass andere dazu animiert werden sollen, ebenfalls zu verkaufen, sodass von diesen Entmutigten das Gold abgekauft werden kann. Irgendwann wird auch die letzte schwache Hand verkauft haben, woraufhin nichts mehr zu holen ist. Das wird dann wieder der Zeitpunkt, an dem der Goldpreis wieder steigen darf, da höhere Preise wieder neue Käufer und schliesslich wieder neue Verkäufer gebären. Dieses Spiel der Umverteilung wird so lange ablaufen, bis die Rahmenbedingungen es auch zulassen. Externe Schocks können dies von heute auf morgen ändern und der Goldpreis steigt schnell stark an. Darüberhinaus haben Länder wie Russland, China und Iran seit Jahren ihre Edelmetallbestände erhöht, weil sie erkannt haben, dass die Zukunft den Edelmetallen gehört und dass die US-Notenbank das Gold wie der Teufel das Weihwasser scheut.

Wie lautet Ihre Einschätzung hinsichtlich Silber?

Bogner: Silber ist das bessere Gold, wie Thorsten Schulte sein lesenswertes Buch betitelte. Wenn Sie von der Zukunft von Gold überzeugt sind, dann werden Sie Silber lieben. Zum Beispiel steigt Silber in Haussezeiten um ein Vielfaches stärker als Gold. Die Kehrseite ist, dass Silber in Baissezeiten viel stärker fällt als Gold. Alles hat Vor- und Nachteile, jedoch überwiegen die Vorteile für ein langfristiges Engagement mit Silber anstatt Gold, wobei es nicht verkehrt ist, auf beide zu setzen.

Sehen Sie als Minen–Analyst die Zukunft im fairen Abbau und Handel von Gold, Silber oder Diamanten?

Bogner: Nein. Ich begrüße jedoch die weltweiten Initiativen, die eine nachhaltige Diamanten- und Goldproduktion mit einer verbesserten sozialen und umweltbewussten Verträglichkeit unterstützen. Konfliktfreie Diamanten erscheinen als eine gute Sache. Allerdings sollte auch immer die Kehrseite der Medaille betrachten, wenn Marktregulierungen begrüßt werden, die man wie das Beispiel „Blutdiamanten“ zeigt durchgesetzt werden konnten. Der sog. Kimberley Zertifizierungsprozess wurde in den meisten diamanthandelnden Ländern der Welt per Gesetz eingeführt, damit wohl jeder (mehr oder weniger) konfliktfreie Rohdiamant durch die Hände bestimmter Firmen gehen kann. Nachdem ein Zertifikat über den konfliktfreien Rohdiamant ausgestellt wurde, bietet es sich dem Besitzer an, diesen auch an diesen Gutachter, oder einen von ihm empfohlenen Käufer, zu verkaufen. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Gewinnmarge zwischen Rohdiamant und poliertem Brillantschliff nach wie vor gigantisch sind. Diese Marge will kontrolliert werden und wird seit Einführung des Kimberley Process auch effektiv kontrolliert.

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