Wie übermitteln Sie wichtige Botschaften? Eine SMS oder eine Sprachnachricht? Ein Anruf? Oder gehen Sie persönlich zu der Person, mit der Sie reden müssen? Nein, vorbildlicher Weise teilen Sie der Person oder den Personen ihre Probleme per Twitter (NYSE:TWTR) mit, ist doch wohl klar. Jedenfalls scheint der Präsident des nordamerikanischen Landes, der Vereinigten Staaten von Amerika, dies als das geeignetste Medium für seinen Apell an die Ölindustrie zu betrachten. Am Samstag richtete sich das Staatsoberhaupt über Twitter an die Tankstellenbetreiber und forderte, dass sie ihre Mineralölprodukte zum Einkaufspreis direkt an den Kunden weiterleiten.
Mal abgesehen davon, dass durch die Art und Weise des Apells das Ausmaß der Krise herunterspielt, widerspricht diese Nachricht den Grundprinzipien des wirtschaftlichen Handelns, welche, wenn es in den Kram passt, vehement verteidigt werden. In der freien Marktwirtschaft spiegelt der Preis eines Produkts oder einer Dienstleistung den effizienten Handelswert des Produkts oder der Dienstleistung wider. Das bedeutet, dass die Preisfindung darauf aufbaut, dass der maximale monetäre Mehrwert für den Verkäufer entsteht. Klar, hier können etliche Debatten über die Details und die reale Ausführung geführt werden, aber hier geht es rein deskriptiv um den Grundgedanken.
Viel gravierender ist aber, dass das Staatsoberhaupt nicht einmal fordert, dass Tankstellenbetreiber auf Gewinnmargen verzichten, sondern einfach den Einkaufspreis an Kunden durchreichen. Das impliziert, dass die operativen Kosten der Tankstellen, wie Strom, Gas, Löhne, Instandhaltung, Sicherheit etc., aus der Tasche der Tankstellenbetreiber bezahlt werden müssten, was natürlich eine utopische Forderung ist. Als ob das nicht reicht, wird in dem Tweet wird mit einem scharfen Ton ein Gefühl erweckt als würden die Betreiber bewusst Profit aus der Krise schlagen wollen.
Das dem Präsidenten scheinbar grundsätzliche Wirtschaftsprinzipien nicht bekannt sind, deutet auch Jeff Bezos, Gründer von Amazon (NASDAQ:AMZN), an. Als Antwort auf den fragwürdigen Tweet von Joe Biden fragte sich der offiziell drittreichste Mensch der Welt, ob beim Präsidenten „ein tiefes Missverständnis grundlegender Marktdynamiken“ vorliegt. Bereits im Mai warf Bezos Biden vor, an der Inflation Schuld zu sein. Gerade von Bezos kommen diese Aussagen überraschend. Zwar ist er durch seine extrem profitorientierte Art quasi der Vorzeigekapitalist schlechthin, aber als einer der milliardenschweren Geschäftspartner des Verteidigungsministeriums könnten diese Konfrontationen die Geschäftsbeziehungen belasten.
Jedenfalls ergibt die Aussage von Joe Biden gar keinen Sinn. Auch normativ gesehen ist es nicht schicklich den Misserfolg der Geldpolitik rhetorisch so umzudrehen, dass nun Tankstellenbetreiber die Bösewichte sind, und das auch noch mit einer Neuerfindung der freien Marktwirtschaft. Die Inflation belastet alle Bereiche der nationalen und internationalen Wirtschaft. Zudem reagierte die OPEC ja auch schon auf den internationalen Druck und fördert deutlich mehr Öl als noch letzten Monat. Man muss sich schon etwas an die eigene Nase packen, schließlich ernannte man mit Janet Yellen die Mutter der Inflation zur Finanzministerin.
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