Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0786 (05:20 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0782 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 146,74. In der Folge notiert EUR-JPY bei 158,28. EUR-CHF oszilliert bei 0,9550.
Märkte: Konsolidierung dominiert
Die internationalen Finanzmärkte konsolidierten gestern. Die USA feierten ihren "Labor Day". Ohne aktive US-Märkte kam es zu relativer Ruhe.
Die Aktienmärkte starteten gestern (Top im DAX 15.958) freundlich und gaben im Tagesverlauf gewonnenen Boden wieder ab. Asiens Märkte stehen heute unter moderatem Druck. Die Einkaufsmanagerindices Japans bestätigten die im westlichen Kontext starke positive Entwicklung, während der PMI für Chinas Dienstleistungssektor weniger dynamisches Wachstum signalisierte (siehe Datenpotpourri).
EZB-Präsidentin Lagarde hatte sich zu Wort gemeldet. Sie sagte, dass es entscheidend sei, die Inflationserwartungen fest in der Spur zu halten. Es gelte, anzuerkennen, dass Zentralbanken die Dynamik und die Hartnäckigkeit der Inflation unterschätzten. Diese Äußerung darf man in der Kategorie "zart falkenhaft" einordnen. An den Rentenmärkten ergaben sich im Tagesvergleich leichte Zinsversteifungen. Die 10 jährige Bundesanleihe rentiert heute früh bei 2,58% (Vortag 2,54% ), während die 10 jährigen US-Staatstitel eine Rendite in Höhe von 4,22% abwerfen (Vortag 4,20%).
Der Euro zeigt weiter gegenüber dem USD „bemerkenswerte“ Widerstandskraft und hält sich im Dunstkreis um die Marke von 1,08. Überhaupt scheint der Devisenmarkt bezüglich westlicher Hauptwährungen "erstaunlich" gelähmt zu sein. Warum wähle ich den Begriff "erstaunlich". Es ist "erstaunlich", weil sowohl die konjunkturellen als auch strukturellen Divergenzen zu Lasten Europas und zu Gunsten der USA und Japans latent größer werden.
Derartige qualitative und quantitative Divergenzen sollten nach Textbuch 101 des Devisenhandels Traktion an den „freien Märkten“ haben. Gleichzeitig wirkt das Textbuch 101 des Devisenhandels gegenüber den bedeutenden Währungen des "Globalen Südens", allen voran dem Yuan und dem Rubel. Als Fazit lässt sich ziehen, dass der Devisenmarkt eine "politische Prägung" hat, diplomatischer lässt sich das nicht ausdrücken.
Gold und Silber, die "Währungen ohne Fehl und Tade"l, verloren gegenüber dem USD an Boden.
Der Euro Verlierer!
Aktuell wird die Diskussion zurecht über Risiken für den US-Leitwährungsstatus geführt. Unter dem Radarschirm wird dabei ignoriert, dass der Euro dramatisch an Bedeutung verliert. Der USD kann bei internationalen Zahlungen via Swift im Zuge der geopolitischen Verwerfungen sogar zulegen. So stieg der Anteil des USD von Juli 2021 auf Juli 2023 von 39,38% auf 46,46%, während der Anteil des EUR von 38,43% auf 24,42% sank. Der kombinierte Anteil EUR +USD sank in der Phase von gut 77,8% auf knapp 66,9%.
Kommentar: Europa verliert an allen "Fronten". Das gilt für die "Konjunkturfront", es gilt für die "Strukturfront" (Deindustrialisierung), es gilt für die "Front der Außenpolitik" (internationale Wahrnehmung, Eigeninteresse) und es gilt für die "EUR-Front" (internationale Bedeutung der Währung). Diese Konstellation ist einmalig. Sie erfordert politische Neuausrichtungen. Die Stabilität des EUR ist vor diesem Hintergrund an den Devisenmärkten "bemerkenswert".
Xi nimmt an G-20 Treffen nicht teil
Der chinesische Präsident Xi wird nicht am G-20 Treffen der Staatschefs in Indien am Wochenende teilnehmen. China werde bei dem Treffen der Staats- und Regierungschefs durch Ministerpräsident Li Qiang vertreten. US-Präsident Biden bedauerte Xis Absage.
Kommentar: Xi nahm bei dem BRICS-Gipfel teil. Die Tatsache, dass er nicht am G-20 Gipfel teilnimmt, darf als politischer Schachzug interpretiert werden, da die G-7 Veranstaltung in der Vergangenheit dieses Format konfrontativ nutzte und damit lähmte. Fakt ist, dass bezüglich der Größe und der Potenz BRICS und zukünftig insbesondere BRICS+ bedeutender sind oder sein werden als das G-7 Format. Neue Strukturen des Organigramms zeigen globale Traktion.
DIHK zu deutscher Exportschwäche
Kommentar vom Außenwirtschaftschef der DIHK Volker Treier: Von der Weltkonjunktur ginge aufgrund des hohen Zinsniveaus in wichtigen Absatzmärkten, den weiterhin hohen Inflationsraten und der schwächelnden chinesischen Wirtschaft keine Dynamik aus. Die Nachfrageschwäche läge aber auch an einer erodierenden Wettbewerbsfähigkeit unseres deutschen Wirtschaftsstandortes. Teure Energie, hohe Steuerlast und viel Bürokratie würden von der Wirtschaft als Hemmnisse beklagt.
Kommentar: Lieber Herr Treier, willkommen im Club. Das Thema der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands hängt primär vom Energiethema ab, alles anderen Themen sind sekundär.
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:
Eurozone: Stimmung schlechter als erwartet
Der Sentix-Index fiel per Berichtsmonat September von zuvor -18,9 auf -21,5 Zähler. Die Prognose lag bei -20,0 Punkten. Der Blick auf den Chart verdeutlicht, dass sich der Index auf kritischem Niveau bewegt. Eine Fortsetzung der aktuellen Politik in der EU, der Eurozone und Deutschland riskiert viel. Hier handelt es sich primär um strukturelle Risiken, die sich in konjunktureller Talfahrt ausdrücken. Das ist ein markanter qualitativer Unterschied zu den vorherigen Abschwungphasen des Index.
Deutschland: Die Handelsbilanz wies per Berichtsmonat Juli einen Überschuss in Höhe von 15,9 Mrd. EUR (Prognose 18,0 Mrd. EUR) nach zuvor 18,7 Mrd. EUR aus. Exporte verzeichneten im Monatsvergleich einen Rückgang um 0,9% (Prognose -1,5%), während Importe um 1,4% zulegten (Prognose 0,5%).
Schweiz: BIP in der Schweiz geprägt von Dynamikverlusten
Das BIP wies per 2. Quartal 2023 im Quartalsvergleich ein unverändertes Ergebnis aus (Prognose 0,1%). Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 0,5% (Prognose 0,5%) nach zuvor 1,5% (revidiert von 0,6%)
Japan PMI wie erwartet auf hohem Niveau
Der Jibun Bank PMI des Dienstleistungssektors stellte sich per August final auf 54,3 Zähler (Prognose und vorläufiger Wert 54,3). In der Folge lag der Composite Index (Gesamtwirtschaft) bei 52,6 Punkten (vorläufiger Wert und Prognose 52,6).
China: Dynamikverluste im Dienstleistungssektor
Der Caixin PMI des Dienstleistungssektors sank per August von 54,1 auf 51,8 Punkte.
Türkei: Preisniveaus prohibitiv hoch
Die Verbraucherpreise stiegen per August im Jahresvergleich um 58,94% (Prognose 55,90%) nach zuvor 47,83%. Die Erzeugerpreise legten per August im Jahresvergleich um 49,41% nach zuvor 44,50% zu.
Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine neutrale Haltung.
Viel Erfolg
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe
Hinweis: Der Hellmeyer Report ist eine unverbindliche Marketingmitteilung der Netfonds AG (ETR:NF4), die sich ausschließlich an in Deutschland ansässige Empfänger richtet. Er stellt weder eine konkrete Anlageempfehlung dar noch kommt durch seine Ausgabe oder Entgegennahme ein Auskunfts- oder Beratungsvertrag gleich welcher Art zwischen der Netfonds AG und dem jeweiligen Empfänger zustande.
Die im Hellmeyer Report wiedergegebenen Informationen stammen aus Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität wir jedoch keine Gewähr oder Haftung übernehmen können. Soweit auf Basis solcher Informationen im Hellmeyer Report Einschätzungen, Statements, Meinungen oder Prognosen abgegeben werden, handelt es sich jeweils lediglich um die persönliche und unverbindliche Auffassung der Verfasser des Hellmeyer Reports, die in dem Hellmeyer Report als Ansprechpartner benannt werden.
Die im Hellmeyer Report genannten Kennzahlen und Entwicklungen der Vergangenheit sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige Entwicklungen, sodass sich insbesondere darauf gestützte Prognosen im Nachhinein als unzutreffend erweisen können. Der Hellmeyer Report kann zudem naturgemäß die individuellen Anlagemöglichkeiten, -strategien und -ziele seiner Empfänger nicht berücksichtigen und enthält dementsprechend keine Aussagen darüber, wie sein Inhalt in Bezug auf die persönliche Situation des jeweiligen Empfängers zu würdigen ist. Soweit im Hellmeyer Report Angaben zu oder in Fremdwährungen gemacht werden, ist bei der Würdigung solcher Angaben durch den Empfänger zudem stets auch das Wechselkursrisiko zu beachten.