Die korrektiven Signale der Vorwoche wurden in dieser Woche vollständig neutralisiert. Der DAX konnte zurück an das obere Ende seiner kurzfristigen Seitwärtsrange gelangen und die US-Indizes neue Hochs markieren.
Steiler Anstieg in US-Technologiewerten
Insbesondere die US-Technologiewerte, zusammengefasst im Nasdaq100, laufen wie von der Tarantel gestochen nach oben, wobei sich der zuletzt bereits sehr reife Trend sogar noch einmal beschleunigte (siehe folgender Chart). Dies sind aber keineswegs neue Kaufsignale, sondern vielmehr könnte es sich um das finale Aufbäumen in der sehr reifen Aufwärtsrallye handeln.
Gefahr von Fehlsignalen steigt
Dass es längst nicht sicher ist, dass diese bullischen Entwicklungen nachhaltig sind, hängt auch mit dem typischen Phänomen der Sommermonate zusammen. Das Handelsvolumen ist in dieser Zeit traditionell gering und entsprechend wenig repräsentativ sind die Kursbewegungen, weil sie nur von wenigen Marktteilnehmern getragen bzw. verursacht werden. Es kommt häufig zu Fehlsignalen. Man muss daher vorsichtig bleiben.
EZB bestätigt eingeschlagenen Weg
Zu dem jüngsten Kursanstieg beigetragen haben insbesondere das Sitzungsergebnis der EZB und der US-Arbeitsmarktbericht, welche beide am Donnerstag dieser Woche veröffentlicht wurden. Wie erwartet verkündete Mario Draghi nach dem Beschluss massiver Maßnahmen vor vier Wochen dieses Mal keine neuen Eingriffe in den Markt. Die Leitzinsen wurden nicht verändert. Und auch in der anschließenden Pressekonferenz wurde nicht viel Neues berichtet.
EZB-Sitzung: Die bereits bekannten Fakten wurden wiederholt
So wurden nur die bisher bereits bekannten wesentlichen Fakten wiederholt:
- Die Zinsen werden für einen längeren Zeitraum auf niedrigem Niveau bleiben
- Die Inflationserwartungen sind unverändert
- Die moderate wirtschaftliche Erholung hielt im zweiten Quartal 2014 an und wird sich voraussichtlich weiter fortsetzen
- Die Abwärtsrisiken für den wirtschaftlichen Ausblick überwiegen derzeit noch
- Die geopolitische Lage stellt weiterhin ein Risiko für die Wirtschaft dar
- Die Geldmenge ist nur verhalten angewachsen
- Die TLTRO könnten ein Volumen von bis zu 1.000 Mrd. Euro umfassen
- Die EZB erwägt auch den Ankauf von ABS (Asset Backed Securities), um darüber die Kreditvergabe an kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) zu verbessern
Der Kurs der EZB steht bis Dezember 2014 fest
Den Erwartungen an weitere Maßnahmen, die über das bislang Beschlossene bzw. Geplante hinausgehen, erteilte Draghi eine klare Absage indem er sagte, die EZB werde nicht jeden Monat neue Schritte einleiten.
Jedem sollte klar sein, dass die EZB die Wirkung der jüngsten Beschlüsse erst einmal abwartet. Der geldpolitische Kurs dürfte für die kommenden Monate feststehen. Zumal das derzeitige Maßnahmenpaket bis in den Dezember hineinreicht bzw. sogar auf die nächsten vier Jahre abzielt. Denn es wurde bereits bekanntgegeben, dass sich die Banken im September und Dezember jeweils für vier Jahre zusätzliches Geld leihen können (wir berichteten).
Draghi zufrieden mit den Wirkungen
Unsere Einschätzung wird dadurch untermauert, dass sich der EZB-Chef gestern zufrieden mit den Beschlüssen von Anfang Juni zeigte. Das Bündel an Maßnahmen habe bereits zu der gewünschten weiteren Lockerung der Geldpolitik geführt. Nun aber sei Abwarten angesagt, sagte Draghi.
Auf den kommenden Sitzungen wird also lediglich überprüft, ob die Maßnahmen weiterhin wie gewünscht wirken und die noch ausstehenden wie geplant umgesetzt werden. Es sind maximal kleinere Anpassungen zu erwarten.
EZB ändert Rhythmus und Transparenz
Lediglich eine Neuerung wurde beschlossen, die aber kaum einen Effekt auf die Märkte haben dürfte: Die EZB-Treffen, die der Geldpolitik gewidmet sind, werden ab 2015 nur noch alle sechs Wochen stattfinden, statt wie bisher im Vier-Wochen-Rhythmus. Zudem werden ab dem kommenden Jahr Zusammenfassungen der geldpolitischen Sitzungen des EZB-Rats veröffentlicht. Die EZB schließt sich damit dem Vorgehen der US-Notenbank Fed an und erhöht die Transparenz.
US-Arbeitsmarktdaten im Schatten der EZB
Wie wir bereits am Mittwoch hier im „Geldanlage-Brief“ schrieben, stand der US-Arbeitsmarktbericht am Donnerstag etwas im Schatten der EZB. Dabei konnte er mit einem Stellenzuwachs im Juni von netto 288.000 Stellen in der US-Wirtschaft durchaus überzeugen (Erwartung: 215.000). Zumal die Arbeitslosenquote überraschend von 6,3 Prozent auf 6,1 Prozent nachgab.
Das Arbeitsministerium setzte zugleich den Stellenzuwachs für die beiden Vormonaten nach oben. Im Schnitt der vergangenen sechs Monate entstanden rund 231.000 neue Stellen im Monat. So gut entwickelte der Stellenaufbau sich zuletzt im Frühjahr 2006.
Bei den Anlegern findet ein Umdenken statt
Auch dies war ein Grund für die steigenden Kurse am Aktienmarkt, womit sich ein Wechsel im Anlegerverhalten abzeichnet. Ließen früher positive Wirtschaftsdaten aus den USA die Befürchtungen vor einer schnellen Zinsanhebung der Fed steigen und dies die Kurse entsprechend fallen, so hat nun ein Umdenken stattgefunden. Eine gesunde Entwicklung der US-Wirtschaft ist das einzige, was die aktuelle Reduzierung der Anleihekäufe bzw. die späteren Zinserhöhungen kompensieren kann.
Selektives und vorsichtiges Vorgehen
Uns ist die aktuelle Kursentwicklung nach wie vor zu heiß. Eine zwischengeschaltete Korrektur, welche die Märkte bereinigt und günstigere Kaufkurse bringt, wollen wir abwarten, bevor wir stärker in den Aktienmarkt einsteigen. Bis dahin werden wir weiterhin sehr selektiv vorgehen, wie wir es in dieser Woche mit einigen Neuaufnahmen im „Geldanlage Premium Depot“ getan haben. Es ist derzeit sehr schwer noch interessante Aktien zu finden, die weiteres Kurspotential versprechen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Sven Weisenhaus
(Quelle: Geldanlage-Brief, Ausgabe vom 06.07.2014, Autor: Sven Weisenhaus)