Die jüngsten Beschäftigungsdaten fielen zwar deutlich besser aus als erwartet, untermauern aber letztlich das, was sich bereits angedeutet hatte: Die Konjunktur verliert an Schwung.
Gerade deshalb sind die Beschäftigungszahlen so relevant – ohne anhaltendes Jobwachstum gerät die Wirtschaft ins Stocken.
Um mit dem Bevölkerungswachstum Schritt zu halten, braucht es im Schnitt rund 200.000 neue Stellen pro Monat. Nur dann kann die Wirtschaft weiter wachsen. Der Grund: Wie im #BullBearReport vergangene Woche erläutert, hängen etwa 70 % des Wirtschaftswachstums direkt mit dem Konsum zusammen. Dort heißt es:
"Es gibt derzeit keine Anzeichen dafür, dass die Wirtschaft in eine Rezession abrutscht. Wenn man jedoch wissen will, ob sich ein wirtschaftlicher Rückgang zu einer Rezession entwickeln könnte, gibt es einen Schlüsselfaktor, den immer zu beachten ist: die Verbraucherausgaben. Die Verbraucherausgaben stehen für fast 70 % des BIP, und alles andere, von den Investitionen der Unternehmen bis zu den Importen und Exporten, ist eine Funktion der ’Nachfrage’ der Verbraucher.
Mit anderen Worten: Wenn die Verbraucher ihre Ausgaben zurückschrauben oder einschränken, werden die Unternehmen nicht in Expansionsprojekte, mehr Arbeitsplätze oder den Kauf weiterer Produkte für den Wiederverkauf ’investieren’. Diese Beziehung ist in der nachstehenden Grafik dargestellt, in die Ausgaben der Verbraucher (PCE) mit der Beschäftigung und den privaten Investitionen verglichen werden."
Am wichtigsten ist dabei: Konsum setzt Produktion voraus. Ohne vorher etwas zu erwirtschaften, können Verbraucher auch nichts ausgeben. Einkommen entsteht durch Arbeit – und erst dieses Einkommen macht Konsum überhaupt möglich.
Dieser Zusammenhang ist entscheidend und wird in der folgenden Grafik veranschaulicht: Produktion kommt zuerst, Konsum folgt.
Das ist der entscheidende Punkt: Nicht jeder Job ist gleich viel wert – zumindest nicht, wenn es um nachhaltigen Konsum geht.
"Damit ein Haushalt wirtschaftlich nachhaltig konsumieren kann, ist eine Vollzeitbeschäftigung nötig. Nur solche Stellen ermöglichen höhere Löhne, Sozialleistungen und eine Krankenversicherung – also die Basis, um eine Familie zu versorgen. Teilzeitjobs reichen dafür nicht aus."
Während viele Medien derzeit von „starken Arbeitsmarktdaten“ sprechen, geht es dabei oft vor allem um die Rückkehr von Jobs, die während des wirtschaftlichen Stillstands verloren gegangen sind. Was dabei gern unter den Tisch fällt: Der Anteil an Vollzeitstellen geht deutlich zurück.
Historisch betrachtet ist das ein Warnsignal – denn immer dann, wenn das Wachstum der Vollzeitbeschäftigung ins Negative gedreht ist, folgte früher oder später eine Rezession.
Durch die starke Zuwanderung in die USA in den vergangenen Jahren ist der Anteil der Vollzeitbeschäftigten an der Gesamtbevölkerung deutlich gesunken. Und genau dieser Anteil ist entscheidend – denn nur Vollzeitstellen schaffen die Einkommensbasis für zusätzlichen, also überschüssigen, Konsum. Wenn die Wirtschaft weiter kräftig wachsen soll, müsste dieser Anteil eigentlich steigen.
Doch genau das ist nicht passiert. Seit der Jahrtausendwende ist die Vollzeitbeschäftigung rückläufig – ein Trend, der vor allem durch Automatisierung, technologische Entwicklungen und die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland getrieben wurde.
Und auch wenn Ex-Präsident Biden in seiner letzten SOTU-Rede ein starkes Beschäftigungswachstum betont hat: Der Anteil der Vollzeitbeschäftigten an der erwerbsfähigen Bevölkerung hat das Vorkrisenniveau bislang nicht wieder erreicht.
Auffällig ist: Immer dann, wenn die Vollzeitbeschäftigung stark zurückging, folgte kurz darauf eine Rezession.
Eine Rezession ist kurzfristig nicht in Sicht – aber das Wachstum dürfte sich verlangsamen
Die jüngsten Arbeitsmarktdaten haben die Sorgen vor einer unmittelbar bevorstehenden Rezession erst einmal gedämpft. Das Beschäftigungswachstum bleibt solide genug, um das Wirtschaftswachstum insgesamt zu stützen – und um die Befürchtung zu zerstreuen, dass sich Unternehmenslenker aus dem Jobaufbau zurückziehen könnten.
Allerdings zeigt sich ein anderes Bild bei den Löhnen: Die Dynamik lässt spürbar nach – ein Zeichen dafür, dass auch die wirtschaftliche Nachfrage an Kraft verliert.
Wie so oft bei einer abkühlenden Konjunktur schauen Unternehmen zuerst auf den teuersten Kostenfaktor: die Beschäftigung.
Der Abbau von Vollzeitstellen ist dabei meist der direkteste Hebel, um Margen und Gewinne zu stabilisieren. Trotzdem zögern viele Unternehmen damit – gute Mitarbeiter sind teuer in der Einarbeitung und schwer zu ersetzen, weshalb man sie in der Regel so lange wie möglich hält.
Doch wenn die Nachfrage zu stark einbricht, bleibt oft keine andere Wahl: Auch Vollzeitkräfte müssen gehen, um die Profitabilität zu sichern. Damit setzt sich ein vertrauter Zyklus fort – ein Muster, das sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt hat, bis der Tiefpunkt erreicht ist und der nächste Aufschwung beginnt.
Während die Vollzeitbeschäftigung im Zuge der wirtschaftlichen Abkühlung bereits zurückgeht, zeigt sich nun auch eine nachlassende Nachfrage nach Zeitarbeitskräften – ein Trend, der wie erwartet mit der Abschwächung des Wachstums einhergeht.
Der Hintergrund ist klar: Der Abbau von Zeitarbeit ist für viele Unternehmen der erste Schritt, um ihre Personalkosten zu senken, ohne gleich an die Stammbelegschaft heranzumüssen. Vollzeitkräfte sind meist zentral für den laufenden Betrieb – und werden daher möglichst lange gehalten.
Wie bereits beschrieben, folgt jedoch oft der nächste Schritt, sobald das Einsparpotenzial bei den Zeitarbeitskräften ausgeschöpft ist: Dann geraten auch Vollzeitstellen unter Druck.
Die jüngsten Arbeitsmarktdaten liefern derzeit kaum Argumente für diejenigen, die weiterhin eine Rezession im Jahr 2025 erwarten. An der Wall Street verabschieden sich viele Analysten inzwischen recht zügig von früheren Rezessionsprognosen und richten den Fokus zunehmend auf eine Verlangsamung des Wachstums.
Allerdings kann sich diese Einschätzung schnell wieder drehen – nämlich dann, wenn die privaten Konsumausgaben deutlicher unter Druck geraten.
Wie bereits erwähnt: Rund 70 % des Wirtschaftswachstums hängen am Konsum. Wenn dieser schwächer wird, sinkt in der Folge auch die Beschäftigung – was wiederum den Konsum weiter belastet. Verstärkt sich dieser Kreislauf, entsteht daraus genau das Muster, das letztlich in eine Rezession führen kann.
Indikatoren, die wir beobachten
Wie schon erwähnt, bleiben die Beschäftigungsdaten verhalten – doch es gibt weitere Indikatoren, die wir aufmerksam beobachten, um frühzeitig zu erkennen, ob sich ein stärkerer Abbau von Arbeitsplätzen abzeichnet.
Ein zentraler Faktor ist dabei das CEO-Vertrauen, das vom Conference Board regelmäßig erhoben wird. Seit dem Tiefpunkt im Oktober 2022 hat sich die Stimmung unter den Unternehmenschefs deutlich aufgehellt: Im ersten Quartal 2025 stieg der Wert auf 60 – nach 51 im vierten Quartal 2024. Diese verbesserte Zuversicht hat die Vollzeitbeschäftigung gestützt, da sich gleichzeitig die Erwartungen für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr verbesserten.
Allerdings ist das CEO-Vertrauen ein nachlaufender Indikator – und die Daten für das erste Quartal wurden bereits im Februar erhoben, also noch vor dem jüngsten Marktrückgang und der Ankündigung neuer Zölle. Eine Aktualisierung wird noch in diesem Monat erwartet und könnte Aufschluss darüber geben, ob sich die Stimmung eingetrübt hat – und damit auch einen Hinweis liefern, wohin sich die Beschäftigung entwickelt.
Ein weiterer wichtiger Indikator, den wir im Blick behalten, ist der NFIB-Vertrauensindex der kleinen Unternehmen. Besonders relevant ist hier die Frage, was Unternehmer planen – also ihre Einstellungsabsichten – im Vergleich zu dem, was sie tatsächlich umsetzen.
Bemerkenswert ist: Obwohl kleine Unternehmen rund 50 % der Gesamtbeschäftigung in den USA ausmachen, hat sich die Beschäftigung in diesem Segment seit der Pandemie kaum bewegt.
Nach der Krise herrschte unter vielen Kleinunternehmern zunächst große Zuversicht – sie rechneten mit besseren Umsätzen und wollten entsprechend Personal aufbauen. Doch dieser Optimismus scheint nun zusehends zu bröckeln.
Der Grund dafür liegt – wie bereits zu Beginn dieser Analyse angesprochen – in einem einfachen Zusammenhang: Beschäftigung ist letztlich eine Funktion der Nachfrage nach den Waren und Dienstleistungen, die Unternehmen anbieten.
Nach der Wahl von Präsident Trump stiegen die Umsatzerwartungen vieler kleiner Unternehmen sprunghaft an. Die erhoffte Nachfrage blieb jedoch in vielen Fällen aus – und mit ihr auch das Umsatzwachstum. Infolgedessen beginnt der anfängliche Optimismus nun zu schwinden.
Erwartungen allein reichen eben nicht aus: Ohne reale Umsatzsteigerungen, die auch zu höheren Einnahmen führen, fehlt kleinen Unternehmen ein klarer Anreiz, mehr Vollzeitstellen zu schaffen. Genau deshalb stagniert die Vollzeitbeschäftigung in diesem Segment seit 2020 auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau.
Fazit
Angesichts der zentralen Rolle des privaten Konsums in der Wirtschaft – und der Tatsache, dass Beschäftigung (also Produktion) im Konjunkturzyklus an erster Stelle steht – ist es umso wichtiger, die Entwicklung am Arbeitsmarkt genau im Blick zu behalten. Besonders die Vollzeitbeschäftigung ist ein entscheidender Indikator, wenn es darum geht, wirtschaftliche Risiken frühzeitig zu erkennen.
Derzeit bleibt das Risiko einer Rezession zwar gering – doch das könnte sich schnell ändern, sollte der Konsum unerwartet deutlich einbrechen.
Solange keine externen Schocks auftreten, sollten Anleger davon ausgehen, dass sich das Wirtschaftswachstum weiter schrittweise in Richtung seines langfristigen Trends von unter 2 % pro Jahr abschwächt. Diese Wachstumsrate ist zwar nicht rezessiv – aber sie stellt Unternehmen vor die Herausforderung, ihre aktuell hohen Gewinnmargen zu halten.
Früher oder später dürfte sich dieses langsamere Wachstum auch in den Bewertungen an den Finanzmärkten niederschlagen. Noch spiegelt sich diese Realität nicht vollständig in den Kursen wider – aber das Risiko eines Jahrzehnts mit niedrigen Renditen, in dem die Märkte eine träge wirtschaftliche Entwicklung abbilden, wächst spürbar.
Ein Aspekt von vielen – aber einer, den wir ganz sicher nicht aus dem Blick verlieren sollten.